124 Millionen Handys und Smartphones liegen in Deutschland ungenutzt in der Schublade. Deren Rohstoffe gehen damit praktisch verloren. Handysammelaktionen sollen das ändern.
Von Marina Speer
Nicht verwendete Handys enthalten viele Rohstoffe. Sammelaktionen sollen diese wieder dem Markt zugänglich machen. Archivfoto: vrm
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DARMSTADT - In Deutschland liegen 124 Millionen Handys ungenutzt in der Schublade - im Schnitt je Haushalt drei Stück. Das hat der Branchenverband Bitkom auf Basis einer Befragung errechnet. Und es werden immer mehr: 2015 waren es erst 100 Millionen Altgeräte, 2010 sogar nur 72 Millionen.
Für manche sind die alten Handys eine schöne Erinnerung an alte Zeiten, doch vor allem stecken in ihnen zahlreiche Rohstoffe: Kupfer, Silber, Kobalt oder Gold. Manche werden in Ländern mit einer schwierigen politischen Lage abgebaut wie dem Kongo. Bei anderen gelangen beim Abbau schädliche Stoffe in die Umwelt. Immer kostet deren Abbau, Verarbeitung und Transport viel Energie. Trotzdem kaufen Handybesitzer durchschnittlich alle zwei bis drei Jahre ein neues Handy. Bleibt das alte Gerät in der Schublade zurück, gehen dessen Rohstoffe praktisch verloren.
Mehr als 2,8 Millionen Geräte bereits eingesammelt
Doch es gibt Organisationen und Unternehmen, die das verhindern wollen. Seit 2003 gibt es bei der Deutschen Telekom das Handysammelcenter. Alte Geräte - egal ob funktionsfähig oder nicht - können dabei abgegeben werden, entweder in den Telekomläden direkt, per Post oder im Rahmen von Handysammelaktionen von Vereinen, Unternehmen oder Kirchen, die von der Telekom dabei unterstützt werden. Mehr als 2,8 Millionen Geräte konnten durch die Aktion bereits eingesammelt werden. "Wir sind eines der größten Unternehmen, die Handys auf den Markt bringen. Deshalb wollen wir unserer Rolle gerecht werden und dafür sorgen, dass möglichst viele auch wieder zurückkommen und damit Ressourcen schützen", sagt Cornelia Szyszkowitz, die das Projekt bei der Telekom organisiert. Erst vor Kurzem wurde die Sammelaktion mit dem staatlichen Umweltzeichen Blauer Engel ausgezeichnet.
Nicht verwendete Handys enthalten viele Rohstoffe. Sammelaktionen sollen diese wieder dem Markt zugänglich machen. Archivfoto: vrm
Bei der Sammelaktion der Telekom haben Uwe Jutzel (rechts) und die anderen Mitarbeiter im Frühjahr 2019 am Standort Darmstadt rund 650 Handys gesammelt. Foto: Undine Zimmer/Telekom
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Auch die Telekom-Mitarbeiter engagieren sich für die Handyrückholaktion. Erst im Frühjahr gab es eine konzernweite Aktion. "Allein in Darmstadt konnten wir in kurzer Zeit 650 Geräte sammeln", sagt Uwe Jutzas, der die Aktion am Standort betreut hat. Konzernweit seien über 9000 Geräte zusammengekommen und rund 6000 Euro eingenommen worden. Mit dem Geld wurde die NGO "One Earth - One Ocean" unterstützt, die unter anderem im Meer Plastik sammelt. Und obwohl die Aktion längst vorbei ist, kommen immer noch rund 60 Geräte pro Monat in Darmstadt zusammen.
Ein Großteil der eingesammelten Geräte wird recycelt. Dafür werden die ausgedienten Handys in Elektroschrott-Anlagen geschreddert. Aus dem entstandenen Granulat können spezialisierte Firmen dann einen Großteil der Metalle zurückgewinnen. Drei solcher Unternehmen gibt es in Europa; in Belgien, Hamburg und Schweden. Diese sogenannten Sekundärrohstoffe können dann wiederum für die Produktion neuer Elektrogeräte verwendet werden und damit die Rohstoffressourcen schonen. Bislang ist der Anteil von recyceltem Material jedoch eher gering - auch, weil die Verwendung primärer Rohstoffe häufig immer noch günstiger ist.
ENTSORGEN
Neben Handysammelaktionen wie die der Telekom oder der Deutschen Umwelthilfe können alte Geräte ebenso wie alle anderen Elektrogeräte am Recyclinghof abgegeben werden. Im Hausmüll sollte es dagegen auf keinen Fall landen.
Auch viele Händler müssen seit Juli 2016 alte Geräte zurücknehmen. Bei Media Markt gibt es seit September in zehn Filialen Rückgabeautomaten die je nach Wert des Handys Geld in Form eines Gutscheins ausgeben.
Egal, über welchen Weg die alten Geräte entsorgt werden: Zuvor sollten alle Daten auf dem Handy gelöscht werden. Das geht beispielsweise über die Funktion "auf Werkseinstellungen zurücksetzen". (masp)
Immer mehr Handybesitzer lassen defekte Geräte reparieren
Zehn bis 15 Prozent der Handys der Sammelaktion werden jedoch nicht recycelt, sondern wiederverwertet. "Früher war diese Quote deutlich schlechter", sagt Szyszkowitz. Dabei sei die weitere Nutzung die beste Variante - auch ökologisch. Dafür werden die Handys einer professionellen Datenlöschung unterzogen, aufbereitet und an Händler verkauft. Die gebrauchten Geräte gehen dann überwiegend ins Ausland. "In Ländern wie beispielsweise Togo ist einfach ein größerer Markt für diese Geräte vorhanden als in Deutschland", sagt die Organisatorin. Die Einnahmen durch den Verkauf der Handys und des Granulats fließen vollständig in Umweltprojekte. Die Kosten für die Aktion trägt das Unternehmen.
Doch nicht nur die eingesammelten Geräte bei der Telekom werden immer häufiger weiter verwendet, auch bei den Handybesitzern sind immer mehr bereit, defekte Geräte reparieren zu lassen. Das bestätigt auch Michael Samman von Doc-Phone. Seit elf Jahren gibt es den Handyreparaturladen in Darmstadt. "Der Umsatz in der Branche nimmt stetig zu", sagt Samman. Das ziehe immer mehr Geschäfte an. Doch egal ob Reparatur, Recycling oder eine andere Form der Wiederverwendung: Hauptdache, das alte Handy bleibt nicht in der Schublade liegen.