Sonntag,
03.11.2019 - 10:19
4 min
Unternehmen im Gespräch: R+B Tür- und Torautomatik GmbH in Dieburg
Von Marina Speer

Die Zukunft des Familienbetriebs ist gesichert: In den nächsten Jahren übernehmen Boris (li.) und Sebastian (re.) Stück für Stück das Ruder von Vater Ralf (Mitte, mit Annette Gierkes). (Foto: Guido Schiek)
DIEBURG - Seit drei Wochen arbeiten die Mitarbeiter der R+B Tür- und Torautomatik GmbH an ihrem neuen Standort in der Dieselstraße in Dieburg. Der Geruch von Farbe hängt noch in der Luft. „Ein bisschen müssen wir uns noch eingewöhnen“, sagt Geschäftsführer Ralf Gierkes (62). Erst heute Morgen seien auf einmal alle Jalousien heruntergefahren „und keiner wusste warum“. Doch der Groschen fiel schnell: „Die Jalousien fahren sich automatisch herunter, wenn die Temperaturen in Richtung Gefrierpunkt gehen, um nicht zusammenzukleben.“ Eigentlich ist ein solcher Automatismus für die Mitarbeiter des Automatiktürenbetriebs keine Überraschung. Schließlich bauen sie täglich Türen, Tore, Schranken und Poller, die sich automatisch bewegen.
1983 gründeten Max Reinhard und Hans Brode gemeinsam mit dem Schweizer Antriebsunternehmen Landert Motoren AG in Friedrichsdorf das Unternehmen. Aus den Anfangsbuchstaben der beiden Gründer ist auch der Name des Betriebs entstanden. Vier Jahre später holte Brode seinen Bekannten Ralf Gierkes mit ins Boot. Gemeinsam übernahmen sie die Geschäftsführung. Über einen Zwischenstopp in Rodgau landete das Unternehmen 2000 schließlich in Dieburg, zunächst in der Benzstraße. 2005 wurde Gierkes nach dem Tod Brodes alleiniger Geschäftsführer. Inzwischen haben sie am Rande des Gewerbegebiets im Norden der Stadt neu gebaut. Auf mehr als 3500 Quadratmetern sind eine Produktionswerkstatt, Lager- und Büroflächen entstanden. Heute ist das Unternehmen in Familienhand. Neben Ralf Gierkes arbeiten außerdem seine Frau Annette und die beiden Söhne Sebastian und Boris dort. Perspektivisch sollen seine Kinder den Betrieb übernehmen. „Wir sind quasi schon in der Übergangsphase“, sagt der Geschäftsführer.
Tatsächlich ist die R+B Tor- und Türautomatik GmbH nicht der erste Hersteller von Automatiktüren in Dieburg. Bis vor rund zehn Jahren gab es dort mit der Besam GmbH einen führenden Anbieter von Automatiktüren. 2002 wurde das schwedische Unternehmen von einem der Marktführer, Assa Abloy, übernommen. Bis heute gibt es einen Unternehmenssitz nur wenige hundert Meter von R+B entfernt. „Im Gegensatz zu uns beliefern sie überwiegend Supermärkte“, sagt Gierkes. Deshalb gebe es keine wirkliche Konkurrenz untereinander.
STECKBRIEF
R+B Tür- und Torautomatik GmbH
Branche: Metallbau
Produkte: automatische Türen, Tore, Schranken und Poller aller Art
Standorte: Dieburg, Dachwig (bei Erfurt)
Umsatz: 5,6 Millionen Euro (2018), davon 3,25 Millionen Euro am Standort Dieburg
Geschäftsführer: Ralf Gierkes
Gründung: 1983
Mitarbeiter: 48 Mitarbeiter, davon 26 in Dieburg
Kunden: Banken, Einzelhändler, Apotheken. Flughäfen, Krankenhäuser, Pflegeheime
Branche: Metallbau
Produkte: automatische Türen, Tore, Schranken und Poller aller Art
Standorte: Dieburg, Dachwig (bei Erfurt)
Umsatz: 5,6 Millionen Euro (2018), davon 3,25 Millionen Euro am Standort Dieburg
Geschäftsführer: Ralf Gierkes
Gründung: 1983
Mitarbeiter: 48 Mitarbeiter, davon 26 in Dieburg
Kunden: Banken, Einzelhändler, Apotheken. Flughäfen, Krankenhäuser, Pflegeheime
Der Weltmarkt mit Automatiktüren wächst. Die Wachstumsraten liegen bei jährlich rund sechs Prozent. Bis 2022 soll das Marktvolumen laut einer Studie auf mehr als 633 Millionen US-Dollar steigen. Ein Großteil des Wachstums hat seinen Ursprung jedoch im asiatischen und pazifischen Raum. Die Kunden von R+B kommen dagegen überwiegend aus Hessen. „Für die Antriebe unserer Türen greifen wir auf Tormax von unserem damaligen Mitgründer, der Landert Motoren AG, zurück und sind offizieller Händler dafür“, erklärt Gierkes. Davon dürfe es vertraglich nur einen je Bundesland geben. „Trotzdem gibt es auch viele Türen von uns außerhalb Hessens.“ Wenn ein Kunde aus der Region beispielsweise einen Firmensitz im Ausland baut, dann übernähmen sie diese Aufträge natürlich. Ein Montageteam war schon in Frankreich für eine Automobilmesse, ein weiteres in der Türkei.
Die Regionalität bietet für R+B auch Vorteile. „Wir können dadurch sehr schnell bei unseren Kunden sein“, sagt Gierkes. Die gesamte Logistik des Betriebs sei auf kurze Wege ausgerichtet. So kommt beispielsweise das Glas für die Türen aus Dieburg und Aschaffenburg. In der Produktionshalle wird das Glas dann mit dem passenden Rahmen und Antrieb verbaut. Die hauseigenen Monteure bauen die Türen und Tore dann an den Eingängen von Banken und Sparkassen in der Region ein. Die Schiebetür der Sparkasse in Bensheim kommt aus ihren Hallen, ebenso die der Sparkasse in Dieburg. Krankenhäuser, Pflegeheime und Apotheken zählen ebenfalls zu ihren Kunden. Aber auch die Eingangstür zur MyZeil, dem Einkaufszentrum in der Innenstadt Frankfurts, ist von R+B.
„Jede Tür ist eine Einzelanfertigung“, erklärt Gierkes. Soll es eine Schiebe- oder Drehtür werden, wie viel Platz gibt es, sitzt der Antrieb oben oder unten, ist es eine Flucht- oder Brandschutztür und wie soll der Automatismus ausgelöst werden – all diese Fragen müssen vor Ort geklärt werden. „Inzwischen gibt es so viele Vorschriften, da sind wir als Fachberater notwendig.“ Eine Fluchttüre muss sich beispielsweise innerhalb von drei Sekunden öffnen – „selbst wenn die Tür kaputt ist“, erklärt Gierkes.
Umsatzwachstum von sechs bis acht Prozent im Jahr
Neben dem Standort in Dieburg gibt es seit 1991 einen weiteren in Dachwig bei Erfurt, der komplett eigenständig agiert und die Kunden in Thüringen betreut. Das Unternehmen wächst stetig. „Der Umsatz steigt jedes Jahr um sechs bis acht Prozent und wir stellen mindestens einen Mitarbeiter ein“, sagt Gierkes. Der Betrieb profitiert sowohl vom anhaltenden Bauboom als auch von einer ständig wachsenden Zahl an Türen, die regelmäßig gewartet werden. Pro Jahr baut R+B allein am Standort in Dieburg rund 350 Türen und noch mal ebenso viele in Thüringen. Rund 5000 Türen betreut der Kundendienst regelmäßig. Die meisten Kundenbeziehungen bestehen schon seit Jahren. Einige Türen betreuen sie bereits seit über 30 Jahren. Mittlerweile bieten sie nicht nur Automatiktüren und -tore an, sondern auch Schranken und Poller. Rund 15 Prozent des Umsatzes generiert das Unternehmen dadurch.
Neben fünf bis sechs großen Unternehmen gibt es in Deutschland – so schätzt Gierkes – rund 50 kleinere Betriebe wie R+B. „Die meisten beziehen jedoch die komplett fertigen Türen von einem der großen Hersteller und verkaufen diese lediglich weiter“, sagt er. Sein Unternehmen bekomme dagegen nur die Technik und baue die Türen selbst. „Dadurch sind wir deutlich schneller und flexibler, weil wir das Material überwiegend auf Lager haben und bei uns alles aus einer Hand ist.“