Glänzende Perspektiven sieht die Darmstädter Alcan Systems GmbH für ihr Geschäft. Gestern besuchten die Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (rechts) und Professorin Dr. Mira Mezini, Vizepräsidentin der TU Darmstadt für Innovation, die Firma. Foto: Andreas Kelm
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DARMSTADT - Finanzielle Vorschusslorbeeren gab es bereits. Prominenter Besuch kam mit der Noch-Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) gestern. Und die Wachstumsaussichten sind glänzend. Das Start-up Alcan Systems GmbH, eine Technologieausgründung der TU Darmstadt, hat eine erste Finanzierung über 7,5 Millionen Euro erhalten – von einem Konsortium, dem der Luxemburger Satellitenbetreiber SES, ein chinesischer Technologiekonzern sowie Flüssigkristall-Weltmarktführer Merck angehört. Denn die smarten Satellitenantennen von Alcan basieren auf speziellen Flüssigkristallen der Darmstädter, die sich neue Absatzkanäle erhoffen angesichts neuer Konkurrenz aus China.
Bereits 2014 flossen über das Förderprogramm Exist Bundesmittel von 650 000 Euro an Alcan. Und das alles soll sich bereits mittelfristig auszahlen: 100 Millionen Euro Umsatz in den kommenden fünf Jahren stehen im Businessplan, so Finanzchef Esat Sibay. Auch ein Börsengang in Frankfurt hat man bereits ins Auge gefasst. Denn ein globaler Milliardenmarkt lockt. Bei alldem wollen die vier Gründer immer die Mehrheit behalten – derzeit sind es 65 Prozent.
An der TU Darmstadt wird seit 2002 daran geforscht
Die innovative Antennentechnologie, an der unter Führung von TU-Professor Dr. Rolf Jakoby seit 2002 im Fachgebiet Mikrowellentechnik geforscht wird, bietet mehrere Vorteile: Die Antennen richten sich automatisch (über die elektronisch steuerbaren Flüssigkristalle) zum Satelliten hin aus, um besten Empfang zu gewährleisten. Durch die ultraflache Bauform werden die heute üblichen, eher unschönen Satellitenschüsseln überflüssig. Leicht sind die Antennen zudem. Weil keine beweglichen Teile vorhanden sind, steigt zudem die Lebensdauer.
HILFESTELLUNG DURCH HIGHEST
Das Innovationszentrum „Highest“ der TU Darmstadt hat bei Alcan einen entscheidenden Beitrag zum Sprung aus der Wissenschaft ins Unternehmertum geleistet. Mit dieser Hilfe wurden die Gelder der Bundesregierung eingeworben, welche den Weg zur Firmengründung geebnet haben.
Mit Förderangeboten, individueller Beratung sowie diversen Veranstaltungsformaten ermöglichen Professor Dr. Peter Buxmann und „Highest“ die Qualifizierung für den Weg in die Selbstständigkeit. Das stärkt die Gründungskultur innerhalb der TU und in der Wirtschaftsregion. (apd)
Wie es heißt, wird durch die neue Technologie, für die Patente existieren und eine Reihe weiterer angemeldet werden, bei Autos, auf Schiffen, in Zügen oder Fernbussen selbst bei hoher Geschwindigkeit ein stabiler Internetzugang gewährleistet. Dadurch könne maximale Konnektivität erreicht werden – auch für stationäre Anwendungen in entlegenen Gegenden, um welche die Breitbandversorgung aus ökonomischen Erwägungen einen großen Bogen macht. Für die nächste Generation der Datenübertragung namens 5G oder für autonomes Fahren sieht man sich ebenfalls gut aufgestellt.
„Immer soll künftig eine Alcan-Antenne dabei sein, dies ist ein Massenmarkt“, so Sibay. Ein geplanter Preis von rund 100 Euro mache dies möglich. Die „revolutionäre“ Entwicklung kostet derzeit noch rund 1000 Euro pro Stück, soll 2018 mit einigen tausend Antennen in Wohnmobilen starten – allein in dieser Branche werden pro Jahr rund 150 000 „normale“ Antennen verkauft. Gespräche mit Hymer und Co. laufen – aber auch mit anderen potenziellen Anwendern wie der Lufthansa.
Alcan-Mitgründer und CEO Dr. Onur Karebey hat 2011 die Funktionsfähigkeit von phasengesteuerten Antennen basierend auf Flüssigkristallen in seiner Dissertation nachgewiesen. Nun geht es mit dem frischen Kapital daran, die erste Produktion der „kostengünstigen“ Satellitenantennen zu starten. Dabei arbeitet man mit Display-Produzenten in China und Südkorea zusammen. Weil die anderen Zulieferteile aus Deutschland stammen und erst beim Zusammenbauen der entscheidende Wertschöpfungsschritt erfolgt – hier ist ein Partner in Nürnberg im Gespräch –, glaubt man in Kombination mit den erwähnten Patenten einen guten Kopierschutz zu haben und Plagiatoren fernzuhalten. Denn technologisch sei man besser als ein Konkurrent aus den USA („Kymeta“), der freilich bereits 220 Millionen Wagniskapital eingesammelt hat. Dort ist auch Bill Gates engagiert. „Wir versuchen mit Klugheit zu gewinnen“, so Sibay, der den Standort Darmstadt auch in Zukunft für ideal erachtet: durch die Nähe zur TU, zu Merck und zum Frankfurter Flughafen. 13 Mitarbeiter sind an Bord, meist Doktoranden, 20 sollen es zum Jahresende sein und 2018 dann 30 kluge Köpfe. Weil der Lehrstuhl von Professor Jakoby international bekannt ist, hätten die Amerikaner massiv versucht, dort Wissenschaftler abzuwerben. Bislang ohne Erfolg.
Isra Vision und Software AG als gute Beispiele
Und das soll so bleiben, wobei die Darmstädter Isra Vision AG und die Software AG – beides Hochschulausgründungen – Mut machen. Aber die Zeit drängt, weil der Wettbewerb nicht schläft und Schnelligkeit bei Hightech entscheidend ist. Aus vielen bahnbrechenden Erfindungen hierzulande, die andernorts vergoldet wurden, habe man gelernt, sagt Sibay, der türkisch-englische Wurzeln hat.