Handy trägt man jetzt um den Hals: Die Models auf der Fashion Week machten es vor und in Berlin begeistern sich erste Kunden für den Trend. Lia Sochiera und Tutku Zaim gehen mit einer eigenen Kollektion von Taschen an den Start.
Von Anja Ingelmann
Reporterin Wirtschaft Südhessen
Das trägt man jetzt so: Lisa Sochiera und Tutku Zaim zeigen Teile ihres Sortiments. Der Concept Store „Anneschd“ in Lorsch ist die erste stationäre Verkaufsstelle.
(Foto: Thorsten Gutschalk)
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LORSCH - Die Models auf der Berliner Fashion Week haben es vorgemacht: Man kann sein Mobiltelefon nicht nur in der Handtasche oder im Rucksack mit sich herumtragen, sondern auch an einer Kette um den Hals. Diese läuft durch zwei Ösen, die fest am Handy angebracht sind. In Berlin macht sich der Trend seit vergangenem Jahr auch abseits des Laufstegs auf den Straßen bemerkbar. Einige kleinere Unternehmen und Start-ups im Raum Berlin haben den Trend aufgegriffen und bieten verschiedene Befestigungsmöglichkeiten an, um das Handy „crossbody“ (direkt am Körper) zu tragen.
Lisa Sochiera (24) aus Lorsch und ihr Freund Tutku Zaim (28) haben sich davon inspirieren lassen und nach dem Prinzip eine Taschenserie entworfen. Der gute alte Brustbeutel, mit dem mancher Erwachsener früher als Kind auf den Klassenausflug geschickt wurde, stand dabei Pate.
„Unser erstes Produkt war die Handykette“, sagt Zaim. Anders als bei den Herstellern aus Berlin wollte das Paar ein variables System entwickeln. „Uns war wichtig, dass man das Handy einfach von der Kette abmachen kann“, erklärt Sochiera. Nachdem die Idee Anfang des vergangenen Jahres aufkam, folgten die ersten Entwürfe auf Papier. Man richtete sich nach den Maßen der gängigen I-Phones und des neuen Samsung S9 und entwarf dazu eine passende Hülle mit integrierter kleiner Taschen, zwei Ösen und Karabinerhaken als Befestigung.
Das trägt man jetzt so: Lisa Sochiera und Tutku Zaim zeigen Teile ihres Sortiments. Der Concept Store „Anneschd“ in Lorsch ist die erste stationäre Verkaufsstelle. Foto: Thorsten Gutschalk
Mit Karabinierhaken lassen sich alle fünf Produkte je nach Wunsch miteinander kombinieren. Foto: Thorsten Gutschalk
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Eine Marke schaffen, die eine Geschichte erzählt
Sochiera steht kurz vor ihrem Diplom in Kommunikationsdesign an der Hochschule Darmstadt und hat nebenbei schon Erfahrung in einer Agentur für Markenkommunikation und als Freiberuflerin gesammelt. Sie weiß, dass es nicht reicht, ein gutes Produkt zu entwerfen. „Wir wollten auch eine Marke schaffen – eine Marke, die eine Geschichte erzählt“, berichtet sie. Der Name „Maedli“ komme aus dem Keltischen und bedeute „Mutter“. „Das erschien uns passend, denn eine Mutter passt auf ihre Lieben auf und begleitet sie zuverlässig durchs Leben. Genau das sollen unsere Produkte“, sagt die Designerin und lächelt.
STEIGENDER UMSATZ
Das Geschäft mit Taschen und Accessoires ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Nach einer Marktprognose des Online-Portals Statista soll sich der Umsatz in Deutschland von 1,7 Milliarden Euro 2017 in diesem Jahr auf 2 Milliarden erhöhen. Bis 2023 sollen es 2,7 Milliarden sein.
Hauptvertriebskanal bleibt wohl auch künftig der stationäre Handel. 2017 wurden hier 91 Prozent der Umsätze erzielt, während nur neun Prozent auf den Online-Handel entfielen. Für 2019 erwarten die Marktforscher nur minimale Verschiebungen um ein Prozent zugunsten des Internetgeschäfts. Selbst 2023 sollen noch 87 Prozent offline und 13 Prozent online erzielt werden.
Mit 72,5 Prozent sind vor allem Frauen die Käufer, nur 27,5 Prozent des Geschäfts machen Käufe von Männern aus. (ain)
Steigender Umsatz
Das Geschäft mit Taschen und Accessoires ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Nach einer Marktprognose des Online-Portals Statista soll sich der Umsatz in Deutschland von 1,7 Milliarden Euro 2017 in diesem Jahr auf 2 Milliarden erhöhen. Bis 2023 sollen es 2,7 Milliarden sein.
Hauptvertriebskanal bleibt wohl auch künftig der stationäre Handel. 2017 wurden hier 91 Prozent der Umsätze erzielt, während nur neun Prozent auf den Online-Handel entfielen. Für 2019 erwarten die Marktforscher nur minimale Verschiebungen um ein Prozent zugunsten des Internetgeschäfts. Selbst 2023 sollen noch 87 Prozent offline und 13 Prozent online erzielt werden.
Mit 72,5 Prozent sind vor allem Frauen die Käufer, nur 27,5 Prozent des Geschäfts machen Käufe von Männern aus. (ain)
Im Sommer folgten eine rundliche Handtasche für Damen, die von der Form an die 30er Jahre erinnert, eine rechteckige Unisex-Tasche, die auch Männer tragen können, eine Lippenstiftbox und ein Schlüsseletui. Alles passt zusammen und lässt sich mit Karabinerhaken miteinander kombinieren. Als Material wählte das Paar Kunstleder, „denn viele Kunden wünschen sich vegane Produkte“, erklärt Zaim. Und es sei leichter, einen Echtleder-Liebhaber mit guter Qualität und schickem Design für ein Produkt aus Kunstleder zu begeistern, als einen Veganer für eine Ledertasche. Die Preisspanne reicht von 15,90 Euro für die Lippenstiftbox bis zu 44,90 für die Damentasche.
Schwierig war es, einen Produzenten zu finden. Zaim ist gelernter Speditionskaufmann, spricht fließend Türkisch und hat in der Türkei durch seinen Beruf einige Kontakte in der Modebranche. Große Handelsketten wie H & M, Zara oder C & A lassen hier ihre Produkte fertigen und das Logistikunternehmen wickelte die Transporte ab. Zaims Großvater war früher in der Lederbranche und fertigte Jacken und Pelze, die von der Türkei nach Russland gingen. Nach einigen missglückten Versuchen fand Zaim über sein Netzwerk ein Familienunternehmen in Istanbul, wo nun seit Ende des Jahres die Produktion läuft.
Um die 1000 Stück hat er in Deutschland von jedem Produkt an Lager. Verkauft wird seit Dezember über den eigenen Online-Shop und im lokalen Lädchen „Anneschd“ in Lorsch. Zwischen 5000 und 6000 Euro habe man seitdem umgesetzt. Zielgruppe sind vor allem Jüngere, „und damit war klar, dass wir über Instagram werben müssen“, sagt Zaim. Man arbeite mit mehreren Influencern zusammen, darunter auch eine Mutter, die ganz begeistert von der Handykette sei, weil man die Hände frei habe und das Kind das Gerät nicht herunterfallen lassen kann. Ansonsten eigneten sich die Taschen auch für Business-Leute, die auf Messen Visitenkarten sammeln, und für Festivalbesucher.
Zurzeit liefen Gespräche mit großen Kaufhausketten, die bereits Interesse gezeigt hätten, die Handytaschen ins Sortiment aufzunehmen. Seinen Job bei der Spedition hat Tutku mittlerweile gekündigt. Mit seiner Freundin hat er jetzt andere Ziele: „Mit Maedli wollen wir etwas Großes aufziehen.“