Büroräume seien meist durchgehend geheizt, obwohl sie in der Regel bis zu 80 Prozent der Zeit nicht genutzt würden. „Hieraus ergibt sich ein enormes Potenzial zur Senkung des Energieverbrauchs“, erklärte Christian Brase vom Hamburger Start-up Vilisto.
Von Miriam Gartlgruber
Siegerehrung im Boxring: Jurymitglied Philipp Thoma (von links) freut sich mit Gewinner Christian Brase von der Vilisto GmbH aus Hamburg, Entega-Chefin Marie-Luise Wolff und Alexander Kock von der TU Darmstadt.
(Foto: Entega/Simon Motz)
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DARMSTADT - „Wer hat heute in seinem Büro die Heizung herunter gedreht, bevor er gegangen ist?“ Mit dieser Frage eröffnete Christian Brase vom Hamburger Start-up Vilisto bei der Entega-Veranstaltung „Best of X Smart City“ die Vorstellung seines Projektes. Im Publikum hoben einige wenige die Hände; Brase resümierte: „Das ist wenig, aber nicht überraschend.“ Büroräume seien meist durchgehend geheizt, obwohl sie in der Regel bis zu 80 Prozent der Zeit nicht genutzt würden. „Hieraus ergibt sich ein enormes Potenzial zur Senkung des Energieverbrauchs, das durch die bloße zentrale Absenkung der Heizung über Nacht nur in geringem Maße ausgeschöpft wird“, erklärte er.
Unternehmen und Kommunen seien bestrebt, ihren Energieverbrauch zu reduzieren, Mitarbeiter aber verschwendeten häufig unbewusst Energie: „Dies ist ein klassisches Trittbrettfahrer-Problem.“ Die Lösung dafür hat der Jungunternehmer gemeinsam mit den Mitbegründern von Vilisto entwickelt: der selbstlernende Heizkörperthermostat Ovis.
Integrierte Sensoren und Künstliche Intelligenz
Laut Brase heizt der Thermostat mittels einer Kombination aus integrierten Sensoren und Künstlicher Intelligenz nur bei Bedarf auf. Bei Abwesenheit senkt er die Temperatur selbstständig ab. Ovis sei nun seit zwei Jahren auf dem Markt und liefere in den Bürogebäuden, in denen es bisher eingesetzt werde, eine Ersparnis von bis zu 30 Prozent.
FÜR GEMEINSAME PROJEKTE
Wie im Vorjahr ging es für die jungen Unternehmen darum, in zweitägigen Workshops gemeinsam mit Entega neue Projektideen auszuarbeiten – diesmal zu den Themen Smart City, Energie und Mobilität.
„Wir wollten den Gründern nicht einfach nur zuhören, sondern Ziel war es, gemeinsam mit ihnen und unseren Mitarbeitern direkt aus Ideen innovative Projekte zu entwickeln“, erklärte die Entega-Vorstandsvorsitzende Dr. Marie-Luise Wolff. „Als Unternehmen wollen wir stärker werden, dazu bedienen wir uns gerne aller Menschen, die Spaß an Innovationen haben“, so Wolff. (gartl)
Bei „Best of X Smart City“ hatte Brase die Idee mit Entega-Mitarbeiter Niklas Ruppert weiter konzipiert, um sie speziell auf das Unternehmen und seine Kunden abzustimmen. „Die Entega AG bietet ihren Geschäftskunden bereits ein Energiemanagementportal sowie Maßnahmen zur Optimierung des Energieverbrauchs an. Was bisher noch fehlt, ist eine Lösung im Bereich Wärmemanagement. Die liefert Vilisto“, warb Brase für sein Konzept. Insgesamt waren zehn Start-ups zu der Veranstaltung „Best of X Smart City“ geladen worden, die zum zweiten Mal ausgerichtet wurde.
Die Ergebnisse aus den Workshops wurden im Anschluss zwischen von je zwei Start-up-Vertretern in einem Boxring präsentiert. Derjenige, der in einer bestimmten Zeit nicht nur seinen Gegner mit guten Argumenten überzeugen konnte, sondern auch den Fragen der Jury, bestehend aus Marie-Luise Wolff, Philipp Thoma, Gemeindevorstand der Gemeinde Fischbachtal, und Professor Alexander Kock der TU Darmstadt, standhalten konnte, hatte gute Chancen, die Runde zu gewinnen. Zuletzt bestimmte darüber aber das Publikum, das, je nach Favorit, eine blaue oder eine rote Karte hochhielt.
Beim Zweikampf Vilisto gegen E3charge konnte sich Christian Brase gegen Kontrahent Volker Fricke durchsetzen. Letzterer stellte ein Konzept vor, das private Ladeinfrastruktur für Dritte zugänglich macht, um die vorhandenen Möglichkeiten besser auszunutzen.
In weiteren Zweikämpfen traten unter anderem die Softwareentwickler von Park Here aus München an, die Lösungen für einen vereinfachten Parkprozess vorstellten; das Start-up Pioniernetz, das Hardware entwickelt, die es Privathaushalten ermöglichen soll, ein eigenes Stromnetz aufzubauen; sowie das Cleantech-Unternehmen Nebuma aus Saarbrücken, dessen Gründer Martin Schichtel ein Verfahren entwickelt hat, das Wärme in einem steinartigen, synthetischen Material speichert, um sie im Anschluss wiederverwenden oder weitertransportieren zu können.
Als Sieger ging schließlich Christian Brase von Vilisto aus dem Wettkampf – sein intelligenter, selbstlernender Heizkörperthermostat hatte überzeugt.
„Das Thema ist wichtig, da zu viel Energie verschwendet wird und es bisher noch kein gutes System für die Steuerung von Heizkörpern gibt“, sagte Marie-Luise Wolff im Anschluss. „Die Entscheidung war schwer, die Konzepte waren alle toll.“
Die Idee von Brase solle nun in das Entega Start-up-Programm aufgenommen und relativ schnell umgesetzt werden. Ebenfalls im Blick behalten will Wolff aber auch den „Steinspeicher“ von Martin Schichtel.