Bei APM gehen nun die Lichter aus
DARMSTADT - Einen guten Zeitpunkt für schlechte Nachrichten gibt es zwar nicht. Aber was bei der krisengeschüttelten Darmstädter APM Produktions GmbH dieser Tage abläuft, ist ein vorgezogener Silvesterknaller der übelsten Sorte. Und irgendwie ein Wirtschaftskrimi.
Am Donnerstag wurde den verbliebenen 120 Beschäftigten der Druckerei von der Insolvenzverwalterin Julia Kappel-Gnirs mitgeteilt, dass sie sofort freigestellt sind. Zum 31. des Jahres sei Schluss. Am Freitag machte die Nachricht die Runde. Nach dem Insolvenzantrag im Oktober war bereits zuvor 30 Mitarbeitern gekündigt worden, aber Hoffnung gab es weiter. Bis zuletzt wurden Aufträge abgewickelt, unter anderem die Produktion der Metall-Zeitung, die pünktlich ausgeliefert wurde; 40 Prozent der Aufträge kommen „bei guten Preisen“ noch von Gewerkschaften, die einst die Mehrheit hielten.
Hoher Altersdurchschnitt der Betroffenen
Die Schocknachricht in Darmstadt saß tief, viele wollten auch am Freitag das endgültige Aus nicht wahrhaben, wie es aus Firmenkreisen hieß. Das sei alles ganz, ganz bitter und unverständlich, so die Betriebsratsvorsitzende Rita Winkels (60) gegenüber dem ECHO. Der Altersdurchschnitt der Belegschaft liegt bei über 50 Jahren – und das in einer schwierigen Branche. Seit 2005/06 hätten die Kollegen auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet, geholfen hat es nicht. Und das, obwohl es drei Investoren gegeben haben soll mit klaren Konzepten, so ein Insider. Darunter die Kasseler Dierichs Druck GmbH&Co. KG, wie Rita Winkels bestätigte, zu der Mitte 2018 Denis Kämper gewechselt war. Kämper war bis dahin Vorstandschef der Alpha Print Medien AG (APM), welche die Hand auf Immobilie, Grundstück und Produktionsanlagen hat. Die Beschäftigten waren 2016 in die APM Produktions GmbH überführt worden. „Wir haben seit Monaten zunehmend den Eindruck gehabt, dass die Investorensuche nur halbherzig und sehr dilettantisch betrieben wurde“, so Manfred Moos von Verdi Hessen. Die APM-Anteilseigner Andrew Seidl und Dr. Torsten Voß, zuletzt CEO der APM AG, hätten kein wirkliches Interesse am Erhalt des Standorts gehabt. Der letzte Interessent sagte jetzt offenbar wegen zu hoher Preisvorstellungen ab für Mutter (AG) und Tochter (GmbH), die auf 30 Millionen Euro Jahresumsatz kommen.
APM war aus der gewerkschaftlichen Union-Druckerei (Frankfurt) und den Heidelberger Vereinigten Offsetdruckereien hervorgegangen und 2003 nach Darmstadt verlagert worden. Das Unternehmen wird der Astov Vertriebsgesellschaft GmbH aus Dresden zugerechnet, die als Holding für einen Zusammenschluss von Druckereien fungierte, aber selbst insolvent ist. Das Geschäftsmodell sei eher auf die Schließung als den Betrieb von Druckereien ausgelegt, hieß es. Dafür gibt es einige Beispiele.