Warum Wasser teurer werden könnte, je mehr wir sparen

Die Preise für Trinkwasser unterscheiden sich je nach Kommune erheblich. 
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Die Preise für Leitungswasser sind gestiegen und werden es wohl weiter tun. Regionale Unterschiede sind groß und die Gründe dafür vielfältig. Eine Analyse in Grafiken.

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Region. Alles wird teurer – so auch das Wasser. Wie viel Geld Bürgerinnen und Bürger im Jahr für das Trinkwasser bezahlen, das bei ihnen zu Hause aus der Leitung fließt, hängt entscheidend davon ab, wo sie wohnen. Eine Auswahl zwischen mehreren Versorgern gibt es im Falle des Trinkwassers in der Regel nicht.

Wo ist das Wasser in Hessen und Rheinland-Pfalz besonders teuer oder günstig?

Um herauszufinden, was das Wasser bei Ihnen kostet, klicken Sie in der Karte auf Ihre Gemeinde oder suchen Sie die Gemeinde im Suchfeld oben links. Mit Klick auf die Jahreszahlen sehen Sie die Preise des jeweils ausgewählten Jahres und können so die Entwicklung nachvollziehen.

Die Preise für Trinkwasser setzen sich zusammen aus einem feststehenden Grundpreis und einem variablen Preis pro Kubikmeter Wasser, den ein Haushalt verbraucht. Während in vielen hessischen Gemeinden der Grundpreis eher niedrig, der Verbrauchspreis dagegen höher ist, ist es in den meisten rheinland-pfälzischen Kommunen andersherum.

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Vergleichen lassen sich die Preise daher nur, wenn man einen fiktiven Verbrauch annimmt. Allerdings: Haushalte mit hohem Verbrauch profitieren von niedrigen Verbrauchspreisen, Haushalte mit geringerem Verbrauch dagegen stärker von niedrigen Grundpreisen. Die Zahlen sind daher nur bedingt vergleichbar.

Wählen Sie in der Grafik im Menü oben links Ihre Gemeinde aus, um zu sehen, wie hoch der Grund- und der Verbrauchspreis in Ihrer Kommune sind.

Warum unterscheiden die Preise sich so stark?

Wie teuer ein Versorger sein Wasser verkaufen muss, hängt von mehreren Faktoren ab. Tatsächlich haben Wasserversorger dabei wenig Spielraum, denn sie sind gesetzlich verpflichtet, ausgeglichen zu wirtschaften. Das bedeutet, sie dürfen weder Wucherpreise nehmen und damit hohe Gewinne einfahren, noch dürfen sie das Wasser so günstig verkaufen, dass sie ihre Kosten nicht mehr selbst decken können und diese mit Steuergeld oder Krediten finanziert werden müssten.

Ein wichtiger Faktor für den Wasserpreis ist die Siedlungsdichte in dem Gebiet, das versorgt werden muss. Martin Zimmermann leitet den Bereich Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen am Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt. Laut ihm ist es viel günstiger, ein Gebiet mit Trinkwasser zu versorgen, in dem viele Menschen leben. „Letztendlich kann man es sich so vorstellen: Die Leitungslänge je Einwohner ist sehr viel kürzer in einem dicht besiedelten als in einem strukturschwachen Raum“, erklärt er.

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Allerdings stehen Hamburg und Bremen im Vergleich der Siedlungsdichte eigentlich auf Platz zwei und drei – und sind dennoch nicht die zweit- und drittgünstigsten Bundesländer bei den Wasserpreisen. Es muss also noch mehr Faktoren geben, die die Kosten für die Wasserversorgung und damit die Preise für das Wasser beeinflussen.

Martin Zimmermann und Sebastian Exner, der stellvertretende Geschäftsführer des Landesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz (LDEW), nennen insgesamt fünf Faktoren, die den Wasserpreis beeinflussen:

Warum sind die Preise in den vergangenen Jahren gestiegen?

In der obigen Kartengrafik ist deutlich zu erkennen, dass das Leitungswasser in vielen Gemeinden über die Jahre teurer geworden ist. Ungewöhnlich ist das allerdings nicht, denn üblicherweise steigen im Schnitt alle Preise für Waren und Dienstleistungen mit der Zeit. Bis 2019 – das letzte Jahr, für das vollständige Daten vorliegen – stiegen die Wasserpreise in ähnlichem Ausmaß wie die sonstige Inflation.

Und nun: Werden die Wasserpreise weiter steigen?

Da ist Sebastian Exner vom LDEW sich sicher: „Die Wasserpreise werden infolge der normalen Preissteigerungen und auch infolge der Anpassung an den Klimawandel auf jeden Fall steigen in den nächsten Jahren.“ Auf die Verbraucherinnen und Verbraucher dürften also einige Mehrkosten zukommen.

Die Inflation ist durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zurzeit ohnehin ungewöhnlich hoch – und das betrifft insbesondere die Energiepreise. Diese sind auch für die Wasserversorger wichtig, gerade in Gebieten, in denen sie viele Pumpen betreiben müssen. Zudem sind die Kosten für den Tiefbau, also für das Verlegen von Leitungen, stark gestiegen.

Dazu kommen allerdings die von Exner genannten Kosten für die Anpassung an den Klimawandel. Dieser führt regional zeitweise zu erheblichen Trockenphasen, in denen die Wasserversorgung dennoch gewährleistet werden muss. Dafür braucht es zum Beispiel mehr und tiefere Brunnen, größere Wasserspeicher, ein aufwendigeres Umwelt-Monitoring sowie längere Leitungen zu weiter vom Versorgungsgebiet entfernten Wasserressourcen.

Ein weiterer Faktor könnte die „Fixkostenfalle“ werden, wie Martin Zimmermann vom ISOE sie nennt. Er erläutert, dass rund 75 Prozent der Kosten, die ein Wasserversorger tragen muss, Fixkosten seien – darunter Aufwendungen für Personal und Instandhaltung der Infrastruktur. Nur ein Viertel sei verbrauchsabhängig.

Wenn es nun im Sommer immer öfter Appelle und vielleicht sogar Gebote zum Wassersparen gibt, könnte gerade das Sparen die Preise steigen lassen – denn die Fixkosten bleiben ja dieselben, werden aber auf weniger verbrauchte Kubikmeter umgelegt.

Je weniger Kubikmeter Wasser durch das Netz laufen und auch bezahlt werden, desto teurer wird der einzelne Kubikmeter Wasser.

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Sebastian Exner Stv. Geschäftsführer, LDEW

Diesen Mechanismus bestätigen beide Experten – allerdings halten sie die Gefahr nicht für allzu hoch, dass er tatsächlich zum Tragen kommen wird. Zum einen, erklärt Exner, sei der Wasserverbrauch in Deutschland seit den 90er Jahren durch effizientere Haushaltsgeräte und Armaturen enorm gesunken. Niedriger als vor den Trockenjahren ab 2018 könne er fast nicht fallen – das sieht auch Martin Zimmermann so. Würde man die gestiegenen Verbräuche durch Pools und Gartenbewässerung in trockenen Sommern reduzieren, lande man wieder bei diesem Minimalniveau.

„Aber selbst, wenn die Leute pro Kopf Wasser zusätzlich einsparen, haben wir in Hessen und Rheinland-Pfalz überwiegend einen starken Zuzug, daher rechnen wir damit, dass der Wasserbedarf insgesamt eher steigt, als dass er durch Einsparungen fällt“, meint Exner.

Bleibt ein letzter Faktor, der die Wasserpreise überproportional in die Höhe treiben könnte, und auch dieser hängt mit dem Klimawandel zusammen: die Schadstoffbelastung des Grundwassers. Je weniger es regnet, also je weniger Wasser von oben in die Grundwasserkörper nachkommt, desto weniger verdünnen sich die darin enthaltenen Schadstoffe. Eine hohe Belastung wiederum bedeutet einen hohen Aufwand in der Aufbereitung des Rohwassers zu Trinkwasser – also hohe Kosten.

Gegen dieses Problem immerhin gäbe es eine Lösung: die Reduzierung der Schadstoffe, vor allem des Nitrats, das durch den in der Landwirtschaft eingesetzten Dünger im Grundwasser landet. Der LDEW fordert daher strengere Vorgaben für die Landwirtschaft. „Jeder Euro, den man in Gewässerschutz steckt, spart viele andere Euros hinterher, die man in Wasseraufbereitung investieren muss“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Sebastian Exner.

Wie stark werden die höheren Preise Einzelne belasten?

Die Belastung ist individuell abhängig davon, wie viel Einkommen ein Haushalt zur Verfügung hat und wie viel Leitungswasser er im Jahr verbraucht. Hält man sich jedoch vor Augen, dass deutsche Haushalte 2020 im Schnitt Ausgaben von rund 30.000 Euro hatten, davon gut 11.000 Euro für Wohnen und Energie, während die Kosten für das Trinkwasser sich bei den meisten im niedrigen dreistelligen Bereich bewegen dürften, fällt diese Zusatzbelastung bei den meisten wohl weniger ins Gewicht als die Preissteigerungen bei Waren und Energie.