Unternehmen im Gespräch: Die Weiterstädter Zwei GmbH hat sich mittlerweile im Modemarkt etabliert. Und der Umsatz soll sich natürlich in wenigen Jahren vervielfachen. Es...
WEITERSTADT. "Try and fail", zu deutsch: "Versuchen und scheitern" - im Silicon Valley, der amerikanischen Gründer-Hochburg, gehört das einfach dazu. Die Gründerkultur nimmt bewusst in Kauf, dass nicht jede Idee den Durchbruch bringen kann. In Deutschland ist die Mentalität eine andere - Scheitern ist nach wie vor verpönt. Obwohl es auch hier mehr als genügend Erfolgsgeschichten gibt, die zunächst keine waren.
So wie die der Weiterstädter Zwei GmbH, die sich mit ihren Taschen, Rucksäcken und Geldbörsen mittlerweile am Modemarkt etabliert hat. Doch der Anfang war beschwerlich: Es ist das Jahr 2006 als sechs Darmstädter Freunde beschließen, eine eigene Taschenmarke an den Start zu bringen. "Hervorgegangen ist die Idee aus dem Designbüro ID4, das ich mit drei Freunden geführt habe", erinnert sich Florian Craciun, der mittlerweile alleiniger Zwei-Geschäftsführer ist.
"Wir kannten uns aus dem Studium an der Offenbacher Fachhochschule für Gestaltung", so Craciun. "Unser Designbüro lief seit 2000 recht gut - wir haben Taschen für namhafte Hersteller wie Scout, Logstoff und 4You designt." Doch der Wunsch etwas "eigenes" zu machen, lässt die jungen Unternehmer nicht los. Und so entsteht mit einer weiteren Freundin und Heiko Müller vom Darmstädter Fahrradhersteller Riese & Müller die Idee für eine eigene Fahrradtasche - die "Zwei Mobil".
"Die Idee kam bei Händlern super an, obwohl wir zunächst nur drei Größen und vier Farben angeboten haben", sagt Craciun. Das Konzept mit Magnetverschluss, Klickfix-Adapter zur Befestigung am Rad und Zwei-Wege-Gurt, der die Tasche am Rücken fixiert, scheint den Zahn der Zeit zu treffen. "Auf der Eurobike ist unser Messestand regelrecht gestürmt worden", erinnert er sich an das Jahr 2007. "Danach hatten wir 300 Bestellungen."
Auch die Akquise in Läden vornehmlich im Berliner Raum läuft gut. "Die Händler waren überzeugt und haben uns die Taschen regelrecht aus den Händen gerissen", sagt Craciun. "Entsprechend viel Ware haben wir nachbestellt." Die junge Unternehmung, die anfangs von Mühltal aus operiert, sieht die Umsätze schon in die Höhe schnellen - weit gefehlt. "Die Rückmeldungen der Kunden waren überschaubar", so Craciun. "Leider haben sich die Taschen nur schlecht verkauft."
Warum das so ist, kann sich zu dem damaligen Zeitpunkt niemand erklären. "Wir haben es dann auf Probleme in der Kommunikation geschoben und viel Zeit und Geld in Erklärvideos sowie Displays investiert", so Craciun. "Doch der ganz große Erfolg blieb auch danach leider aus." Die Verzweiflung bei den sechs Unternehmern ist entsprechend groß - zumal rund 750.000 Euro an privatem Vermögen inzwischen im Unternehmen stecken.
"Ich wollte die Idee allerdings nicht aufgeben und habe mich entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen", erinnert sich Craciun. Er verkauft seine Anteile an der Agentur ID4 und widmet sich fortan ausschließlich der Zwei GmbH, während seine Mitgründer wieder ihren eigentlichen Tätigkeiten nachgehen. Ohne Rücklagen ist das Unterfangen für ihn natürlich nicht einfacher. "Nach dem Eingeständnis, dass wir einiges falsch gemacht hatten, bin ich dann andere Wege gegangen", sagt er.
Der Katalog ist nicht mehr so aufwendig, die Mitarbeiter geben jetzt die Models und bei den Bestellungen ist Craciun vorsichtiger. "Wir wollten unser Projekt bunter und menschlicher machen", so der Unternehmer. "Mit anderen Taschen ist es dann ein bisschen angelaufen, bis 2009 waren wir aber auf keinem grünen Zweig." 250.000 Euro Umsatz im Jahr 2008 und 360.000 Euro ein Jahr später machen die Zwei GmbH nicht profitabel - und so sieht Florian Craciun sein Unternehmen vor dem Aus.
"Ich bin im Herbst 2009 in den Urlaub gefahren - in der Annahme, dass zum Jahresende Schluss ist", erinnert er sich noch recht gut an diese Zeit. "Doch dann hat mich mein Vertriebsleiter angerufen und gesagt: Flo, wir kommen mit der Lieferung nicht hinterher - alle wollen die M15." Mit einem Mal ist wieder eine Perspektive und - noch viel wichtiger - ganz viel Energie da.
Doch die Jahre bleiben turbulent und anstrengend, wenn auch aus einem positiven Grund. Die Zwei GmbH platzt in Sachen Mitarbeiter immer wieder aus allen Nähten und muss drei Mal umziehen. Der Umsatz "explodiert" bis 2014 auf 8,5 Millionen Euro. Dann ist der Produktlebenszyklus des Bestsellers abgeschlossen - und es geht wieder runter.
"Diesmal hatte ich aber damit gerechnet", so Craciun. "Und mit der bitteren Erfahrung im Hinterkopf waren wir gefestigter." Der Unternehmer steuert frühzeitig gegen, stellt vieles um und führt neue Produkte ein. Und so wird Zwei 2017 den Umsatz aus dem "Peak"-Jahr sogar übertreffen. "Ich bin sehr froh, dass wir alles gut überstanden haben", sagt Florian Craciun abschließend. "Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem ich das Gefühl habe, endlich angekommen zu sein."