Farbeimer sind schwer, Farbeimer sind unhandlich, Farbeimer sind einfach doof zu transportieren - wohl niemand begibt sich gerne auf die Reise in einen Baumarkt, um verloren...
DARMSTADT. Farbeimer sind schwer, Farbeimer sind unhandlich, Farbeimer sind einfach doof zu transportieren - wohl niemand begibt sich gerne auf die Reise in einen Baumarkt, um verloren zwischen den großen Regalen aus dem überwältigenden Sortiment letztlich die richtige Farbe für das neue Schlafzimmer zu finden. Doch Baumarkt-Muffel im Rhein-Main-Gebiet haben seit Kurzem eine Alternative zum Schwersteinkauf: Jeez.
"Gerade wenn es um die eigenen vier Wände geht, ist eine fundierte fachliche Beratung enorm wichtig", erklärt Unternehmensgründer Robin Lanzer. "Deshalb war meine Ursprungsidee, diese direkt beim Kunden zu Hause anzubieten." Die passenden Utensilien für die Heimwerker-Arbeiten hat der Berater bestenfalls schon mit dabei: "Sodass der Kunde direkt loslegen kann."
Was sich ob der reinen Größenvorstellung eines Baumarkts utopisch anhört, hat der Jungunternehmer mit zwei Freunden in die Tat umgesetzt: Er hat einen mobilen Baumarkt ins Leben gerufen. "Natürlich führen wir nicht alle Artikel", gibt der Darmstädter ohne Umschweife zu. "Bei uns liegt der Schwerpunkt auf der Oberflächenveredlung - sprich: Streichen und Renovieren." In diesem Geschäftsfeld kann die Jeez GmbH jedoch ein beachtliches Sortiment anbieten.
Rund 1000 verschiedene Markenartikel stehen der Kundschaft zur Auswahl. Und weil die Farbwahl ja gemeinsam mit dem Jeez-Berater getroffen werden soll, ist eine professionelle Farbmischmaschine Bestandteil des Kleintransporters, der zur Renovierungs-Beratung kommt. "Auf diesem Weg können wir 1400 verschiedene Farbtöne innerhalb weniger Minuten anmischen", erklärt Lanzer.
Doch von vorn: "Alles beginnt damit, dass sich der Kunde bei uns meldet - telefonisch oder über ein Kontaktformular auf unserer Homepage", sagt Robin Lanzer. "Dann wird ein Beratungstermin vereinbart - wenn es ganz schnell gehen muss, können wir in drei Stunden vor Ort sein, allerdings ist das eher selten gewünscht." Renovierungsarbeiten seien häufig von langer Hand und mit entsprechendem Vorlauf geplant.
Intensive und kostenlose Beratung vor Ort
"Beim Termin selbst bekommt der Kunde eine intensive Beratung durch unser Team", erklärt Lanzer. "Es können Fotos gemacht und mit unserer App verschiedene Szenarien durchgespielt werden." Simulationsprogramme zeigen dem Kunden, worauf es optisch hinausläuft. "Unser Herzstück ist die intensive, individuelle Beratung, auf die wir großen Wert legen", sagt Lanzer. "Sie ist genau wie die Warenlieferung komplett kostenlos."
Der Kunde entscheidet sich also beispielsweise für eine Farbe und lässt sich diese anschließend in die Wohnung liefern - selbst wenn diese nicht im Erdgeschoss liegt. "Vor Kurzem haben wir einem Kunden mal innerhalb von drei Stunden 15 Eimer Farbe in seine Wohnung geliefert", so der Unternehmer. "Ich sage nur: Frankfurt, Altbau, siebter Stock, kein Aufzug." Das gehöre zum Service eben dazu.
Und weil die Nachfrage entsprechend groß ist, umfasst das Sortiment längst auch Artikel abseits des Malerbedarfs. "Wir können beispielsweise Fußbodenberatungen vornehmen", sagt der Gründer. "Dann wählen wir mit dem Kunden anhand von Mustern das passende Produkt aus und lassen es ihm liefern." Sogar die Vermittlung von Handwerkern bietet Jeez seiner Stammkundschaft an - der Kunde ist eben König.
"Beratung, Kompetenz, Inspiration - das sind unsere wichtigsten Schlagwörter", erklärt Lanzer. "Dabei verbinden wir die echte Welt mit der digitalen." Denn die Simulationsmöglichkeiten der Jeez-App sind riesig - und dennoch haben die Berater auch immer noch einen klassischen Farbfächer und diverse Muster mit dabei. "So ganz ohne geht es eben nicht", sagt der Unternehmer mit einem Lächeln. Es gebe aber auch Kunden, die einfach nur direkt auf der Baustelle beliefert werden möchten.
Dass Robin Lanzer weiß, wovon er in Sachen Farben spricht, unterstreicht sein Lebenslauf. Seine Ausbildung zum Chemie-Lacklaboranten absolviert der heute 35-Jährige bei einem namhaften Farbenhersteller in der Region. Es folgen ein Aufbaustudium der Betriebswirtschaftslehre mit Marketing-Schwerpunkt sowie verschiedene Positionen im Produkt- beziehungsweise internationalen Key-Account-Management. Es geht beruflich also schon länger für ihn "um die Farbe".
"Ich bin von der Idee selbst überzeugt und glaube, dass wir mit Jeez eine Möglichkeit haben, Märkte zu verändern", erklärt Lanzer. Deshalb hat er sich mit seinem Freund Marcus Schampera die Gründungsidee lange durch den Kopf gehen lassen, bevor sie 2016 den Entschluss zum Start-up fassen. "Wir haben viel diskutiert und auf der Suche nach ersten Investoren auch viel Lehrgeld bezahlt", so Lanzer. "Aber es hat sich gelohnt."
150.000 Euro Umsatz im ersten "Testjahr"
Gemeinsam mit Lanzers Marketing-Expertise und seinem Kollegen Schampera als Logistik-Spezialisten hat die Gründung seit dem operativen Start gute Fortschritte gemacht. Für das "Testjahr" 2017 rechnen die beiden, die durch einen stillen Teilhaber unterstützt werden, mit einem Umsatz von 150.000 Euro. Ein guter Beginn.
"Im kommenden Jahr möchten wir das gesamte Rhein-Main-Gebiet durchdringen und unsere Flotte von aktuell zwei auf zehn Fahrzeuge erweitern", erklärt Lanzer. "Der Umsatz sollte Ende 2018 bei zwei Millionen Euro liegen." Eine stramme Zielsetzung - doch der Beginn der Unternehmung lässt das in jedem Fall erwarten.