Künstliches Fleisch für Astronauten: Merck und ESA bauen...

Handschlag im Kontrollraum: Rolf Densing (links) von der ESA und Kai Beckmann von Merck blicken zwei weiteren Jahren der Zusammenarbeit entgegen. Foto: Andreas Kelm
© Andreas Kelm

Der Darmstädter Dax-Konzern und die Europäische Weltraumorganisation wollen künftig gemeinsame Forschungsprojekte vornehmen, etwa für Krankheitsdiagnostik oder die...

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DARMSTADT. Kann ein Astronaut das Fleisch für sein Steak im Weltraum dort bald selbst im Labor züchten? Wie kann man die Funktionen des menschlichen Körpers im All überwachen? Eignen sich dafür Dinge wie Pflaster oder Fitnessarmbänder? Diesen und anderen Fragen wollen Merck und die Europäische Weltraumorganisation (ESA) künftig gemeinsam auf den Grund gehen. Der Darmstädter Chemie- und Pharmakonzern und die ESA wollen ihre Zusammenarbeit vertiefen und haben dazu am Donnerstag eine Vereinbarung für zwei weitere Jahre geschlossen. Die beiden Partner kooperieren bereits seit 2011, 2016 wurde die Zusammenarbeit verlängert. Einer der Schwerpunkte lag bisher auf dem Gebiet der Datenanalyse. So half die ESA dem Dax-Unternehmen etwa bei der Verbesserung der Produktion. In Zukunft soll es auch gemeinsame Forschungsprojekte geben.

ISS auch als Labor für Unternehmen geeignet

Neben Fleisch, das nicht vom Tier kommt, sondern im Bioreaktor hergestellt wird, stehen dabei die Themen Körpermonitoring und Krankheitsdiagnostik im Mittelpunkt, sagte Kai Beckmann, Mitglied der Geschäftsleitung von Merck. Denn die Internationale Raumstation ISS eigne sich nicht nur als Versuchslabor für institutionelle Partner, sondern auch für Unternehmen, erklärte der Leiter des ESA-Raumfahrtkontrollzentrums Rolf Densing. Das sähen auch die 15 anderen an der ISS beteiligten Nationen so. Vor allem für Grundlagenforschung seien Experimente ohne Einwirkung von Schwerkraft sinnvoll. Beckmann nennt als Beispiel die biomedizinische Forschung, wenn es um den Aufbau komplexer Moleküle geht.

Gemeinsam wollen die Partner künftig Innovationen zur Verbesserung der bemannten Raumfahrt voranbringen und dazu auch die Nähe zu Start-ups suchen. Ein Kandidat dürfte das niederländische Start-up Mosa Meat sein, das künstliches Fleisch herstellt und bereits mit Merck zusammenarbeitet. Zudem wollen sich die Partner austauschen, was die Methoden angeht. So könnten Datenanalysen und Künstliche Intelligenz künftig zur Überwachung von Satelliten genutzt werden. „Aktuell befinden sich rund 4500 Satelliten im Orbit, von diesen sind aber nur 1500 funktionsfähig“, erklärte Densing. Hinzukomme eine große Menge Weltraumschrott — im All herrscht also ziemlich viel Betrieb, was sich in den kommenden Jahren noch verstärken werde. Schon heute müsse die ESA rund 100 Kollisionswarnungen täglich manuell bearbeiten. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz erhofft man sich in Zukunft Erleichterung.

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Neben Merck arbeitet die ESA auch mit anderen Unternehmen zusammen, darunter der Softwarehersteller SAP. Der Darmstädter Dax-Konzern wurde schon häufiger in Zusammenhang mit der Raumfahrt genannt: Vor 50 Jahren hatten die Astronauten der Apollo 11 bei ihrem Flug zum Mond das damalige Merck-Nasenspray Nasivin in der Bordapotheke.

Von Anja Ingelmann