Klares Nein zu mageren Zinsen

Mit Blick auf die Bilanz 2017 spricht der Vorstand der VR Bank Biedenkopf-Gladenbach von einem insgesamt „zufriedenstellenden Ergebnis“.  Grafik: Crepaldi/Steinhaus
© Grafik: Crepaldi/Steinhaus

Die Zinsen für Spar- und Tagesgeldkonten sind mager. Bankkunden reagieren darauf, indem sie in starkem Maß zu Wertpapieren und Aktien greifen. Diese Erfahrung macht die VR...

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Biedenkopf. Die Zinsen für Spar- und Tagesgeldkonten sind mager. Bankkunden reagieren darauf, indem sie in starkem Maß; zu Wertpapieren und Aktien greifen. Diese Erfahrung macht die VR Bank Biedenkopf-Gladenbach nun schon im zweiten Jahr in Folge, wie die Bilanz 2017 zeigt.

Am Dienstag hat der Vorstand dem Hinterländer Anzeiger die vorläufigen Zahlen vorgestellt und erläutert. Wolfgang Brühl, Klaus Königs und Steffen Simmer sprechen insgesamt von einem "zufriedenstellenden Ergebnis". Sie machen das vor allem am Geldvolumen fest, das sie für ihre Kunden betreuen. Es ist um 32 Millionen Euro auf nun 1,689 Milliarden Euro angewachsen. 1010 Millionen Euro entfallen dabei auf die Einlagen, 679 Millionen Euro auf die Kredite (weitere Zahlen siehe Info-Kasten).

Die Herausforderungen, vor denen die Bank steht, haben sich nach Aussage von Wolfgang Brühl im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. Weiterhin ist es die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die das Bankgeschäft prägt. Für die regionalen Banken werde es immer schwieriger, ihr klassisches Geschäft zu betreiben, weil sich aus Geldvergabe und Kreditzins wenig Ertrag schöpfen lasse.

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Als belastend empfindet die Bank aber auch den groß;en Umfang der Regulierungen im Finanzsektor. "Unser Spruch ist seit Jahren: ,Mit Regulierungen können wie kein Geld verdienen‘", sagte Wolfgang Brühl. Sein Vorstandskollege Steffen Simmer erläuterte näher, was das für die Praxis bedeutet: "Wir reden hier von einem sechsstelligen Betrag, der ausgegeben werden muss." Teils müsse man zusätzliche Stellen schaffen, um den Anforderungen gerecht zu werden, teils brauche es spezielle Hardware.

Das Geschäft mit Wertpapieren ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen

Ein Beispiel: Beratung am Telefon. Um der Aufzeichnungs- und Speicherungspflicht gerecht zu werden, müsse die Telefonanlage dafür gerüstet sein. Hinzu kämen Kosten für die nötigen Schulungen und Sachaufwendungen. Ein mittlerer fünfstelliger Betrag fällt laut Simmer allein für Briefe und Porto an, um Kunden, wie vorgeschrieben, über rechtliche Änderungen zu informieren.

Zum täglichen Brot der Bank gehört auch der Wandel der Ertragsquellen. Der zeigt sich besonders deutlich im Wertpapiergeschäft. Die Geldmenge, die Kunden direkt bei der VR Bank anlegen, hat sich in den vergangenen Jahren nur minimal verändert. 2015 waren es 623 Millionen Euro, ein Jahr später 627 Millionen Euro, im vergangenen Jahr schließ;lich 626 Millionen Euro.

Völlig anders sieht es bei dem Geld aus, das die VR Bank für ihre Kunden in der genossenschaftlichen Finanzgruppe anlegt, etwa in Fonds bei Union Investment. 2015 waren es 319 Millionen Euro. Der Wert stieg im Jahr 2016 auf 350 Millionen Euro, ein Plus von 9,8 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es 385 Millionen Euro, im Vergleich zum Vorjahr nochmals ein Plus von zehn Prozent.

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Noch eine dritte Herausforderung für die Zukunft kam im Gespräch mit dem Vorstand zum Ausdruck: "Wir leben in einem Spannungsfeld zwischen der Digitalisierung und unserer Regionalität", sagte Wolfgang Brühl, "also zwischen klassischem Filialgeschäft und sich veränderndem Kundenverhalten". Für die VR Bank bedeutet das laut Brühl: Sie will sich weiter zu einer "Omnikanalbank" wandeln, also zu einer Bank, die mit den Kunden auf einer Vielzahl von Wegen kommuniziert, zugleich aber weiterhin persönliche Nähe und Beratung bieten.

Vertreter der VR Bank Biedenkopf-Gladenbach entscheiden am 24. Mai über die Fusion

Einher geht das mit dem Zusammenlegen von Ein-Personen-Geschäftsstellen – sprich: dem Schließ;en von Filialen, die von einem Mitarbeiter betreut wurden: im vergangenen Jahr in Friedensdorf, Frechenhausen und Mornshausen. Wolfgang Brühl weist darauf hin, dass der Kunde nun zwar längere Wege in Kauf nehmen müsse, in Dautphe und Niedereisenhausen aber auch eine bessere Leistung in Form umfassenderer Beratung erhalte. "Im Groß;en und Ganzen ist die Umstellung sehr störungsfrei verlaufen", sagte Brühl, und Königs ergänzte: "Die Kunden erkennen den Mehrwert".

Ein weiteres Thema des Bilanzpressegesprächs war die geplante Fusion der VR Bank Biedenkopf-Gladenbach mit der Volksbank Dill und der Volksbank Herborn-Eschenburg zur VR Bank Lahn-Dill. Momentan seien die Mitarbeiter der drei Partner in vielen Arbeits- und Projektgruppen dabei, die Systeme und Prozesse zu harmonisieren, erklärte Brühl. Mitte April sollen die Vertreter in drei Veranstaltungen informiert werden. Dort wird dann unter anderem der Entwurf für den Verschmelzungsvertrag vorgestellt. Die Vertreterversammlung, in der dann die notwendigen Beschlüsse gefasst werden sollen, ist für den 24. Mai dieses Jahres in Biedenkopf geplant.

Es gehe um Zukunftsfähigkeit durch Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit, sagte Brühl. Die Fusion solle es unter anderem möglich machen, sich in der Beratung stärker zu spezialisieren. Beispielhaft nannte Klaus Königs Auslandsgeschäfte und den Wertpapierbereich, aber auch die Gestaltung von Stiftungen und die Betreuung von Kommunen. Nicht zuletzt denke man an Spezialisten für bestimmte Branchen und Berufssparten. "Größ;ere Institute lassen mehr Möglichkeiten zu", sagte Brühl.

Die derzeit 23 977 Mitglieder sollen wie in den Vorjahren vom Geschäftsergebnis profitieren. Sie können sich wieder auf eine Dividende freuen: Geplant sind fünf Prozent.

Zaheln & Fakten

Die VR Bank Biedenkopf-Gladenbach weist für das Geschäftsjahr 2017 nach den bisherigen Berechnungen eine Bilanzsumme von 786 Millionen Euro aus. Damit steigt der Wert im Vergleich zum Vorjahr um drei Millionen Euro an (2016: 783 Millionen). Insgesamt betreut die Bank ein Geldvolumen von 1,689 Milliarden Euro, 32 Millionen Euro mehr als im Vorjahr (plus 1,9 Prozent). Nahezu unverändert blieb das Volumen der Kredite. Es lag mit 679 Millionen Euro nur minimal unter dem Niveau des Vorjahres (680 Millionen Euro, minus 0,2 Prozent). Auslaufenden Krediten standen 2200 neue Kreditvereinbarungen in einem Umfang von 121 Millionen Euro gegenüber. Im Bestand als auch im Neugeschäft entfallen 60 Prozent auf den gewerblichen Bereich und 40 Prozent auf den privaten Sektor. Vorstandsmitglied Klaus Königs: "Die Struktur des Kreditportfolios ist ausgewogen und breit gestreut."

Ihre Kunden haben der VR Bank insgesamt 1010 Millionen Euro anvertraut, die Einlagen stiegen damit um 33 Millionen Euro (plus 3,5 Prozent). Von dem Geld entfallen auf die VR Bank Biedenkopf-Gladenbach 626 Millionen Euro (2016: 627 Millionen Euro), der restliche Betrag von 385 Millionen Euro auf die Verbundpartner (Union Investment, R+V Versicherung). Dort fiel das Wachstum, wie bereits im Vorjahr, mit 35 Millionen Euro (plus 10 Prozent) deutlich höher aus als bei der VR Bank selbst. Die Mitgliederzahl ist trotz 357 neuer Mitglieder um 293 auf 23 977 gesunken. Das hat auch damit zu tun, dass sich die Bank von Mitgliedern getrennt hat, die zwar noch Anteile als Mitglieder hielten, aber keine Geschäftsbeziehung mehr zur Bank pflegten.

Zum Bilanzstichtag am 31. Dezember 2017 beschäftigte die VR Bank Biedenkopf-Gladenbach auf 153 Vollzeitstellen 205 Mitarbeiter (2016: 209 auf 156 Vollzeitstellen). Dazu gehören 18 Auszubildende und ein Jahrespraktikant. Sie sind in 14 Geschäftsstellen tätig. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Filialen um drei reduziert. Zum Eigenkapital machte die Bank keine Angaben. Am 31. Dezember 2016 lag es bei 92,458 Millionen Euro (62,458 Millionen Euro Eigenkaptal und 30 Millionen Euro Fonds für allgemeine Bankrisiken). Das Eigenkapital könne aus dem Ergebnis heraus weiter gestärkt werden, hieß; es.