"Ich bin nicht wie die anderen – ich bin schlimmer!" steht auf einem kleinen, gelben Schild mit schwarzem Rahmen, wie man es von Ortseingängen kennt. Es hängt über...
Weilburg-Kirschhofen. "Ich bin nicht wie die anderen – ich bin schlimmer!" steht auf einem kleinen, gelben Schild mit schwarzem Rahmen, wie man es von Ortseingängen kennt. Es hängt über dem Bett von Mailo Hauch.
Es ist ein Bekenntnis mit Selbstverständlichkeit und einer groß;en Portion Humor, der schweren Erkrankung zu begegnen, die der zweijährige Junge hat und die eine sehr aufwändige Betreuung erfordert. Damit er zuhause bei seinen Eltern Nadine und Dennis Hauch und der achtjährigen Schwester Cecile in Kirschhofen leben kann, wird die Familie regelmäß;ig von einem Palliativ-Team für Kinder des UKGM Gieß;en versorgt. Diesmal ist Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich als Schirmherr mit dabei.
Non Ketotische Hyperglycinämie heiß;t die seltene Stoffwechselerkrankung, die das Familienleben prägt. "Nach der Geburt stellten wir fest, dass Mailo nicht so wie andere Kinder war", berichtet Nadine Hauch. Er zeigte keinen Saugreflex und öffnete die Augen nicht. Die Krankheit hat fatale Folgen, von unheilbaren Hirnschäden bis zu einer möglichen Erblindung. Zudem kann er nur in geringem Umfang in Kommunikation treten.
Lebensbedrohlich können für Mailo Krämpfe werden, die ihn immer wieder schütteln. "Es muss im Grunde nichts passieren, damit sie auftreten", erklärt Dr. Holger Hauch, der mit der Familie zwar nicht verwandt, aber ihr sehr zugewandt ist. Genau wie Kinderkrankenschwester Beate Volbrecht, die mit dem leitenden Oberarzt regelmäß;ig Mailo besucht.
"Jedes Kind hat immer einen Schwachpunkt, das ist in dem Fall die Lunge." Ein Thema ist häufig Atemnot, die Ängste bei den Eltern auslösen. "Am Anfang hieß; es in der Klinik, dass Mailo eine Lebensdauer von circa sechs Wochen hat", erinnert sich seine Mutter. Heute ist er fast zwei Jahre alt.
"Ohne das Team vom UKGM Gieß;en wären wir hilflos gewesen und nicht da, wo wir heute sind. Die haben uns aufgefangen." Vater Dennis Hauch: "Von Anfang an haben die geholfen, und zwar in alle Richtungen."
Routiniert wird "das Pflichtprogramm" vor der Untersuchung absolviert. Die wichtigsten Fragen werden geklärt, etwa "Kann er nachts gut schlafen?" oder "Welche Medikamente nimmt er gerade?" Sie gehen die vielen Präparate durch, die er täglich erhält.
Zu wissen, dass stets jemand im Hintergrund ist, das gibt Familie Hauch viel Sicherheit.
Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich ist als willkommener Gast dabei. Er hat vor zwei Jahren die Schirmherrschaft für das ambulante Kinder-Palliativ-Team übernommen: "Ich bin hier, weil ich mir als Schirmherr selbst ein Bild machen möchte, für was ich mich einsetze. Mich beeindruckt das menschliche Einfühlungsvermögen auf der einen Seite und auf der anderen die medizinische Professionalität."
Er füllt seine Aufgabe als Schirmherr aktiv aus. Beim Glühweinfest des RP für die Belegschaft berichtete das Team von seiner Arbeit. Nach Aufstockung durch Christoph Ullrich konnte ein Scheck über 1800 Euro übergeben werden.
Dreimal in der Woche erhält Mailo Krankengymnastik. Gerade testen sie einen Stehtrainer. "Stehen an sich findet Mailo gut", berichtet die Mutter. Das Modell ist für ihn aber vermutlich ungeeignet. Sein Kopf knickt weg und wegen der ausladenden Tischplatte ist der Junge nicht gut erreichbar. "Es gibt noch so viele andere Modelle auf dem Markt", ermutigt Beate Volbrecht.
Auch Mailos Schwester Cecile bekommt die Aufmerksamkeit des Kinder-Palliativ-Teams. Mathe ist ihr Lieblingsfach und Gardetanz ihre groß;e Leidenschaft. Quirlig erzählt sie stolz von den Auftritten. Das Team weiß;: Oftmals müssen die gesunden Geschwister zurückstecken. "Wir halten dich für eine ganz tolle groß;e Schwester", sagt Beate Volbrecht. Es geht immer auch darum, das Umfeld zu stärken.
Zu wissen, dass stets jemand im Hintergrund ist, das gibt Familie Hauch viel Sicherheit. "Das Kinder-Palliativ-Team ist immer erreichbar und wenn man selbst mal keinen guten Tag hat, werden wir immer aufgefangen", sagt Mailos Papa. So ist es auch möglich, dass die Familie zusammen in Urlaub fahren kann.
Die Eltern sind selbst zu Experten im Umgang mit der schweren Erkrankung ihres Kindes geworden. Die Erfahrungen und das Wissen in der Familie sind auch für das Team sehr wichtig.
Die Untersuchung selbst dauert diesmal nur 15 Minuten. "Für sein Krankheitsbild macht er groß;e Fortschritte in der Entwicklung", freut sich Holger Hauch über Mailos offensichtlich guten Zustand. "Was wir unbedingt erhalten wollen, ist der Spaß; am Essen." Nach einer Stunde endet der Besuch und die zwei vom Kinder-Palliativ-Team machen sich auf den Rückweg. (red)