Die Preise für Benzin und Diesel sind seit Anfang Juli deutlich gestiegen. Wo liegen die Ursachen und wie können Autofahrer reagieren?
Frankfurt. Das Grundniveau der Kraftstoffpreise ist nach Einschätzung des ADAC „deutlich überhöht“. Ein Liter E10 habe sich nach einer bundesweiten Auswertung binnen einer Woche nochmals um 0,2 Cent auf im Durchschnitt 1,86 Euro verteuert. Diesel verharrt bei 1,76 Euro je Liter. In den vergangenen Wochen legten die Preise deutlich zu, wobei sich der Abstand zwischen Super und Diesel verringerte. Während der Preis für Super E10 am 4. Juli noch bei 1,78 Euro je Liter lag, kostete Diesel zu diesem Zeitpunkt 1,60 Euro je Liter. Das ist ein Plus von acht Cent bei E10 und von 16 Cent bei Diesel.
Der Automobilclub ruft die Autofahrer auf, stets die Preise zu vergleichen und gezielt relativ günstige Tankstellen anzufahren. Die Markttransparenzstelle des Bundeskartellamts beobachtet 14.500 Tankstellen in Deutschland und meldet die Preise an Verbraucherinformationsdienste wie beispielsweise www.adac.de/tanken oder www.clever-tanken.de, die auf dieser Basis Übersichten veröffentlichen. Die Kraftstoffpreis-Suche des ADAC zeigt beispielsweise die Spritpreise an jeder Tankstelle der jeweiligen Umgebung in ganz Deutschland. In Echtzeit werden die aktuellen Preise von Super E10, Super, Diesel und Erdgas/CNG abgebildet. „Nutzen Sie die Apps mit den Preisdaten. Vergleichen Sie Tankstellen. Belohnen Sie diejenigen, die in der jetzigen Lage noch einigermaßen günstig sind“, betont der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, laut einer Mitteilung in Bonn.
Kurioserweise sind die Preise bundesweit und im Tagesverlauf höchst unterschiedlich. Nach einem Vergleich des ADAC für Mitte August dieses Jahres müssen Autofahrer bei E10 in Hessen und Sachsen besonders tief in die Tasche greifen und 4,7 Cent je Liter mehr ausgeben als im günstigsten Bundesland Berlin. Rheinland-Pfalz, das im E10-Vergleich auf Platz 4 der günstigsten Länder liegt, bietet dagegen beim Diesel die besten Preise. Hier müssen 8,3 Cent weniger gezahlt werden als in Brandenburg. Hessen liegt beim Diesel auf Rang 9.
Auch im Tagesverlauf liegen die Kosten weit auseinander. Am niedrigsten sind die Kraftstoffpreise im Schnitt laut einer ADAC-Auswertung zwischen 20 und 21 Uhr, am teuersten ist Tanken kurz nach sieben Uhr. Die durchschnittliche Preisdifferenz am Tag beträgt für Benziner etwa acht Cent und für Diesel knapp neun Cent je Liter. Bei einer 50-Liter-Tankfüllung ist das immerhin eine Ersparnis von bis zu 4,50 Euro. „Das ist blankes Kalkül: Die Mineralölkonzerne versuchen, mit den häufigen Preissprüngen ihren Gewinn anzukurbeln“, kritisiert der ADAC.
Die Durchschnittspreise für Diesel und Super E10 sind seit der zweiten Juli-Hälfte kontinuierlich gestiegen, berichtet das Bundeskartellamt. Bei den Super-Kraftstoffen folgten die aktuellen Aufschläge weitgehend der Entwicklung des Rohölpreises. Wegen Angebotskürzungen in den Lieferländern sei Rohöl zeitweise um knapp 14 Prozent teurer geworden, in der vergangenen Woche notierte Öl der Sorte Brent allerdings wieder etwas günstiger. Der Euro zeigte sich schwächer. Da Rohöl weltweit in der Dollar-Währung gehandelt wird, wirken sich die Wechselkursschwankungen auf den Preis aus. Die Spanne zwischen den durchschnittlichen Preisen für E5 und E10 (ohne Steuern) und dem Rohölpreis sei zwischen Juli und Mitte August nahezu konstant geblieben.
Das Kartellrecht gibt uns keine Grundlage, hohe Preise oder hohe Gewinne einfach zu unterbinden, weder bei Kraftstoffen noch anderswo.
„Bei Diesel ist der Abstand zwischen Rohöl- und Tankstellenpreis dagegen in den letzten Wochen gestiegen“, erläutert Mundt. Die Ursachen seien aber nicht bei den Tankstellen zu finden. Seit dem Russland-Embargo erschließe sich Deutschland neue Wege für den Import auf dem Weltmarkt, wo die Konkurrenz groß und die Anfälligkeiten für Preisausschläge hoch seien. Technische Probleme und Kapazitätsengpässe in hiesigen Raffinerien seien noch hinzugekommen. „Folglich finden die aktuellen Preissteigerungen schon auf Ebene der Raffinerien und des Imports statt“, sagt Mundt.
„Das Kartellrecht gibt uns keine Grundlage, hohe Preise oder hohe Gewinne einfach zu unterbinden, weder bei Kraftstoffen noch anderswo“, betont Amtschef Mundt. Auch nach der anstehenden Kartellrechtsreform werde das Bundeskartellamt Spritpreise nicht auf Knopfdruck senken können. Nur nach einem Nachweis von Preisabsprachen könne man unter engen Voraussetzungen eingreifen. Die Preissteigerungen bei Diesel seien ein weiterer Beleg dafür, dass sich die Wettbewerbshüter weiter mit der Ebene Raffinerien und Großhandel befassen müssen. „Wegen der Auffälligkeiten treiben wir mit Fokus auf diese Bereiche eine Sektoruntersuchung voran. Sollten wir Hinweise auf illegales Verhalten vorfinden, werden wir das konsequent verfolgen.“ Auch der ADAC drängt darauf, die laufende Untersuchung der Raffinerien und Großhandelsebene rasch abzuschließen.