Schlechte Ernten in Übersee, eine Pflanzenkrankheit und Hurrikans haben die weltweiten Vorräte an Orangensaftkonzentrat dezimiert. So reagieren die Safthersteller.
Mainz/Bonn. Wenn es um Fruchtsaft geht, dann entscheiden sich die Menschen in Deutschland am häufigsten für Orangensaft. Der Pro-Kopf-Konsum lag 2021 bei stattlichen sieben Litern. Doch für den Genuss müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher wohl bald noch tiefer in die Tasche greifen. Denn wegen schlechter Ernten, für die es mehrere Ursachen gibt, ist Orangensaft derzeit weltweit so knapp wie lange nicht mehr.
Eckes-Granini: „Wir beobachten intensiv und reagieren situativ”
Die Saftbranche leide unter schlechten Ernten in zahlreichen Regionen und sinkenden Vorräten an Orangensaftkonzentrat im wichtigsten Lieferland Brasilien, sagte der Geschäftsführer des Verbands der deutschen Fruchtsaft-Industrie, Klaus Heitlinger, der Deutschen Presse-Agentur. An der Warenterminbörse in den USA sei Orangensaftkonzentrat derzeit um ein Mehrfaches teurer als üblich. „Die Ware ist knapp und die Rohstoffkosten steigen. Das heißt: Auch die Verbraucher müssen sich darauf einstellen, dass Orangensaft teurer wird”, meint der Branchenkenner.
Auch beim Fruchtsafthersteller Eckes-Granini in Nieder-Olm blickt man mit Sorge auf die Entwicklung. Auf Anfrage teilte das Unternehmen mit: „Wir stellen ebenfalls fest, dass die Preise und Verfügbarkeiten von Orangen für die Saftproduktion derzeit unter Druck sind. Wir beobachten dies intensiv und sorgfältig und werden situativ entscheiden, wie wir mit dieser Situation umgehen.“ Schon bei der Bilanz-Vorlage Anfang April hatte Unternehmenschef Tim Berger gesagt: „Wir kämpfen mit einer noch nie dagewesenen Kostenexplosion.“ Allerdings geht es dabei nicht nur um die Preise für Orangen und andere Früchte, sondern auch um Glas- und Logistikkosten.
Valensina: „Die Märkte sind leergefegt”
Der Chef des Mönchengladbacher Saftherstellers Valensina, Tino Mocken, malte im Gespräch mit dem Branchenblatt „Lebensmittel Zeitung” kürzlich ein düsteres Bild der Lage. Die Preise für Orangensaftkonzentrat lägen auf Rekordniveau. Schlimmer noch: Es gebe aktuell nichts zu kaufen, die Märkte seien leer gefegt, beschrieb er die Lage. Zwar habe Valensina die eigene Lieferfähigkeit für 2023 durch langfristige Verträge weitgehend gesichert. Größere Zusatzaufträge, etwa weil Wettbewerber nicht mehr liefern könnten, könne Valensina aber nicht bedienen. „Im Gesamtmarkt drohen daher im Sommer Engpässe und Lieferausfälle – und weitere Preissteigerungen”, schrieb die Zeitung.
Boris Voelkel, Einkaufschef beim Bio-Saft-Spezialisten Voelkel, sieht keine rasche Besserung. „Wir haben es immer mehr mit Wetterextremen zu tun – wie der Trockenheit in Italien und Spanien. Das wird sich weiter zuspitzen”, befürchtet er. In der Vergangenheit habe es bei ähnlichen Preisausschlägen bei Zitronensaft oder bei Himbeeren oft geraume Zeit gedauert, bis die Preise wieder deutlich gesunken seien.
Nach dem jüngsten Marktbericht des US-Landwirtschaftsministeriums dürfte die weltweite Orangenproduktion im Wirtschaftsjahr 2022/23 um fünf Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen. Besonders stark seien die Einbrüche in den USA, wo die Produktion sogar auf den niedrigsten Stand seit mehr als 50 Jahren fallen dürfte. Hauptgründe seien die Ausbreitung einer Pflanzenkrankheit – des sogenannten Citrus Greening – und die Auswirkungen von Hurrikans in Florida. Aber auch in Brasilien, dem größten Erzeugerland für Orangen habe schlechtes Wetter die Ernten verhagelt. Die Lagerbestände bei Orangensaftkonzentraten seien in Brasilien, von wo 90 Prozent der EU-Importe stammen, so niedrig wie selten zuvor.
Doch gibt es auch eine gute Nachricht für die Orangenfans. Bei frischen Früchten seht die Marktsituation nach Angaben der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft deutlich besser aus, weil hier die Produzenten in Nord- und Südamerika keine große Rolle spielten. Die frischen Orangen kommen im Winter meist aus der Mittelmeerregion, im Sommer häufig aus Südafrika.
Trotz sinkender Inflation: Lebensmittel bleiben teuer. Sehen Sie sich jetzt das Video an.