Jobabbau: Kahlschlag bei Opel

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Opel-Werk in Rüsselsheim. Foto: dpa
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Rechnet man alle Pläne zum Jobabbau zusammen, erfüllen sich für den traditionsreichen Autohersteller die düstersten Vorhersagen. Wir zeigen, wie viele Arbeitsplätze übrigbleiben.

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RÜSSELSHEIM. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir reagierten zurückhaltend auf die Nachricht, dass der Aderlass insbesondere in Rüsselsheim fortgesetzt werden soll und der Autohersteller an seinen deutschen Standorten, zu denen auch Kaiserslautern und Eisenach gehören, bis zu 1000 weitere Arbeitsplätze kappen will. "Opel ist ein Stück hessische Identität. Die Sicherung des Standorts Rüsselsheim und ein fairer Umgang mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern haben für uns als Hessische Landesregierung stets oberste Priorität", teilten beide mit. Am Standort Rüsselsheim ist die Mitarbeiterzahl durch den Abbau Tausender Stellen bereits auf unter 9000 gesunken.

Reduzierung von fast 60 Prozent der Stellen

Opel macht unter der Führung des Stellantis-Konzerns und dessen Chef Carlos Tavares wieder gute Gewinne. Zudem hat das Werk am Stammsitz mit der Produktion des Bestsellers Astra gute Chancen. Dennoch: Das Management schrumpft die traditionsreiche Opel-Heimat immer weiter herunter. Denn Rüsselsheim ist mit Abstand der größte deutsche Opel-Standort und trägt daher auch den Löwenanteil der Stellenstreichungen. Die Rechnung ist eigentlich einfach: Zieht das Opel-Management alle möglichen Optionen zum Personalabbau, wird der Autohersteller seit der Übernahme durch die französische PSA im Jahr 2017 in Deutschland rund 11.000 Arbeitsplätzen abgebaut haben. Gemessen am Personalbestand vor der Übernahme (gut 19.000) käme das einer Reduzierung von nahezu 60 Prozent gleich.

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Wer diese Rechnung vor ein paar Jahren aufmachte, bekam sowohl von Unternehmens- als auch Gewerkschaftsseite vorgeworfen, Horrorszenarien zu verbreiten. Stand heute ist Opel von solchen Szenarien nicht mehr weit entfernt. Bis Anfang 2020 wurden bereits 7000 Stellen gestrichen. Ende 2019 vereinbarten Management und Betriebsrat ein Eckpunktepapier, das zunächst vorsah, bis Ende 2021 weitere 2100 Stellen zu streichen; und zwar über Freiwilligenprogramme, also Altersteilzeit, Vorruhestand oder Abfindungen. Im Gegenzug wurde für die verbliebene Belegschaft der Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2025 festgeschrieben. Beides wurde auch umgesetzt.

Eckpunktepapier sieht weitere Optionen vor

Das Eckpunktepapier sieht aber noch mehr vor. Denn darin enthalten ist auch die Möglichkeit für zwei weitere Optionen zum drastischen Stellenabbau, die aber vor der Umsetzung mit dem Betriebsrat zunächst verhandelt und dann vereinbart werden müssen. Im Eckpunktepapier ist es sozusagen umgekehrt formuliert. So verlängert sich der Kündigungsschutz in zwei Stufen bis 2029, sollte der Arbeitgeber 2022 und 2023 noch einmal jeweils 1000 Jobs streichen wollen.

Die erste dieser beiden Optionen will die Geschäftsführung nun ziehen. "Vor dem Hintergrund der rapiden Transformation der Branche, der Pandemie, der geopolitischen Situation, brüchiger Lieferketten sowie massiver Energie- und Rohstoffpreiserhöhungen" sei es das Ziel, "die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens langfristig zu stärken", begründete ein Firmensprecher das Vorhaben. In Opel-Kreisen wird damit gerechnet, dass das Management auch die zweite Option wird ziehen wollen. Rechnet man alles zusammen, kommt man auf die rund 11.000 Jobs, die, sollten die Optionen umgesetzt werden, innerhalb von sechs Jahren – gerechnet von der Übernahme durch PSA bis Ende 2023 – gestrichen worden wären. Und es könnten sogar noch mehr werden. In Firmenkreisen sieht man das Ende der Fahnenstange jedenfalls noch nicht erreicht.

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