KAILUA-KONA - Es gibt wohl keinen anderen Mann, der solche Strapazen auf sich genommen hat, um einen Heiratsantrag zu stellen. „Ich bin losgelaufen und habe gedacht, das mache ich heute. Aber auch nur, wenn ich gewinne“, sagte Patrick Lange, den dieser Vorsatz zu einer Leistung trieb, die eine Schallmauer des Triathlonsports sprengte. Ein Sieg beiim Ironman Hawaii unter acht Stunden. Und es waren nicht nur die vom Darmstädter im Vorfeld erwähnten 101 Sekunden, die er bei seinem Sieg im Vorjahr über dieser Zeitzone geblieben war.
Es waren 9:02 Minuten, um die er seinen eigenen Rekord verbesserte und die Statistik des Triathlon-Mekkas in eine neue Dimension führte. Für die 7:52:39 Stunden, die er für 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und einen Marathon brauchte, machte der 32 Jahre alte Darmstädter auch höhere Kräfte verantwortlich: „Die Inselgöttin Pele hat uns heute einen extrem guten Tag geschenkt. Wir hatten fast keinen Wind“, erklärte Lange die Tatsache, dass auch die bisherige Bestzeit auf der Radstrecke pulverisiert wurde. Der Australier Cameron Wurf verbesserte seinen eigenen Radrekord in 4:09:36 Stunden um mehr als drei Minuten. Lange selbst brauchte 4:16:05 Stunden, für die er sich fast entschuldigte: „Eine derartige Radzeit ist von mir normalerweise nicht zu erwarten, das muss man ganz klar sagen.“
Den nächsten Dank schickte er an seinen Erdinger-Teamkollegen Andreas Dreitz: „Ohne ihn wäre das nicht möglich gewesen. Er hat die Lokomotive gespielt.“ Lange schob gleich nach, dass die Tempoarbeit an der Spitze seiner Gruppe nicht abgesprochen gewesen sei. Sicher auch als Reaktion auf eine aufgekommene Diskussion, in der ihm von Sebastian Kienle und Jan Frodeno vorgeworfen worden war, das Regelwerk zum Windschattenfahren bis zur Unsportlichkeit auszureizen.
„Die Genugtuung ist natürlich groß. Man muss aber auch klar sagen, dass die ganze Aktion zu groß aufgekocht worden ist. Wir haben uns vor dem Start noch nett unterhalten. Aber es hat mich natürlich zusätzlich motiviert und ich bin happy, dass ich als Sieger vom Platz gegangen bin“. Auch dank einer taktischen Meisterleistung: „Ich hab mich auf dem Rad immer sicher gefühlt. Das war genau die Gruppe, in die ich reingehöre.“
Ein gutes Gefühl auf dem Rad verdrängte schnell die Unzufriedenheit mit der eigene Schwimmleistung: „Nach ein paar hundert Meter waren die Arme einfach nicht da. Das war untypisch für mich. Das war die größte Herausforderung, da im Rennen zu bleiben. Da hatte ich echt zu kämpfen.“
Untypisch war auch, dass Sebastian Kienle kurz nach ihm aus dem Wasser stieg. Der Sieger von 2014 hatte danach erst mit einem defekten Hinterrad zu kämpfen, kam dann wie der ebenfalls hoch gehandelte Lionel Sanders überhaupt nicht näher und musste schließlich nach wenigen Laufmetern mit schmerzender Achillessehne aussteigen.
Langes zweiter Kritiker hatte von Beginn an zuschauen müssen. Der an einem Ermüdungsbruch leidende Jan Frodeno hatte noch zugegeben, dass die eigene Passivität „doch sehr schmerzt“, als sich eine Siegerzeit unter acht Stunden andeutete. Dann attestierte er dem Titelverteidiger aber ein „Bombenrennen“.
Anders als bei den bisherigen Saisonrennen konnte sich Lange auch beim Laufen auf seine Beine verlassen. Nach dosiertem Beginn übernahm er zur Hälfte des Marathons die Spitze und baute den Vorsprung auf den zweitplatzierten Belgier Bart Arnouts bis auf vier Minuten aus.
Und anders als im Vorjahr konnte er den Zieleinlauf genießen und auch schnell wieder die nötigen Kräfte finden, um den emotionalen Höhepunkt zu setzen: Heiratsantrag vor laufenden Kameras. Die Antwort seiner Freundin Julia war zwar nicht zu hören, der innige Kuss ließ aber auf ein „Ja“ schließen. „Wir haben uns kennengelernt und lange geredet. Danach habe ich meinen Vater angerufen und gesagt: Das ist die Liebe meines Lebens“, erklärte Lange, der im Vorjahr noch von seiner damaligen Freundin im Ziel empfangen worden war.
Doch jetzt fühlt er sich im siebten Hawaiianischen Himmel – emotional als frisch Verlobter und sportlich als Triathlon-Champion in herausragender Position.