BREMEN - Nouri? Kohfeldt? Man musste schon zu den intimeren Kennern des deutschen Profifußballs zählen, um ad hoc zu wissen, wen der SV Werder Bremen da als neuen Trainer vorgestellt hat. Erst war es im Herbst 2016 Alexander Nouri, bisheriger U 23-Coach. Das klappte, Bremen wurde nach zittriger Zwischenphase Achter, war in der Rückrunde gar das viertbeste Team.
Florian Kohfeldt übernahm derweil den Bremer Bundesliga-Unterbau, hielt ihn – als letzte zweite Mannschaft überhaupt – in der Dritten Liga und rückte, als Nouris Zauber nach rund einem Jahr verflogen war, selbst auf den Cheftrainerposten in der Bundesliga auf. So schnell kann‘s gehen.
Ursprünglich waren die Bremer davon ausgegangen, in dieser Saison endlich mal wieder durchschnaufen zu können. Im Herbst 2014 flog Robin Dutt, im Herbst 2016 Viktor Skripnik, ein Jahr später Nouri – es waren aufregende Jahre an der Weser, wo man doch ganz anderes gewohnt war. In der ewigen Tabelle sind die Bremer Zweiter. Nur eine Saison, 1980/81, verpasste das Bundesliga-Gründungsmitglied. 14 Jahre Rehhagel, 14 Jahre Schaaf, die „Wunder von der Weser“, vier Deutsche Meistertitel – von den 80ern bis in die Nullerjahre pro Jahrzehnt einer – und sieben Mal Vize: Ein Spitzenteam waren die Bremer immer wieder, aber immer nur zeitweilig. Für eine nachhaltige Etablierung ganz oben fehlten das Umfeld, die Mittel. Ein neuerlicher Meistertitel in diesem Jahrzehnt wäre daher das größte aller „Wunder an der Weser“.
Doch zumindest scheinen die Zeiten der akuten Existenzbedrohung vorüber. Wobei sie das auch schon vor dieser Saison gehofft hatten. Und böse enttäuscht wurden. Erst am zwölften Spieltag gelang der erste Sieg. Drei Wochen vorher hatte eine 0:3-Pleite gegen den FC Augsburg das Aus für Kohfeldts Vorgänger bedeutet. In einem Spiel, dem 4:0 gegen Hannover, gab es so viele Treffer wie in der gesamten Spielrunde zuvor. Schritt für Schritt arbeiteten sich die Hanseaten, die nach einem 2:2 gegen Mainz auf dem Relegationsplatz überwinterten, aus der Abstiegszone heraus. Sie schenkten ihrem Nachwuchstrainer das Vertrauen, keinesfalls mangels Alternativen. Und entpuppten sich prompt als Experten für knappe Spiele.
Vorige Saison war das auch lange so, nur anders herum. Nouri verlor knapp, aber er verlor. Und blieb. Und triumphierte. Doch sein als selbstherrlich beschriebener Führungsstil ging mit der Zeit nach hinten los. Mehrere Spieler sollen sich über den Chefcoach beklagt haben, der, nachdem er Keeper Felix Wiedwald und Co-Trainer Florian Bruns rasiert hatte, ohnehin mehr als kritisch beäugt worden war. Der Mauerfußball, den Nouri der früher so frisch nach vorne preschenden Bremer Mannschaft in der neuerlichen Not verordnet hatte, kam bei den Spielern überhaupt nicht an, ebenso wenig beim eigentlich so duldsamen, treuen Umfeld.
Florian Kohfeldt tat das sehr wohl. Nur noch vier Niederlagen kassierten die Bremer in der Rückrunde, in der sie virtueller Tabellensechster sind. Während sie zu Thomas Schaafs Zeiten noch für reichlich Torjubel vorne wie hinten bekannt waren, haben aktuell nur Stuttgart sowie das Top-Duo Bayern und Schalke weniger Treffer kassiert. Was aber nicht heißt, dass die Bremer keinen attraktiven Ball mehr spielen würden. Sie haben einen Plan, und der funktioniert meistens.
Doch dabei belässt es Kohfeldt nicht. Mit dem bis 2021 geschlossenen Vertrag sind auch strategische Ziele verknüpft. Der 35-Jährige will die Trainingsmethodik, die Durchlässigkeit vom Nachwuchs nach oben und das Standing des Klubs in der Stadt anpacken. Keine geringen Ziele für einen Nobody, der die Bremer aufregend unaufgeregt wieder zu einem markanten Standort in der Bundesliga machen will.