Kolumne von Wortpiratin Mara Pfeiffer: Play it again, Mainz 05
Es gibt Vereine, mit denen man die Erinnerung an eine spezielle Begegnung verknüpft. "Denke ich an Borussia Mönchengladbach, dann denke ich an Kloppo und die erste Saison im Oberhaus", schreibt Wortpiratin Mara Pfeiffer. "Ein Ausgleich für die Ewigkeit. Und der Legende nach hängt der ein oder andere Borusse bis heute am Zaun."
Von Mara Pfeiffer
Fans des FSV Mainz 05 in der Opel Arena.
(Archivfoto: Sascha Kopp)
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MAINZ - Es gibt Vereine, mit denen man die Erinnerung an eine spezielle Begegnung verknüpft. Die muss nicht positiv sein. Denke ich zum Beispiel an Hertha BSC, fällt mir das Heimspiel ein, zu dem die Berliner mit Otto Rehhagel anreisten. Vor der Partie wurde rund ums Stadion das rechthaberische Kult-Fanzine „Die TORToUR“ verkauft (das waren noch Zeiten), die Berliner Fans beleidigten alles, was sich bewegte, und mein Gott, wollten wir diese Typen dringend besiegen. Das hätte auch kein Problem sein sollen, schließlich feierte der FSV zu dieser Zeit regelmäßig Heimsiege, während Berlin im Frühjahr 2012 im Abstiegskampf herumkrebste. Aber am Ende musste Mainz sich Rehakles und seinen Blauweißen geschlagen geben und die Stimmung war maximal im Keller.
In Sachen Wolfsburg weiß ich als Spätberufene, die erst 1998 nach Mainz kam, zwar um den so legendären wie tragischen (Nicht-)Aufstiegskrimi 1997. Das Spiel, mit dem ich besonders intensive eigene Erinnerungen verbinde, ist aber die verrückte 4:3-Auswärtsschlacht nach 0:3-Rückstand im Sommer 2010. Seitdem weiß in Mainz jedes Kind, gegen die Truppe aus der Autostadt kann man eigentlich gar nicht verlieren.
Die Spieler ackern, laufen und kämpfen
Denke ich an Borussia Mönchengladbach, dann denke ich an Kloppo und die erste Saison im Oberhaus. Das bedeutete natürlich Abstiegskampf, allerdings nicht nur für 05, sondern auch für die Fohlen, was die Partie zu einem Sechs-Punkte-Spiele machte. In dem Mainz als das bessere Team nach einem Freistoß von Oliver Neuville irgendwann hinten liegt. Aber der FSV gibt sich nicht auf: Die Spieler ackern, laufen und kämpfen. Zwischen den Fanlagern der aneinander grenzenden Blöcke im Gladbacher Borussia-Park, der noch ein wenig neu riecht, werden deftige Beleidigungen ausgetauscht. Mit der Zeit scheint die Borussia siegessicher, die Fans erst recht: Sie hängen am Zaun und verspotten die 05er. Aber manchmal dauert dein Spiel eben länger als 90 Minuten und an diesem Tag pfeift der Schiri erst nach 91 Minuten und 14 Sekunden ab. Diese 74 Sekunden nutzt Mainz 05 für sich.
Und zwar mit einem Jürgen Klopp, der an der Seite tobt wie ein Knallfrosch. Die Unruhe auf den Rängen nimmt zu, die Zäune wackeln, das Geschrei ist ohrenbetäubend. Jürgen Kramny blockt davon unbeeindruckt, Thomas Broich lässt den Ball kullern, der weiter zwischen den Teams hin und hergeht, schließlich bei Manu Friedrich landet, der mit Ruhe und Übersicht Miffel Thurk bedient – Ausgleich. Zack, so einfach geht das.
Der rotweiße Fanblock flippt komplett aus, die Borussen fallen mit ungläubigen Gesichtern vom Zaun, während Jürgen Kloppo zum Torschützen flitzt, dabei die Bande hochläuft und wieder runterrutscht, fällt, sich aufrappelt, zwischendurch ein paar Meter fliegt... Bis er dann, endlich, beim Killermiffel ankommt. Tränen, Geigen, Musik, Abspann. Ein Ausgleich für die Ewigkeit. Und der Legende nach hängt der ein oder andere Borusse bis heute am Zaun.