Bernd Trautmann: In Rüdesheim und Rüsselsheim nie richtig daheim
In England war Bernd Trautmann ein Volksheld, aber in Deutschland eher ein Unbekannter. Jetzt flimmert das Leben von „Traut the Kraut“ über die Kinoleinwand.
Von Torsten Muders
Leiter Sportredaktion Wiesbaden
In England wurde Bernd Trautmann mit den höchsten Orden ausgezeichnet.
(Archivfoto: dpa)
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RÜDESHEIM/RÜSSELSHEIM - In England kannte „Traut the Kraut“ jeder Fußball-Fan. In Deutschland konnte und kann nicht sofort jeder etwas mit dem Namen Bernd Trautmann anfangen. Doch die filmreife Lebensgeschichte des Kriegsgefangenen, der auf der Insel als Torhüter von Manchester City erst angefeindet und dann zur Legende wurde, dürfte mit der gerade in den Kinos angelaufenen Sportlerbiografie „Trautmann“ nun bekannter werden.
Dass der gebürtige Bremer nach seiner aktiven Karriere in England in der Region seine wenn auch deutlich kleinere Spuren hinterlassen hat, ist auch schon fast in Vergessenheit geraten. „Ich habe bei ihm damals die Zeitungen ausgetragen. Ich wusste aber erst gar nicht, wer dieser Mann war“, erinnert sich beispielsweise der Rüdesheimer Holger Stadermann. In der selbst ernannten kleinen Stadt mit dem großen Namen lebte Trautmann ab 1972 mit seiner dritten Frau Marlies, einer gebürtigen Rüdesheimerin, abseits des Rampenlichts. Englische Touristen, die die Drosselgasse besuchten, fragten mal nach dem Volkshelden, der mit gebrochenem Genick im Pokalfinale anno 1956 weitergespielt hatte und somit zum Volkshelden wurde. Einheimische drehten sich aber nicht nach ihm um. Beim örtlichen Fußballverein VfR Germania Rüdesheim habe Trautmann, so berichten Zeitzeugen wie Manfred Eider, bei Weihnachtsfeiern und im Training der Jugendmannschaften ab und an vorbeigeschaut und Tipps und Ratschläge gegeben.
Als Entwicklungshelfer in der Fußball-Welt unterwegs
Doch richtig heimisch ist er in seiner alten Heimat Deutschland nie geworden. Und so war er als sportlicher Entwicklungshelfer für den DFB in der Dritten Welt, in Ländern wie Liberia, Pakistan und Birma unterwegs. Immer an seiner Seite Frau Marlies, mit der er auch Anfang der 90er Jahre nach Spanien nördlich von Valenica übersiedelte.
Als Trainer konnte Trautmann in Deutschland zuvor nie Fuß fassen. Nach einem kurzen Engagement bei Preußen Münster landete er 1969 in Rüsselsheim beim damaligen Regionalligisten SC Opel. Zunächst rettete er das Team vor dem Abstieg, doch in der folgenden Saison wurde er nach der Hinrunde, die der SC als Tabellenvorletzter abschloss, entlassen. „Als Mensch war er schon in Ordnung. Aber seine Trainingsmethoden waren nicht das Wahre. Er hat uns eigentlich fast immer nur lange laufen, aber fast nichts mit dem Ball machen lassen“, erinnerte sich der damalige SC-Spieler Günter Lasse, als Trautmann vor sechs Jahren im Alter von 89 Jahren verstorben war.
Ausdauerlauf mit Stollenschuhen
„Mein Motto war immer: helfe einem hinkenden Hund über die Straße. Doch sie mochten wohl meine direkte Art nicht“, äußerte sich Trautmann später mal über die Zeit in Rüsselsheim. Friedel Späth, ein damals bekannter Fußballer, der unter anderem beim 1. FC Kaiserslautern und Karlsruher SC mit den Größen zusammenspielte (ein gewisser Fritz Walter war auch sein Trauzeuge), spielte die letzten sechs Jahre seiner Karriere in Rüsselsheim, darunter eben auch die Zeit unter Trautmann. Der heutige 83-jährige kann sich auch noch an manchen langen Ausdauerlauf in Stollenschuhen an der Landstraße erinnern und sprach über Trautmann „von einem eher ruhigen Vertreter“.
So war es die späten Jahre auch eher ruhig um „Bert“, wie er in England gerufen wurde. Im Mutterland des Fußballs wurde er 2004 zum „Office of the Most Excellent Order of the British Empire“ geschlagen und zum besten Manchester-City-Spieler aller Zeiten gewählt. In Deutschland ehrte ihn der DFB erst 2008 mit der DFB-Nadel mit Brillant. Als sogenannter Legionär durfte er nie ein Länderspiel unter Sepp Herberger bestreiten, obwohl er damals als der beste Torhüter der Welt angesehen wurde. „Es wäre schön gewesen, für Deutschland zu spielen. Aber es fehlt mir nicht“, nahm es Trautmann sportlich.