Essers Herz hängt an den Lilien

aus SV Darmstadt 98

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Nummer zwei in Hannover: Michael Esser kommt an Ron-Robert Ziegler (hinten) nicht vorbei. Foto: Imago

Im ECHO-Interview spricht der Torhüter über seine Zeit bei den Lilien, die Reservistenrolle in Hannover und das Wiedersehen am Montag.

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HANNOVER/DARMSTADT. Michael Essers Herz schlägt immer noch für den SV Darmstadt 98. Obwohl der Torwart nur in der Saison 2016/17 das Trikot des damaligen Fußball-Bundesligisten trug. Obwohl er jetzt beim Zweitliga-Konkurrenten Hannover 96 als Nummer zwei hinter Ron-Robert Zieler wirkt. Und obwohl am Montag (20.30 Uhr) in der HDI-Arena alles andere als ein Heimsieg der Niedersachsen gegen die Lilien im ersten Spiel unter dem neuen Trainer Kenan Kocak eine herbe Enttäuschung wäre.

Herr Esser, als wir diesen Interviewtermin ausgemacht haben, hieß es vonseiten der Pressestelle, Ihr Herz schlage immer noch für Darmstadt 98. Warum ist das so?

Es ist ein ganz besonderer Verein, weil er etwas anders und kleiner ist als viele andere im Profifußball. Ich verdanke dem Klub auch viel. Mein erstes Bundesligaspiel habe ich dort gemacht. Und ich denke, dass dort noch immer viele gute Leute arbeiten, die mit dem Herzen dabei sind. Ich erinnere mich noch: Die Frau des Präsidenten hat damals, als ich noch dort gespielt habe, vor dem Spiel schon mal einen Kuchen vorbeigebracht und gesagt: „Alles Gute, Jungs!“. Das gibt es, glaube ich, nicht so oft im Fußballgeschäft.

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Sie folgten auf Christian Mathenia, nach Ihnen kam Daniel Heuer Fernandes. Warum hatte der SV 98 in der damaligen Zeit eigentlich immer gute Torhüter, die zuvor kaum einer ernsthaft auf der Liste hatte?

Das ist ein großer Verdienst von Torwarttrainer Dimo Wache, der immer ein richtig gutes Händchen und ein gutes Auge für Torhüter hatte. Der hat uns immer fit gemacht und uns perfekt eingestellt auf die Gegner.

Wie schätzen Sie die bisherigen Leistungen des SV 98 in dieser Saison ein?

Ich glaube, dass da noch ordentlich Luft nach oben ist. Aber da dürfen die Darmstädter sich noch ein Spiel Zeit lassen – und dann wünsche ich ihnen, dass sie noch einige Tabellenplätze nach oben gut machen.

Wie erwarten Sie den Gegner am Montag in Hannover und worauf kommt es für Ihre Mannschaft in diesem Spiel an?

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Wir erwarten einen Gegner, der kompakt steht und mit den schnellen Außenspielern sicherlich auf Konter spielen wird. Vorne haben sie mit dem Serdar Dursun auch einen guten Stürmer drin. Darauf müssen wir uns einstellen.

Sie haben nach der Trennung von Mirko Slomka mit Kenan Kocak einen neuen Trainer? Ihr erster Eindruck von ihm?

Er ist ein Trainer mit einem guten Auftreten. Er hat eine gute Idee, Fußball spielen zu lassen. Es macht auf jeden Fall Spaß, unter ihm zu trainieren.

Beim Spiel gegen Sandhausen Anfang des Monats vertraten Sie den gelb-rot-gesperrten Stammtorwart Ron-Robert Zieler. Haben Sie aufgrund der glänzenden Kritiken nach Ihrem ersten Saisoneinsatz und des Trainerwechsels Hoffnung, dass Sie im Tor stehen, oder rechnen Sie wieder mit einem Platz auf der Reservebank?

Im Sommer ist das einfach unglücklich gelaufen. Letztlich hat der Verein ja vor der Saison eine Grundsatzentscheidung getroffen. Über das Spiel gegen Sandhausen habe ich mich sehr gefreut. Es war schön, vor der Heimkulisse bei uns im Stadion auf dem Platz zu stehen.

In Darmstadt waren Sie die Nummer eins, Heuer Fernandes die Nummer zwei. Jetzt ist es umgekehrt, in Hannover sind Sie die Nummer zwei. Was muss eine Nummer zwei machen, um die Nummer eins ernsthaft verdrängen zu können?

Das kann man so pauschal gar nicht sagen. Es hängt immer von der jeweiligen Situation ab. Aber klar: Grundvoraussetzung ist, dass man sich nicht hängen lässt, immer weiter Gas gibt und präsent ist.

Sie waren in der Abstiegssaison 2018/19 einer der besten Hannoveraner und Publikumsliebling – und dann wurde Zieler für vier Jahre verpflichtet. Wie schaffen Sie es, ihre Reservistenrolle in dieser Spielzeit so klaglos hinzunehmen?

Ich glaube, man hat nichts davon, wenn man sich permanent an etwas aufhängt und klagt. Das ist meine Lebenseinstellung und damit bin ich immer ganz gut gefahren.

Wie wahrscheinlich ist ein Abschied in der Winterpause, spätestens aber im Sommer, wenn Ihr Vertrag ausläuft?

Es gibt schon ein leichtes Vorfühlen von Vereinen für den Winter. Aber wer weiß schon, was passieren wird? Wir werden sehen. Ich bin da ganz gelassen.

Zurück zur Eingangsfrage: Wenn Ihr Herz noch für die Lilien schlägt, können Sie sich vorstellen, noch einmal deren Trikot zu tragen?

Ich habe im Fußball gelernt: Man soll niemals nie sagen (lacht).

Das Interview führte Heiko Weissinger.