Lilien vor Pokal-Hit: Die Rollen sind klar verteilt

aus SV Darmstadt 98

Thema folgen
Er weiß, wie es ist, mit den Lilien in Frankfurt zu gewinnen: Am 6. Dezember 2015 gewann der SV 98 mit 1:0 bei der Eintracht. Auf dem Platz stand damals auch der heutige Kapitän Fabian Holland (rechts, hier gegen Sandhausens Alexander Esswein).

Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht hat schon einige Derbys erlebt, daher weiß er: Der SV Darmstadt 98 hat gegen Eintracht Frankfurt eine große Verantwortung.

Anzeige

Darmstadt. Torsten Lieberknecht hat diese Frage erwartet. Natürlich hat er das. Denn der Trainer des Fußball-Zweitligisten SV Darmstadt 98 weiß, dass ganz Südhessen auf das Pokal-Achtelfinale an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ARD) hinfiebert. Wo er denn überall darauf angesprochen wird, wurde der 49-Jährige am Montag bei der Spieltagspressekonferenz gefragt. „Der Klassiker – in der Metzgerei, in der Bäckerei, auf dem Marktplatz, wenn man etwas essen geht“, lautete die Antwort. Soll heißen: überall eigentlich.

Das Hessenderby ist seit Tagen in aller Munde, und seit dem 4:0 am Freitagabend in der Liga ist es dies auch beim SV Darmstadt 98. Davor war diese Partie immer ein bisschen auf dem Index, zunächst sollte es nur um den Alltag Zweite Liga gehen. Diesen haben sie bisher erfolgreich absolviert, nach der Winterpause haben sie beide Spiele gewonnen und dabei kein Gegentor kassiert. Und vorne hat man sechs Mal eingenetzt. Man ist also gerüstet für das Duell mit dem großen Nachbarn.

Es ist keine Frage, wer haushoher Favorit und wer Underdog ist.

TL
Torsten Lieberknecht Lilien-Trainer

5100 Tickets sind binnen kürzester Zeit nach Darmstadt verkauft worden, es werden aber sicher ein paar mehr im Stadion sein, die es mit den Lilien halten. „Frankfurt hat eine Mannschaft, die in der Champions League vertreten ist. Da ist es keine Frage, wer haushoher Favorit und wer Underdog ist“, sagte Lieberknecht. „Wir sind ein Underdog, der versucht, ein Spiel abzuliefern, das einem solchen Derby gerecht wird.“ Das Derby elektrisiere „viele Menschen in Hessen und auch uns. Wir haben schon vor so einem großen Publikum gespielt, etwa in Hamburg oder auf Schalke. Wir sind gespannt. Wir wissen aus dem Fernsehen, wie die Stimmung dort ist – und jetzt sind wir live dabei.“

Anzeige

Nach sechs Jahren wieder mal ein Aufeinandertreffen

Die Freude, sich nach knapp sechs Jahren mal wieder mit dem Nachbarn messen zu können, ist bei allen groß. Und die Favoritenrolle ist nicht nur in Lieberknechts Augen klar vergeben. „Das ist kein gespieltes Kleingerede, es ist einfach so“, sagte der Trainer. Der auch aus seiner langen Zeit bei Eintracht Braunschweig weiß, dass ein Derby nach eigenen Regeln abläuft. Und im Pokal ist das ja bekanntermaßen auch so. „Wichtig ist immer, dass man die Sicherheit auf dem Platz hat, dass man weiß, in welchen Situationen man einen Anker braucht, um im Fokus zu bleiben.“ Sich nicht verrückt machen lassen, die Atmosphäre auch einfach mal genießen können – das ist dem Lilien-Trainer wichtig. „Wir alle lieben den Fußball, für so etwas spielen wir. Wir wollen Spaß entwickeln an diesem Spiel, wollen uns auch mal treiben lassen.“ Bei der Eintracht erwarte er Ähnliches, der Respekt ist groß. Trainer Oliver Glasner sei ein „Top-Trainer“, mit „Potenzial“-Trainer Martin Daxl tauscht sich Lieberknecht oft über viele unterschiedliche Themen aus. „Er ist immer ein guter Ratgeber für mich als Trainer.“ Man schätzt sich – die Themen dürften indes andere sein als dieses Derby.

Fehlen werden bei dem Pokal-Hit weiterhin Matthias Bader, Aaron Seydel, Klaus Gjasula und Patric Pfeiffer. „Matthias hat einen guten Heilungsverlauf“, sagte Lieberknecht über den Rechtsverteidiger, der eine Unterleibsoperation hinter sich hat. „Er kann nächste Woche schon wieder locker anfangen und erste Gehversuche machen.“ Bei Gjasula sieht es ähnlich aus, er trainierte zuletzt wieder individuell, „da sehen wir Licht am Ende des Tunnels“. Und bei Pfeiffer sei es gut möglich, dass es doch nicht sechs Wochen dauert, bis der Innenverteidiger nach seinem Muskelbündelriss im Oberschenkel wieder spielen kann. Gute Nachrichten sind das allesamt, wenn auch keine Hilfe für Dienstag. „Bei uns gibt es kein Jammern, kein Trübsal“, sagte der Trainer zu der Herausforderung, immer wieder einmal Spieler ersetzen zu müssen. „Alle Jungs bei uns wissen, dass sie mehr sind als nur ein kleiner Teil dieser Mannschaft. Jeder ist wichtig.“

Was genau die Lilien erwartet? Lieberknecht weiß es nicht. Doch das sei auf der anderen Seite sicher genauso. „Es wird auch spannend sein zu sehen, wie sich die Eintracht auf uns einstellt und wo sie Gefahren für sich sehen“, zeigte er sich gespannt. Wenn die Eintracht mal verloren habe, dann meistens gegen Gegner mit Viererkette – „das ist ein interessanter Hinweis“. Mehr aber auch nicht. Zumal die Frankfurter auf dem Feld anders positioniert seien als viele Zweitliga-Teams. „Ob uns das alles hilft, weiß ich nicht. Ich hoffe es aber“, sagt Lieberknecht schmunzelnd. Zumindest eines aber sei sicher: Ein einzelner Abwehrspieler könne einen Stürmer vom Format eines Randal Kolo Muani kaum ausschalten. „Das schaffen ja auch viele Abwehrspieler, die auf Weltklasse-Niveau spielen, nicht.“ Und mit Verlaub: Solche hat Darmstadt 98 nicht.

Anzeige

Wir wollen Spaß entwickeln an diesem Spiel, wollen uns auch mal treiben lassen.

TL
Torsten Lieberknecht Lilien-Trainer

Die Freude ist also groß, die Rollen sind verteilt. Das Derby wird sehnsüchtig erwartet, „und das ist auch gut so, darin liegt für uns eine große Verantwortung“, sagte der Lilien-Trainer. Um verschmitzt und lächelnd hinterherzuschieben: „Die wahre Eintracht kommt am Sonntag zu uns – die aus Braunschweig.“