Der hauptsächlich von Russen gegründete B-Ligist Sturm Darmstadt versteht sich als Verein, in dem Politik nichts zu suchen hat. Die Neutralität lässt sich schon im Namen erkennen.
DARMSTADT. Es war im Jahr 2012, als einige Fußballbegeisterte, die zuvor als "Hinterhof-Mannschaft" und "Hobby-Kicker" unterwegs gewesen waren, überlegten, wie sie ihren Verein denn nennen würden, den sie jetzt ganz offiziell gründen wollten. Hauptsächlich saßen damals Russen zusammen in Darmstadt, doch schnell war klar, dass dies sekundär sein sollte. Und so wurde der neue Verein als "Sturm Darmstadt" aus der Taufe gehoben. Nicht Dynamo, auch nicht Spartak - ganz bewusst neutral sollte der Name sein.
Darauf legen sie bis heute wert. "Das war und ist uns sehr wichtig", sagt Sergej Zimmermann, der Zweiter Vorsitzender des Vereins ist und der die erste Herrenmannschaft trainiert, die in der B-Liga Darmstadt beheimatet ist. "Wir sind ein friedlicher Verein, der gerne Spaß hat und bei dem nach einem Spiel auch mal ein Bier oder eine Cola mit dem Gegner zusammen getrunken wird."
Bekannte und Verwandte auch in der Ukraine
Man will sich auch deshalb eher ungern politisch positionieren in diesen Tagen, in denen in der Ukraine ein Krieg tobt, den Nachbar Russland vom Zaun gebrochen hat. Zimmerman selbst ist Russe, er hat aber auch viele Verwandte und Bekannte in der Ukraine. "Das liegt mit alles sehr am Herzen", sagt er, "ich muss mich da ein bisschen in Acht nehmen. Ich kenne Leute in der Nähe von Kiew, einige auf der Krim. Und auch in anderen Gebieten habe ich Bekannte."
Zimmermann hat persönlich eine ganz klare Meinung zu dem Konflikt, er deutet an, dass nicht alle Informationen richtig sein müssen, die in den Medien vermittelt werden. Das sagt er freilich als Privatmensch, als Vertreter von Sturm Darmstadt hält er sich zurück. Er verweist da lieber auf die verbindende Kraft des Fußballs, die er auch in Zukunft nicht in Gefahr sieht, "Wir sprechen überhaupt nicht über Politik, unser einziges Thema hier ist der Fußball", sagt er.
Der Verein ist mittlerweile eine Multi-Kulti-Truppe
Bei Sturmsind zudem beileibe nicht nur Russen dabei, der Verein ist fast schon eine Multi-Kulti-Truppe geworden. "Es gibt Russen, Ukrainer, Weißrussen, Kasachen, Marokkaner, Türken. Auch mehrere Deutsche sind bei uns am Start." Der Verein sei damals angetreten, wirklich alle aufzunehmen, man macht keine Unterschiede, sagt Zimmermann. Der für sich und den Club in Anspruch nimmt, alle Regeln zu achten. "Es gab bei uns auch schon Russen, die wieder gegangen sind", erinnert er sich. "Wir leben in Deutschland, deshalb müssen wir uns an alle Regeln halten und sie akzeptieren. Das ist auch unsere Politik hier im Verein."
Dass in der Ukraine Krieg herrscht, "das musste nicht sein", sagt Zimmermann. Viel mehr mag er zu dem Thema nicht sagen, auch, weil er nicht Sprecher einer wie auch immer gearteten russischen Bevölkerung in Darmstadt sein mag. "Wir hoffen, dass keine Kontakte von uns kaputt gehen dadurch", sagt er aber auch. Man wolle schließlich einfach nur Fußball spielen. Am Sonntag um 15.15 Uhr trifft man auf dem Gelände der DJK/SSG, wo der Verein trainiert und spielt, in einem Testspiel auf den Dieburger A-Ligisten FSV Groß-Zimmern, am Donnerstag drauf (3. März, 19.30 Uhr) steht das erste Punktspiel des Jahres bei der TSG Messel II an.
Danach gibt es sicherlich wieder ein Bier oder eine Cola mit dem jeweiligen Gegner - ganz gewiss aber auch Gespräche über die Krise in Ost-Europa. In aller Höflichkeit und ohne jeden Nationalismus - das zumindest hoffen sie allesamt bei Sturm Darmstadt.