Entsetzen nach Straßenschlachten bei Eintracht-Aus in Neapel

aus Eintracht Frankfurt

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In Neapel zogen Fans von Eintracht Frankfurt durch die Innenstadt und sorgten daraufhin für Ausschreitungen.
© Oliver Weiken/dpa

Die schweren Ausschreitungen vor der Champions-League-Partie in Süditalien sorgen europaweit für schockierte Reaktionen und rufen die Politik auf den Plan.

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Neapel. Am Tag danach erinnert noch ein ausgebranntes Polizeiauto an das, was sich am Vorabend in Neapel ereignete. „Guerillakrieg im Zentrum von Neapel“, schreibt die italienische Tageszeitung „La Stampa“. „Die Straßen von Neapel glichen am Mittwoch einem Kriegsgebiet“, meldet „The Guardian“ (Großbritannien) nicht weniger dramatisch. „Es sind Szenen, die kein echter Fußball-Fan sehen will!“, fasst die österreichische Kronen-Zeitung richtig zusammen. Und doch kam das, was sich in den Gassen von Neapel ereignete, nicht überraschend.

Lage eskaliert in der Innenstadt

Rund 500 Frankfurter Ultras und Hooligans waren am Mittwochabend rund um das Champions-League-Rückspiel zwischen SSC Neapel und Eintracht Frankfurt (3:0) mit der Polizei und neapolitanischen Ultras aneinandergeraten und hatten sich wüste Straßenschlachten geliefert. Die Frankfurter waren gemeinsam mit befreundeten Ultras aus Bergamo zuvor mit provozierenden Schlachtgesängen durch das Hafengebiet gezogen, ehe es in der Innenstadt zu Konfrontationen mit Anhängern der Gastgeber kam. Nach einer ersten Rekonstruktion italienischer Medien war die Lage am Nachmittag eskaliert, als rund 150 gewaltbereite Napoli-Anhänger an der zentralen Piazza del Gesù die Frankfurter angriffen. Die Polizei versuchte, die beiden Fanlager zu trennen und wurde selbst zur Zielscheibe.

Fliegende Mülltonnen, Tische und Stühle

Videos zeigen, wie gewaltbereite Frankfurter mit Stühlen, Tischen und Mülltonnen auf die Einsatzkräfte losgingen. Auch Pyrotechnik flog. Mindestens ein Polizeiauto wurde in Brand gesetzt, etliche Bars und Restaurants verwüstet. Die Polizei setzte Tränengas ein und war mit einem Hubschrauber im Einsatz. Auch nach dem Spiel und dem Frankfurter Ausscheiden kam es vor dem Hotel, in dem die Frankfurter Ultras abgestiegen waren, zu Ärger. SSC-Anhänger versuchten die Unterkunft, die nur wenige Meter vom Frankfurter Mannschaftshotel lag, anzugreifen, warfen Steine und Feuerwerkskörper. Die Polizei ging dazwischen und konnte auch mithilfe eines Wasserwerfers Schlimmeres verhindern.

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Am Donnerstagmorgen kehrte wieder Ruhe ein, nachdem die Ordnungshüter die Frankfurter Anhänger in Richtung Salerno und Rom eskortiert hatten, von wo sie die Heimreise antraten. Acht Ultras wurden vorerst festgenommen, wie Neapels Polizeichef Alessandro Giuliano auf einer Pressekonferenz sagte. Drei davon seien Deutsche, wie auch die Eintracht am Donnerstag bestätigte. Von Hunderten Fans wurden die Personalien aufgenommen.

Wir bedauern die Vorfälle außerordentlich, die sich hier ereignet haben. Diese Gewalt ist durch absolut Nichts zu rechtfertigen. Wir mögen sie vielleicht alle befürchtet haben, aber sie ist und bleibt nicht hinnehmbar.

Philipp Reschke Eintracht-Vorstandsmitglied

„Ich verurteile jegliche Form von Gewalt und Kriminalität. Egal, wo und wann das passiert auf der Welt. Deshalb heiße ich das nicht gut”, sagte Eintracht-Coach Oliver Glasner nach dem Spiel. Ausführlicher wurde Vorstandsmitglied Philipp Reschke. „Wir bedauern die Vorfälle außerordentlich, die sich hier ereignet haben. Diese Gewalt ist durch absolut nichts zu rechtfertigen. Wir mögen sie vielleicht alle befürchtet haben, aber sie ist und bleibt nicht hinnehmbar”, sagte der für Fan-Angelegenheiten zuständige Vorstand vor der Abreise der Mannschaft. 

Das twittern italienische Medien:

„Die Gewalt schadet dem Fußball, sie schadet Eintracht Frankfurt und sie schadet unseren Bemühungen, uns für die Rechte aller Fans, die hier gerne ein Fußballspiel ohne Repressionen und Erlasse im Stadion gesehen hätten, einzusetzen”, betonte Reschke. Er spielte damit auf das Ticketverbot für Eintracht-Fans an, das von der Präfektur Neapel erlassen worden war, um eben solche Szenen zu vermeiden. Mit dem Verbot habe man Tausende Anhänger verprellt und zur Eskalation beigetragen. „Alles war vorbereitet und organisiert, vom Fan-Meeting-Point, über die Transporte etc. Diese Ordnung wurde gegen Improvisation und Chaos eingetauscht”, sagte Reschke. „Das rechtfertigt nichts, aber es gehört mit zur Geschichte.“

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Auch Innenministerin und Botschafter melden sich zu Wort

Immerhin: zwischenzeitlich kursierende Netz-Gerüchte, wonach ein Frankfurter Anhänger bei den Zusammenstößen getötet wurde, entpuppten sich als Falschmeldungen. Es habe keine verletzten Fans oder Unbeteiligte gegeben, so Reschke. Zwei Einsatzkräfte wurden verletzt. Auch aus der Politik kamen Reaktionen auf die Ausschreitungen.

Diese Gewalt heute Abend ist aufs Schärfste zu verurteilen. Gewalttäter und Chaoten machen den Sport kaputt.

Nancy Faeser Innenministerin (SPD)

Innenministerin Nancy Faeser (SPD), selbst bekennende Eintracht-Anhängerin, twitterte: „Diese Gewalt heute Abend ist aufs Schärfste zu verurteilen. Gewalttäter und Chaoten machen den Sport kaputt.“

So twittert der deutsche Botschafter in Italien, Viktor Elbling:

Der deutsche Botschafter in Italien, Viktor Elbling äußerte sich: „Ich verurteile die gestrige Gewalt in Neapel aufs Schärfste. Die Angriffe auf die Polizei und der Vandalismus sind nicht zu rechtfertigen und haben nichts mit Sport zu tun, unabhängig von der Nationalität.“ Der Abend von Neapel, er dürfte noch nachhallen.