Marseille-Partie als erstes „Endspiel“ für die Eintracht

aus Eintracht Frankfurt

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Frankfurts Djibril Sow (r) schaut bei der Abschlusspressekonferenz vor dem Champions-League-Rückspiel gegen Olympique Marseille zu Eintracht-Trainer Oliver Glasner.

Um in der Champions League zu überwintern, muss Frankfurt gegen Marseille gewinnen. Nach den Ausschreitungen im Hinspiel appelliert der schwer verletzte Fan an die SGE-Anhänger.

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Frankfurt. Es ist eine spannende, aber auch eine kuriose Ausgangsposition. Das Heimspiel der Frankfurter Eintracht gegen Olympique Marseille (Mittwoch, 21 Uhr, live bei DAZN) ist erst das vorletzte Gruppenspiel der Champions-League (CL). Dennoch ist es schon eine Art „Endspiel“. Aber ohne, dass die Frankfurter danach genau wissen, wie es für sie weitergeht. Vom direkten Ausscheiden bis zum Weiterkommen in der CL oder der Teilnahme an der Europa-League ist für die Frankfurter alles drin. „Egal, wie die Ausgangslage auch ist, an unserer Herangehensweise ändert das sowieso nichts“, sagt Trainer Oliver Glasner. „Wir wollen gegen Marseille gewinnen“. Ein Sieg würde für den letzten Spieltag in jedem Fall alle Optionen offenhalten. Dass die Franzosen in nationalen Wettbewerben zuletzt dreimal in Folge verloren und die Frankfurter dreimal in Folge gewonnen haben, spiele überhaupt keine Rolle. „Es gibt keinen Grund zur Selbstzufriedenheit”, betonte der Frankfurter Trainer, „nur zu viel Selbstvertrauen.“

Glasner versucht bei aller positiven Anspannung Gelassenheit zu demonstrieren. Das Vertrauen in seine Spieler ist groß, er weiß, dass er sich auf die Mannschaft verlassen kann. Die wenigen personellen Entscheidungen, die anstehen, muss er treffen. Was sicher nicht ganz so einfach ist. Denn kann man zu viele gute Spieler haben? Und wie schwierig ist es bei der Qual der Wahl am Ende dann doch die richtige Wahl zu treffen? Das sind Fragen, die der Trainer der Eintracht seit einigen Wochen und auch jetzt wieder bei der Besetzung von Mittelfeld und Angriff beantworten muss. Glasner stehen in diesem Bereich mit Djibril Sow, Sebastian Rode, Mario Götze, Daichi Kamada, Jesper Lindström und Randal Kolo Muani sechs Spieler außergewöhnlicher Güte zur Verfügung. Im System der Eintracht aber haben in der Regel nur fünf Platz.

Sow und Kamada gelten als „Immerspieler“

Bei der Häufung der Spiele ist dies eigentlich kein Problem, doch vor einem vorentscheidenden Spiel dann doch. Denn keiner der Stars will bei einem solchen Spektakel nur auf der Bank sitzen. Wen also lässt Oliver Glasner draußen? Bei der offiziellen Pressekonferenz im Bauch der Arena hielt er sich am Dienstagmittag bedeckt. Er habe schon einen Plan, „aber den verrate ich nicht.“ Zuletzt hätten zwischen den Spielen in Tottenham und Leverkusen und danach Stuttgart und Mönchengladbach immer vier Tage gelegen, genügend Zeit also, um die Akkus aufzuladen. In der kommenden „englischen Woche“ aber, beginnend mit dem Spiel gegen Marseille, dann gegen Dortmund (Samstag) und in Lissabon (Dienstag), sei dies schwieriger.

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„Da muss ich schon genau hinschauen, wer wie frisch ist“, sagt er. Da Sow und Kamada als „Immerspieler“ gelten und die Stürmer Lindström und Muani sich in absoluter Topform befinden, wird er wohl zwischen Sebastian Rode und Mario Götze wählen. Rode hatte in Gladbach zunächst auf der Bank gesessen, Götze in den Spielen gegen Tottenham. Keine Tendenz also. Die Entscheidung falle ihm „nicht schwer“, wisse er doch, dass er im Laufe der Begegnung sowieso alle brauchen wird. „Am Ende stehen doch meist vier, fünf andere Spieler auf dem Platz als am Anfang“, sagt Glasner. Eine Art Job-Sharing also.

Je weiter es auf dem Platz nach vorne geht, desto mehr Alternativen bieten sich dem Eintracht-Coach. Ganz hinten aber sind diese rar gesät. Makoto Hasebe ist verletzt, Tuta ist gesperrt, Almamy Touré nicht gemeldet. Bleiben für die Dreierkette genau noch drei Spieler: Kristijan Jakic, Hrvoje Smolcic und Evan Ndicka. Dem Neuling Smolcic hat Glasner eine Einsatzgarantie gegeben. „Er wird spielen“, hat er gesagt. Auf welcher Position aber nicht. Durchaus möglich, das Smolcic in der Zentrale spielt und Jakic nach rechts rutscht.

Verletzter Eintracht-Fan : „Wir haben keine Rachegelüste“ 

Alles andere, was rund um das Hinspiel passiert ist und diesmal passieren könnte, wollen die Beteiligten so weit es geht ausblenden. „Beim Hinspiel war es für uns alle ein Schock, das hatte nichts mit Fußball zu tun, da waren Kriminelle auf beiden Seiten am Werk“, sagte Mittelfeldspieler Djibril Sow, „aber das ist keine Extra-Motivation, wir denken nur an den Sport.“ Knapp 48 000 der rund 50 000 Zuschauer werden hinter der Eintracht stehen. Aus Frankreich werden zwischen 1 500 und 1800 Anhänger erwartet, „darunter sicher auch Problemfans“, wie Eintracht-Vorstand Philipp Reschke fürchtet. Der Klub, die Ordnungskräfte und die Polizei glauben sich darauf gut vorbereitet. Der Ordnungsdienst wurde von 700 bei Bundesligaspielen auf 1300 erhöht. Die Polizei wird ein besonderes Augenmerk auf die Kontrollen an den Eingängen legen. Eine Sondereinheit der französischen und deutschen Polizei wird schon auf den Anfahrtswegen ein Auge auf die Olympique-Fans haben. Zudem haben die Frankfurter auf allen möglichen Kanälen versucht auf ihre Fanszene beruhigend einzuwirken, um keine Rachegelüste aufkommen zu lassen. 

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Michael Brehl, der beim Hinspiel von einer Leuchtrakete schwer verletzte Fan der Eintracht, ist seit Dienstag nach sechs Wochen in verschiedenen Krankenhäusern wieder zu Hause. „Eintracht Frankfurt hat eine Haltung: Wir verzeihen, wir sind tolerant, wir haben keine Rachegelüste”, sagte er, „wir sind ein bunter Haufen, der friedlich ist und eine weitere europäische magische Nacht im Stadion erleben möchte. Wir lassen uns nicht provozieren und zeigen unser bestes Gesicht! Denn wir sind nicht Marseille”. Vorstand Reschke beeindruckt: „Dem gibt es nichts hinzuzufügen.“