Den Rückstand weggesteckt und am Schluss drei Punkte geholt: Der 1. FSV Mainz 05 holt am Abend den Sieg gegen den FC Köln.
MAINZ. Ein ohrenbetäubender Jubelschrei. Ein „Endlich!“ auf den Lippen der Mainzer unter den 31.999 Zuschauern in der fast ausverkauften Opel Arena. Diesen befreienden Moment hat Fußball-Bundesligist Mainz 05 in etwas unruhigen Zeiten unbedingt gebraucht. Das 3:1 (1:1) gegen den 1. FC Köln, übrigens der 100. Bundesliga-Heimsieg in der 05-Historie, war die perfekte Reaktion auf jüngste Stimmungen und Schwingungen. Ganz nach dem Geschmack von 05-Coach Sandro Schwarz, der im Vorfeld die emotionale Steilvorlage gegeben hatte.
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Allerdings: Der großen Kampfrede folgte zunächst die große Verkrampfung. Eine Viertelstunde der Verunsicherung. Die Anspannung in den Mainzer Reihen war so groß wie die Abstände zu den Kölner Spielern. Die wirkten anfangs griffiger, ließen die Kugel laufen und die 05er hinterherlaufen. Folge: das frühe 0:1. Wurde Kainz‘ Knaller in der vierten Minute wegen einer Abseitsposition abgepfiffen, so nutzte Torjäger Simon Terodde den freundlichen Sicherheitsabstand von 05-Verteidiger Moussa Niakhaté in Minute 14. Eine Drehung, ein Schuss, das 0:1. Und die Frage: Geht das Schlamassel nun wieder los?
Klare Antwort: Nein. Eines mit vielen Ausrufezeichen. Der Gegentreffer weckte die verkrampften Geister. Nach diesem Hallo-wach drehten plötzlich die 05er auf. Allen voran der überragende Jean-Paul Boetius, der sich mit jeder gelungenen Aktion steigerte – und seine Kollegen mit auf diese Reise nahm. „Die Mannschaft ist hervorragend zurückgekommen“, lobte 05-Sportvorstand Rouven Schröder die großartige Reaktion. „Die Mannschaft wirft spielerisch, kämpferisch alles in die Waagschale, ist seit dem Gegentreffer voll drin in diesem guten und unterhaltsamen Spiel.“
Halbes Dutzend Torschüsse
Die 05er übernahmen die Kontrolle, die Zweikampf-Hoheit (54 Prozent gewonnen) – und sie erspielten sich ein halbes Dutzend Torschüsse. Boetius‘ abgefälschten Schuss parierte FC-Keeper Timo Horn gerade so (15.). Levin Öztunalis Versuch schrammte knapp am Tor vorbei (19.). Zwei Minuten später die kollektive Befreiung: Der sehr engagierte Adam Szalai (wieder in der Startelf für Taiwo Awoniyi) spitzelte den Ball genau in Boetius‘ Lauf. Der Feingeist tanzte den Kölner Sebastian Bornauw auf dem Bierdeckel aus und überwand Horn. Boetius bejubelte seinen zweiten Saisontreffer mit 05-Coach Sandro Schwarz. Dessen Hoffnung, dass seine Jungs schnell nachlegen, erfüllte sich zwar nicht. Aber die Mainzer drückten nun dem Spiel ihren Stempel auf. „Und nun wird es wichtig sein, dass wir, wenn wir auf die eigene Kurve spielen, den Sieg nach Hause fahren“, sagte Schröder in der Pause. Der 05-Sportvorstand hatte gerade in dieser Woche allen Kritikern (und davon gibt es momentan nicht wenige) in Erinnerung gerufen, dass der FSV in der Vorsaison nach neun Spielen neun Punkte auf dem Konto hatte. Und die Zähler sieben bis neun sollten nun im zweiten Durchgang eingetütet werden.
Kein Selbstläufer trotz des Schwungs. 31.999 Zuschauer in der fast ausverkauften Arena sahen erst die große Flugshow des wieder einmal herausragenden 05-Keepers Robin Zentner (zweimal bärenstark gegen Louis Schaub, 49./52.), ehe Robin Quaison den Ball auf eine wunderschöne Reise schickte. 30 Meter, einfach mal abgezogen, und das Ding schlug im rechten Torwinkel ein (57.). Ein Traumtor, dieser vierte Saisontreffer des Schweden. Auf der anderen Seite ließ Traumhüter Zentner die Kölner verzweifeln. Genauso wie Schiedsrichter Frank Willenborg, der sich bei Niakhatés Handspiel nicht vom Videoschiedsrichter überzeugen ließ, den Kölner einen Elfmeter zu geben.
Durchatmen bei den Hausherren, die sich nicht über den Strafstoß hätten beklagen können. Die Auslegung der Handspielregel bleibt eines der größten Rätsel der Fußball-Bundesliga. Dieses Mal hatten eben die Rheinhessen das „Glück“ auf ihrer Seite. Und endlich auch die Präzision im Abschluss, die in der 82. Minute die umjubelte Entscheidung brachte, als Levin Öztunali einen Konter ins kurze (rechte) Eck platzierte. Das 3:1, der dritte Saisonsieg. Und die Punkte sieben bis neun. Genau so viele wie in der Vorsaison.