In der vierten Minute der Nachspielzeit gelingt dem FSV Mainz 05 der 1:1-Ausgleich gegen Hertha BSC Berlin. Der eingewechselte Anthony Caci trifft im Strafraum-Wirrwarr.
MAINZ. So oder so ähnlich muss sich Sandro Schwarz seine emotionale Rückkehr in sein früheres Wohnzimmer vorgestellt haben. Zumindest bis zur Nachspielzeit. Bei seinem ersten Besuch in der Mainzer Arena nach 1042 Tagen hatte er als Cheftrainer von Hertha BSC die drei Punkte fast schon im Gepäck, während sich das Wiedersehen mit dem Ex-Coach für Mainz 05 alles andere als vergnüglich gestaltete. Weil die Rheinhessen erneut in einem Heimspiel spielerisch weit unter den Erwartungen geblieben waren, weil sie im Grunde kein Mittel gegen das Berliner Bollwerk fanden. Alles basierte auf Zufall – und so auch in der Nachspielzeit, als auch 05-Keeper Robin Zentner mit nach vorne eilte und mit dem Mute der Verzweiflung den Ausgleich erzwingen wollte. Und als alle bereits mit der nächsten Heimniederlage rechneten, erwischte der eingewechselte Franzose Anthony Caci im Strafraum-Wirrwarr den Ball volley und beförderte ihn in die Maschen – zum späten 1:1.
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Für Sandro Schwarz war es „ein besonderes Gefühl, wieder viele alte bekannte Gesichter zu sehen. Nichtsdestotrotz geht es jetzt darum, sich auf unsere Aufgabe zu fokussieren“, sagte der ehemalige 05-Coach vor dem Spiel. Während seine Strategie im ersten, chancenarmen Durchgang weitestgehend aufging, liefen die Mainzer gegen kompakte Berliner recht plan- und orientierungslos über den Platz. Ohne zündende Idee. Ohne klare Linie. Ohne Offensive. Nach wenigen Stationen blieben die 05er meistens hängen, kamen nicht einmal erwähnenswert in den gegnerischen Strafraum – ein Sinnbild für den harmlosen Offensiv-Auftritt, der so gar nichts mit den mitreißenden Heimspielen der Vorsaison zu tun hatte, war der verzogene Fernandes-Fernschuss, der an der Eckfahne landete (45.+2).
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Die Hertha hingegen spielte nicht die Sterne vom Himmel, hatte aber eine klare Strukur – und nutzte die Lücken. Und sofort die Möglichkeit zur Führung, als der agile Chidera Ejuke auf der linken Seite nicht konsequent von 05-Kapitän Silvan Widmer attackiert wurde und maßgeschneidert auf Lucas Tousart flankte. 05er Jae-sung Lee hatte den Berliner aus den Augen verloren, Tousart nickte aus acht Metern zum 0:1 ein (30.). Unzufrieden, das waren die 05er mit sich selbst, die immer wieder mit langen, meistens unpräzisen Bällen operierten, die die Hertha-Hünen dankend und problemlos wegverteidigten. Und sie haderten mit Referee Frank Willenborg, als er Kempfs Einsteigen gegen Karim Onisiwo als nicht elfmeterreif einstufte (38.). Nur gut, dass 05-Keeper Robin Zentner bei Ejukes 16-Meter-Schuss abtauchte, sonst wären die Mainzer nicht nur mit einem Pfeifkonzert, sondern auch mit einem 0:2 in die Kabine gegangen.
Viele Zufälligkeiten, unzählige Unterbrechungen
Die 05er wussten, dass sie nach dem Seitenwechsel mehr investieren, dass sie mit den frischen Kräften Marlon Mustapha, Anthony Caci und Danny da Costa drei Gänge hochschalten und eine klare Linie finden mussten, um das Berliner Bollwerk zu knacken. Auch wenn die Mainzer den Druck erhöhten, wirkte das ganze Bemühen, den Ausgleich zu erzwingen, doch etwas wild. Viele Zufälligkeiten, viele Zweikämpfe, unzählige Unterbrechungen durch Fouls, unkontrollierter Wildwestfußball – und keine zwingenden Torchancen, weil bei den überhasteten Anläufen die Präzision fehlte. Mal zu lang, mal zu kurz, mal zu spät. So flogen die Bälle kreuz und quer. Bis sich am Ende alle Spieler im Hertha-Strafraum versammelten. Auch 05-Schlussmann Robin Zentner war mit nach vorne gegangen und mischte im Strafraumgewühl mit, bevor der Ball über irgendwelche Irrwege bei Anthony Caci landete. Der Franzose nahm den Ball volley – und traf in der letzten Sekunde zum Ausgleich. Und das Ende hatte sich Sandro Schwarz ganz sicher ganz anders gewünscht.
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