In Leverkusen hat Eintracht Frankfurt 0:4 verloren - und damit einen Trend erneut bestätigt: Die Hessen sind die schwächste Auswärtsmannschaft der Liga. Die Mängelliste ist lang.
FRANKFURT. Die Frankfurter Eintracht ist abgeschlagen Letzter – in der Auswärtstabelle der Bundesliga. Kümmerliche sieben Punkte haben die Frankfurter aus zwölf Spielen in der Fremde geholt, weniger als Paderborn, weniger als Bremen, weniger als Augsburg. Auch in der wirklichen Tabelle geht es Schritt für Schritt nach unten, die gefährdete Zone rückt näher und näher. Jetzt geht es gegen die beiden Spitzenmannschaften aus Mönchengladbach und München.
Zuletzt gab es in der Liga drei Niederlagen in Folge mit 1:10 Toren. Nach dem 0:4 (0:2) bei Bayer Leverkusen schrillen die Alarmglocken wieder genauso laut wie vor der Winterpause, als die Frankfurter sieben Spiele in Folge nicht gewinnen konnten. Das „Abstiegsgespenst“, nach einem kleinen Zwischenhoch zu Beginn des Jahres von Sportvorstand Fredi Bobic quasi noch als „lächerliche“ Erfindung der Medien ausgemacht, hat sich zurückgemeldet. Diese Gewissheit zumindest haben die Hessen aus Leverkusen mitgenommen. „Ich habe immer gewarnt, wir sind in einem sehr gefährlichen Bereich“, sagte Trainer Adi Hütter. „In der Liga geht es nur noch um den Klassenerhalt“, sagte Abwehrspieler Martin Hinteregger.
Denn nicht nur die Statistik weist die Eintracht als schwächste Auswärtsmannschaft aus, die Leistungen entsprechen genau dieser Einstufung. „Einfach fürchterlich“, gibt der Trainer zu, „Wir sind einfach nicht auf der Höhe.“ Die Mängelliste ist lang, der Trainer schonungslos: „Keine Durchschlagskraft nach vorne, zu wenig Kompaktheit hinten, unsauberes Passspiel, kein entschlossenes und gemeinsames Verteidigen“. Er sei „sauer“, räumte der österreichische Fußball-Lehrer ein, „weil wir nicht gespielt haben, was wir spielen wollten“. Gravierend, dass die Eintracht nicht nur spielerisch unterlegen war, das war zu erwarten, sondern auch kämpferisch. „Sie waren sogar in den Zweikämpfen bissiger und dynamischer als wir“, sagte Hütter. Da dies aber auswärts in wenig schöner Regelmäßigkeit so vorkommt, müssen sich alle Beteiligten fragen, der Trainer zuvorderst, an was das liegt. An der Einstellung der Spieler auf fremden Plätzen? An der taktischen Einstellung durch den Trainer? Oder schlicht an der fehlenden Klasse, was ein klarer Hinweis darauf wäre, dass die Mannschaft in den letzten beiden Transferperioden, Sommer wie Winter, nicht wirklich klug verstärkt oder wenigstens ergänzt wurde.
Die Hinweise auf die Erfolge in den beiden Pokalwettbewerben mochte Hütter nach dem abermaligen Debakel nicht mehr hören. „Europacup und Pokal alles super, alles toll, ja, aber das tägliche Brot ist die Meisterschaft“, sagte er mächtig angefressen. Alle Beschreibungen der Misere hatten im Grunde einen Inhalt: Dem Team fehlt es in Teilen an Qualität, dies immer mit purer Leidenschaft zu kaschieren, wie in den Pokalspielen, ist einfach nicht möglich.
Es fehlt an Klasse, hinten vor allem auf den Außenverteidigerpositionen, im Mittelfeld bei der Spielentwicklung, vorne bei der Durchschlagskraft, zudem ziehen sich Tempodefizite durchs gesamte Team. Geradezu peinlich waren die Auftritte der beiden jungen Verteidiger Almamy Touré und Evan Ndicka, die freilich von ihrer ganzen Spielart auch keine Außenverteidiger sind und Rollen ausfüllen sollen und müssen, die ihrem Spielstil nicht entsprechen. „Irrsinnig leicht“ sei das erste Gegentor zu verteidigen gewesen, schimpfte Hütter an die Adresse von Touré. „Den Passweg kann man zumachen, den Ball hätte man stoppen können“, wurde er fast schon sarkastisch. Auch bei den anderen Gegentreffern wurde es den Leverkusenern leicht gemacht. Kurios in diesem Zusammenhang die Einschätzung von Martin Hinteregger. Sein Team habe „sehr gut verteidigt“ nach dem 0:2, sagte er, „optisch waren sie überlegen, aber ich hatte nie das Gefühl, dass sie richtig gefährlich werden können oder ein Tor schießen. Umso bitterer, dass wir 0:4 verloren haben.“ Da war der tapfere Österreicher auch in der Einschätzung nicht ganz auf der Höhe. Aber das ist eines der kleineren Probleme.
Größere gibt es im Mittelfeld. Da rackerte Sebastian Rode, um den einen oder anderen Ball zu ergattern. Wenn er ihn dann mal hatte, ging es nicht weiter. Kein Zusammenspiel, keine Lösungen, keine Wucht, einfach nichts. Die beiden Japaner Makoto Hasebe und Daichi Kamada haben neben sich gestanden. Dominik Kohr fehlt die Klasse für eine Spieleröffnung. „Letztes Jahr waren wir besser, weil wir nach vorne hin immer wieder Entlastung gehabt haben“, sagte der Trainer. Da haben aber auch noch Ante Rebic, Sébastian Haller und Luka Jovic für die Eintracht gespielt. Keiner wurde adäquat ersetzt. Immerhin, André Silva arbeitet in diesen Wochen wie ein Wilder, auch wieder in Leverkusen. Aber er stand diesmal auf verlorenem Posten, hatte sich Kollege Filip Kostic doch mal eine Auszeit genommen. „Wenn Filip kein guten Tag hat, wird es schwierig“, sagte Hütter, „und wenn Schlüsselspieler ausfallen wie Dost, dann wird es noch schwieriger.“ Freilich, das dem gesamten Team fehlende Tempo würde Bas Dost ganz sicher nicht einbringen können.
Der Hinweis auf Kostic ist zutreffend, ist der serbische Flügelspieler doch neben Torwart Kevin Trapp der einzige im Team, der den Unterschied ausmachen kann. Der ganz große Haken: Kostic wird die Eintracht wohl im kommenden Sommer für viel Geld verlassen, was für die kommenden Spielzeit nichts viel Gutes verheißt. Ganz abgesehen davon, dass Kostic auch in den nächsten Pokalspielen fehlen wird. Für vier Spiele wurde er vom DFB-Sportgericht nach seiner roten Karte gegen Bremen gesperrt. „Ein Frechheit“, sagte Sportchef Bobic zur Höhe der Strafe. Die Eintracht hat Einspruch gegen das Urteil eingelegt.
Von Peppi Schmitt