90 Minuten SV Darmstadt 98: Dokumentation, kein Werbefilm

aus SV Darmstadt 98

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Bester Laune: Auch Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht kommt in der Dokumentation ausführlich zu Wort.
© Guido Schiek

Der SV Darmstadt 98 blickt unter dem Titel „Uffstiesch – Der Schlüssel zum Erfolg“ auf den Erfolg zurück. Das tut er auf eine Art und Weise, die ganz neue Einblicke bietet.

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Darmstadt. Der Film „Uffstiesch – Der Schlüssel zum Erfolg“ zeigt ein Jahr im Leben des SV Darmstadt 98 – von Paderborn am letzten Spieltag 2021/22 (Nichtaufstieg) bis Magdeburg beziehungsweise Fürth (Aufstieg) am Ende der Saison 2022/23. Am vergangenen Freitag hat die Medienabteilung des SV 98 den 90 Minuten langen Film auf Youtube eingestellt, wo er ab sofort kostenlos zu sehen ist. Komplett unkommerziell ist dort ab sofort ein Stück Zeitgeschichte jederzeit abrufbar. Jan Bergholz ist seit 2017 Leiter Medien und PR beim SV 98 – und freut sich, dass der Film ankommt.

Herr Bergholz, wann und warum entstand die Idee, diese Zeit filmisch zu verewigen?

Die ersten Gedanken dazu entstanden in der Winterpause, als wir uns dank einer starken Hinrunde eine sehr gute Ausgangsposition im Aufstiegsrennen erarbeitet hatten. Wir hatten uns medial zum Ziel gesetzt, generell die Rückrunde und speziell die Mannschaft noch enger begleiten zu wollen.

Wie ist das geschehen?

Wir haben fortan sämtliche Auswärtsspiele mit unserem Videoteam besetzt und zum Beispiel auch erstmals Interviews nach Spielende für unser Klub-TV geführt. Dabei wollten wir aber keine sportlichen Abläufe stören oder den Spielern das Gefühl geben, dass wir sie auf Schritt und Tritt mit der Kamera verfolgen.

Wichtige Protagonisten wie Fabian Holland, Tobias Kempe und Marcel Schuhen kommen ausführlich zu Wort. Warum fiel die Wahl auf sie, und wie sehr hat es diese drei emotional noch einmal berührt?

Kapitän Fabian Holland sowie Tobias Kempe und Marcel Schuhen als Vizekapitäne sowie Teil des Mannschaftsrats waren für uns relativ schnell logische Gesprächspartner. Ich hatte in den Interviews zuweilen das Gefühl, dass es für manche der Akteure sogar ein Stück weit hilfreich war, das Erlebte mit ihren Antworten zu verarbeiten.

Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, so wenig offizielles Material wie möglich von der DFL zu verwenden.

JB
Jan Bergholt Leiter PR und Medien

Andere Spieler hätten sicher auch viel zu sagen gehabt.

Am liebsten hätten wir jeden Einzelnen aus der Mannschaft zu Wort kommen lassen, allerdings muss man sich inhaltlich natürlich begrenzen, sodass wir einen Querschnitt mit Akteuren bilden wollten, die stellvertretend die Mannschaft repräsentieren. Ähnlich mussten wir es auch bereits vor einigen Monaten bei unserer Dokumentation über die Insolvenzzeit 2008 handhaben, in der natürlich noch viel mehr Menschen es verdient gehabt hätten, zu Wort zu kommen.

Christoph Zimmermanns Worte sind fast die eindringlichsten. Es gibt Szenen, in denen er und Schuhen sich anbrüllen nach einer guten Aktion. Ist das der Geist, den Sie auch zeigen wollten?

Unser Film soll in erster Linie einen sportlich bedeutenden Part unserer Vereinsgeschichte bildlich festhalten und für die Nachwelt erlebbar machen. Aber klar, gerade im Hinblick auf die herausfordernde Bundesliga-Spielzeit belegt die Dokumentation auch noch einmal, was eine Mannschaft erreichen kann, wenn sie als Einheit auftritt und jeder für den anderen einsteht.

Auch Phillip Tietz kommt ausführlich zu Wort, obwohl er nicht mehr da ist. Gab es mal den Gedanken, dass er dies nicht tun sollte?

Die Interviews hatten wir kurz nach dem Saisonende abgedreht, für uns stand aber außer Frage, dass wir Phillip Tietz auch nach seinem feststehenden Wechsel zu Wort kommen lassen wollen. Er war Part dieser besonderen Mannschaft, und sein Tor gegen Magdeburg war natürlich auch sehr entscheidend für den Aufstieg an dem Tag.

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Selfie vom Co-Trainer: Ovid Hajou schießt ein Foto von Trainer Torsten Lieberknecht mit einem Lilien-Fan.
Selfie vom Co-Trainer: Ovid Hajou schießt ein Foto von Trainer Torsten Lieberknecht mit einem Lilien-Fan.
© Guido Schiek

Es ist oft die Rede von Schlüsselspielen – in Regensburg, gegen Kaiserslautern, in Bielefeld. Letztere Partie führte zu Debatten zwischen den Spielern – es ist auch die Szene in dem Film, in der klar wird, dass es hätte schiefgehen können. War es schwer, das zu schildern, weil es ja um „Intimes“ aus der Kabine ging?

Eine Saison verläuft nicht immer nur steil nach oben, sondern unterliegt immer auch Höhen und Tiefen. Uns war es wichtig, auch die schwierigen Momente zu thematisieren, schließlich wollten wir eine Dokumentation und keinen Werbefilm produzieren.

Wie nah konnten Sie rangehen?

Am Ende können wir immer nur so nah ranzoomen, wie es unsere Gesprächspartner erlauben. Alle interviewten Beteiligten haben mit ihren offenen und detaillierten Einblicken einen großen Anteil daran, dass Szenen und Momente in der Doku für die Zuschauer so greifbar sind.

Viele Szenen aus den Spielen sind aus dem Fanblock oder vom Spielfeldrand gefilmt und vom Fanradio kommentiert. Gab es kein „offizielles“ Material, oder war das eine bewusste Entscheidung?

Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, so wenig offizielles Material wie möglich von der DFL zu verwenden, sondern stattdessen auf eigenes Material zurückzugreifen. Dies erlaubt unserer Meinung nach einen intimeren und oftmals für die Fans unbekannten Blick. Unser Fanradio schafft es zudem, besondere Momente aus Lilien-Sicht noch emotionaler zu transportieren als ein Sky-Kommentator, der natürlich auch zur Neutralität gezwungen ist.

Sie veröffentlichen auf Youtube, andere wie Eintracht Frankfurt produzierten für das Kino oder ließen Einblicke in die Kabine zu wie Werder Bremen beim Bezahlfernsehen. Gab es etwas, was Sie gerne noch näher begleitet hätten, aber nicht konnten oder durften?

Aus filmischer und inhaltlicher Sicht wäre es natürlich spannend gewesen, bei Halbzeitansprachen oder Teambesprechungen dabei zu sein. Allerdings hätte die Anwesenheit einer Kamera womöglich Einfluss auf das Verhalten gehabt, Spieler abgelenkt oder die Konzentration beeinträchtigt. Das wollten wir natürlich vermeiden.