Herz, Empathie, Emotion: Alle lieben die Eintracht
Es läuft für die Eintracht: Der Sieg gegen den FC Bayern ist nur ein Kapitel der aktuellen Erfolgsgeschichte. Und Amin Younes steht vor der Rückkehr in die Nationalmannschaft.
Von Peppi Schmitt
Amin Younes, der hier ein Tor gegen den FC Bayern feiert, hat Chancen, als Spieler für die Nationalmannschaft nominiert zu werden.
(Foto: Jan Hübner)
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FRANKFURT - Die Fußball-Welt, zumindest die in Deutschland, spricht von der Frankfurter Eintracht. Das Fachmagazin „kicker“ zeigt auf dem Titelblatt, das normalerweise Münchnern oder Dortmundern vorbehalten ist, jubelnde Frankfurter mit dem Titel: „Magische Eintracht“. Die Bild-Zeitung fragt mit einem Augenzwinkern ganz frech: „Herr Hütter, kann Eintracht sogar Meister werden?“ Und Radio FFH hat die musikalische Fußballhymne der Champions-League mal kurz umgedichtet: „Mir Hesse sind die beste, die beste wo‘s gibt, mir Hesse.“ Da hat sich eine Mannschaft mit elf Spielen in Folge ohne Niederlage nicht nur auf Platz vier der Liga gespielt, sondern spätestens mit dem 2:1 gegen den FC Bayern München vom letzten Samstag auch in die Herzen der Fans.
Vor fünf Jahren noch gezittert
Damit geht die unglaubliche Entwicklung dieses Vereins weiter. Es ist erst fünf Jahre her, da musste die Eintracht noch um den Klassenerhalt zittern, bevor ein Höhenflug einsetzte, der trotz zwischenzeitlicher und kurzfristiger Stagnationen nur noch nach oben geht. Nach dem Pokalsieg 2018 mit den Protagonisten Lukas Hradecky, Kevin-Prince Boateng und Trainer Niko Kovac, den Europacup-Erfolgen 2019 mit der „Büffelherde“ um die Topstürmer Ante Rebic, Sébastien Haller und Luka Jovic, ist die aktuelle Mannschaft von Trainer Adi Hütter schon die dritte Ausgabe des Frankfurter Bestsellers. In dieser Saison könnte sich die Eintracht, der Vorstand, die Spieler, der Trainer, selbst krönen, wenn sie tatsächlich die Champions-League erreicht. Selbst die Teilnahme an der Europa-League wäre ein Riesenerfolg und würde den nächsten Schritt in der Fortentwicklung bedeuten.
Die Ausgangslage der Eintracht hat sich seit 2016 grundsätzlich verändert. Aus einem „Wackelkandidaten“ mit gelegentlichem Hang zu Skandalen ist ein stabiler sportlicher Vertreter des Profigeschäftes geworden, ohne dabei Herz, Empathie und Emotion zu verlieren. Was der Klub mit politischen Überzeugungen wie dem kompromisslosen Eintreten des Präsidenten Peter Fischer gegen rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft und seiner Positionierung gegenüber der AfD genauso deutlich gemacht hat, wie mit der Aktion zugunsten der Hanauer Terroropfer am letzten Spieltag.
Wirtschaftlich gehören die Frankfurter schon seit fast einem Jahrzehnt und dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen zu den Vorbildern. „Der sportliche Höhenflug der vergangenen Jahre und die damit einhergegangene Professionalisierung vieler Bereiche wie etwa Vermarktung oder Kommunikation haben dazu geführt, dass die Eintracht in der Öffentlichkeit ganz anders wahrgenommen wird“, fasste dieser Tage Finanzvorstand Oliver Frankenbach zusammen. Trotz Corona und Einbußen im hohen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich wird die Eintracht auch finanziell halbwegs vernünftig durch die Pandemie-Krise kommen. „Ich hatte auch nie Bedenken, dass wir diese Saison finanziell überstehen“, sagt Frankenbach.
Sportlich können sich die Frankfurter womöglich bald auf einen weiteren Nationalspieler freuen. Kevin Trapp gehört schon seit Jahren zum engeren Kreis der Eliteauswahl, nun könnte Amin Younes folgen. Bundestrainer Joachim Löw hat den Frankfurter Mittelfeldspieler bei dessen Gala gegen die Bayern live im Stadion gesehen. „Younes hat ein sehr gutes Spiel gemacht, er findet allmählich wieder seinen Rhythmus", lobte Löw, „seine Technik und Orientierung auf dem Platz sind großartig. Er ist ein Spieler, der Eins-gegen-Eins-Situation bestens auflöst." 2017 hat Younes schon fünf Länderspiele für Deutschland bestritten, nun winkt eine neue Nominierung.
Die Kollegen sind jedenfalls überzeugt, dass Younes nicht nur der Eintracht helfen kann, sondern auch der Nationalmannschaft. „Amin war gegen Bayern der Gamechanger“, sagte Kevin Trapp, „gegen eine solche Mannschaft so aufzutreten, ist beeindruckend.“
Mittelfeldspieler Sebastian Rode glaubt, „dass an Amin in dieser Form kein Weg vorbeigeht.“ Die letzten Feldspieler der Eintracht, die mit dem Bundesadler auf der Brust gespielt haben, waren 2014 Sebastian Jung und 1999 Horst Heldt. Lang ist’s her.