DARMSTADT - Eine "Herzensangelegenheit" ist der SV Darmstadt 98 nicht nur für viele Fans, sie ist es auch für Felix Platte. Der Stürmer hat am Samstag einen Vierjahresvertrag bei dem Fußball-Zweitligisten unterschrieben, und so richtig überrascht hat nur noch die lange Laufzeit des Kontrakts. "Ich habe darüber lange überlegt, auch mit meiner Familie zusammen", sagte der 21-Jährige am Dienstag nach seiner ersten Trainingseinheit mit den alten und neuen Kollegen. "Aber warum soll ich gleich wieder woanders hingehen? Dann kann ich auch gleich länger in Darmstadt bleiben."
Schalke und Platte - das hat nicht gepasst
Zumal sich Platte dort so richtig wohlfühlt - er kennt Verein und Stadt schließlich schon. Schließlich war er eineinhalb Jahre vom FC Schalke 04 nach Darmstadt ausgeliehen, und im Sommer war schnell klar geworden, dass Platte und Schalke nicht mehr zueinander finden würden. "Das kommt im Fußball immer mal wieder vor, dass man nicht im Kader ist oder dass man nicht mittrainieren darf", erläutert Platte, was ihm in Schalke widerfahren war. "Dann ist man geknickt. Aber jetzt bin ich hier und will alles dafür geben, dass so etwas nicht mehr passiert."
Platte ist aktuell der fünfte Stürmer im Kader, doch es gilt als sicher, dass der eine oder andere Offensivspieler den Verein noch vor Donnerstagabend verlassen wird. Als Kandidaten werden vor allem Roman Bezjak, der am Dienstag im Training fehlte, weil seine Frau hochschwanger ist, und Terrence Boyd genannt. Außerdem haben die Lilien noch den Australier Jamie Maclaren und den Polen Artur Sobiech für die Spitze. Platte, der davon ausgeht, am Samstag im Testspiel bei Viktoria Aschaffenburg (Anstoß um 14 Uhr) ein paar Minuten spielen zu dürfen, freut sich auf die Duelle. "In jedem Verein gibt es Konkurrenzkampf, hier sind es vielleicht zwei oder drei Mann mehr als anderswo. Aber Konkurrenz ist gut, man kann sich gegenseitig pushen, und das drückt die Leistung nach oben."
AUF DEM "MOPPED"
In Zukunft dürfte es nach den Trainingseinheiten deutlich lauter werden, wenn die Spieler das Gelände verlassen: Felix Platte ist großer Motorrad-Fan - und fährt stets mit dem "Mopped", wie er es nennt, vor. "Sobald ich frei habe, bin ich auf dem Motorrad." Ob sein Trainer etwas dagegen hat? "Bis jetzt ist immer alles gut gegangen,. Und das wird auch so bleiben."
Nur eines wird er in Zukunft wohl nicht mehr tun: Videos seiner Fahrten online stellen. "Das lasse ich mal lieber, sonst gibt es vielleicht wirklich noch Ärger", sagt Platte lachend. Ob der Trainerstab seine selbst gedrehten Videos kennt? "Wohl eher nicht", sagt Platte - und lacht erneut.
102 Tage hat Felix Platte ohne die Lilien aushalten müssen, doch untätig war er zwischenzeitlich natürlich nicht. Er wurde mit der U 21-Nationalmannschaft Europameister und steuerte einen Treffer zum 2:2 gegen England bei, der den Einzug ins Finale nach Elfmeterschießen erst ermöglichte. "Es war megageil. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dabei zu sein. Und dann habe ich gespielt und ein Tor gemacht. Das war Wahnsinn." Es folgte das Trainingslager mit Schalke, doch Platte hatte schnell realisiert, dass der neue Trainer Domenico Tedesco nicht mit ihm plant. Am ersten Bundesliga-Spieltag und zuvor im DFB-Pokal stand Platte nicht einmal im Kader, im Training lief er neben dem Platz seine Runden.
Doch in Darmstadt hatten sie ihn nicht vergessen. "Torsten Frings hatte mich schon in der letzten Saison fast jeden Tag zu sich geholt. Wir haben auch in meiner Zeit in Schalke viel gesprochen, er hat fast jede Woche eine Nachricht geschickt, und wir haben viel telefoniert", erinnert sich der 1,90 Meter große Stürmer. "Diese Wertschätzung hat mit den Ausschlag gegeben, dass ich jetzt hier bin." Hinzu kamen viele Nachrichten von Fans, die die Entscheidung ebenfalls erleichterten. "Das hat mich emotional wirklich sehr getroffen."
Da ist es gut, dass Felix Platte seine Wohnung gar nicht erst gekündigt hatte ("ich wusste ja, dass es vielleicht hier weitergeht, der Gedanke war nie weg") und dass er sich am Woog wohlfühlt. "Man kann gut Essen gehen und Einkaufen. Nur nach historischen Dingen darf man mich nicht fragen." Sagts - und lacht.
Für konkrete Ziele ist es noch zu früh
Natürlich hat er den guten Saisonstart registriert, Ziele will er aber nicht ausgeben. "Dafür ist es zu früh. Wir haben aber das Potenzial, oben mitzuspielen. Ich persönlich habe wie wohl jeder Spieler das Ziel, in der Bundesliga zu spielen. Aber das können wir uns jetzt noch nicht konkret als Ziel setzen." Mindestens vier Jahre will er das Lilien-Trikot mit der Nummer 7 tragen. Seine Nummer 20 ist nämlich weg - die trägt jetzt Artur Sobiech. Einer jener Konkurrenten, auf die er sich freut.