Die Saarschleife bei Orscholz ist das bekannteste Wahrzeichen des Saarlandes. Es gibt aber noch viel mehr zu entdecken. Foto: Eike Dubois / TZS
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Doch. Bekannt ist das Saarland. Zumindest Bruchstücke sind es: Mal ist es die heruntergekommene Industrieregion, mal die Heimat von Heinz Becker und immer wieder die Vergleichsgröße für Naturkatastrophen wie etwa Brände oder Überschwemmungen. Als Urlaubsgebiet empfiehlt sich das Saarland allerdings allmählich auch. Wobei es sich lohnt, sich nicht nur das offizielle Saarland anzuschauen. Jenes der Saarschleife bei Orscholz oder der Schlossberghöhlen in Homburg.
Denn das wahre Saarland steht in Göttelborn – in Form des „Weißen Riesen“. Der 90 Meter hohe Förderturm war Teil des „Schacht 4“. 200 Millionen Euro investierte die staatsnahe Saarberg AG im Jahr 1990 noch in die Modernisierung des Bergwerks – um im Jahr 2000 dessen Betrieb komplett einzustellen.
Diese besondere Form der Weitsicht macht den 90 Meter hohen Turm gleichermaßen zum Wahrzeichen für den Berufsstand, der dem Land überhaupt erst eine Identität gegeben hat, aber auch zum Symbol für den wirtschaftlichen Niedergang und die irrsinnigen Versuche zu retten, was in den 90er-Jahren schon nicht mehr zu retten war.
INFORMATIONEN
Anfahrt: Mit dem Auto über die A63 / A6. Wer zum Bostalsee will, folgt ab dem Autobahnkreuz Landstuhl der A62. Ein Regionalexpress verbindet Frankfurt und Mainz mit Saarbrücken.
Unterkunft: Center Parcs betreibt 500 Ferienwohnungen am Bostalsee. Diese sind für bis zu sechs oder zehn Personen ausgelegt, www.centerparcs.de/Bostalsee. Außerdem gibt es einen Campingplatz am Bostalsee mit 438 Wohnwagenstellplätzen sowie Zeltplätzen, www.bostalsee.de/camping/. Der Stausee Losheim bietet einen Campingplatz mit 330 Stellplätzen, www.losheim-stausee.de/campingpark.
Saarländische Küche: Wer der speziell saarländischen Kochtradition nachgehen will, kann das im Saarbrücker Kultlokal „Die Kartoffel“, St. Johanner Markt 32, Saarbrücken, 0681-3 62 17, tun. Dieses ist täglich von 11 bis 23 Uhr geöffnet.
Jetzt ist der Göttelborner Förderturm mit seiner markanten Seilwinde Teil des Konzepts der saarländischen Tourismus-Zentrale: die ehemalige Industriekultur als Sehenswürdigkeit anzubieten. Damit richtet sie sich zum einen an Bildungsreisende, die das Saarland durcharbeiten. Und zum anderen an Familien, welche die Ferienparks an den Seen besuchen und sich zwischendrin etwas ansehen wollen.
Besucher können das 120 Hektar große Grubengelände in Göttelborn besichtigen und den Turm befahren. Von einer Plattform in 75 Metern Höhe aus können sie bei entsprechendem Wetter bis in die Vogesen, den Hunsrück und den Pfälzer Wald schauen.
Ohnehin ist Wanderurlaub ein guter Weg das Saarland zu erkunden. Direkt südlich von Göttelborn beginnt der Saarkohlenwald, der genau wie Warndt, Kirkeler Wald oder Naturpark Saar Hunsrück das alte Bild vom verrußten Industriegebiet vergessen lässt. Für Radfahrer bietet das Saarland mit seinen Bach- und Flusstälern sowie seinen Steigungen gleichermaßen schöne wie anspruchsvolle Touren.
Der Reiz besteht ohnehin im Kontrast: Am Fischbach entlang geht die in Göttelborn startende Tour durch den Saarkohlenwald bis in die Vororte von Saarbrücken. Hier pulsierte einst ein industrielles Herz der Bundesrepublik – durchaus vergleichbar mit dem des Ruhrgebiets, nur ein bis zehn Nummern kleiner. Trotzdem schmolzen zig tausende Arbeiter an der Saar in unvorstellbarer Hitze und unter brutalster Anstrengung den Stahl. Heute erinnern Ruinen an die Zeit. Sie lassen einen staunen und gleichermaßen melancholisch werden.
Denn es ist mitunter eine eigenwillige Schönheit, die es hier zu bestaunen gibt: Die Saar entlang bis nach Völklingen prägen eingeschmissene Fenster und verrosteter Funktionsbau das Bild. Bis dann ein Weltkulturerbe die Szenerie unterbricht. Zu diesem hat die Unesco die 1986 stillgelegte Völklinger Hütte erklärt. Das Werk gilt als das weltweit einzig erhaltene aus der Epoche, in der Stahl gleich Macht war und das kohlereiche Saarland ein Spielball zwischen Alliierten und Deutschland wurde.
600 000 Quadratmeter umfasst heute der Themen- und Erlebnispark in Völklingen. Ein Wegenetz von 5 000 Metern verbindet die Höhepunkte wie die begehbaren Hochöfen, die große Gebläsehalle oder den weltweit einzigen Schrägaufzug. Wer nach soviel (Industrie-) Kultur ausschalten will, sollte dies tun – dabei aber nicht in Völklingen bleiben. Denn schön war die Stahlstadt noch nie. Auch nicht in ihren besseren Zeiten.
Es lohnt sich, die Saar weiter abwärts zu fahren: bis nach Saarlouis. Die Festungsstadt wurde von Sonnenkönig Ludwig XIV. zum Schutz seiner Ostgrenze gegründet. Nirgendwo sonst ist das Saarland in der Wirklichkeit so französisch, wie es im Klischee gerne dargestellt wird. In den Wällen, den Kasematten, und um diese herum erstreckt sich eine schöne Altstadt mit einer lebendigen Kneipenszene. Die Gastronomie in Saarlouis kann sich mit der bedeutend größerer Städte messen lassen.
Auf Saarlouis folgt entlang der Saar noch die Dillinger Hütte. Dann endet das industrielle und beginnt das idyllische Saarland: Merzig mit seinem Wolfspark liegt dort, Mettlach mit der Porzellan-Manufaktur von Villeroy & Boch und natürlich die unvermeidliche Saarschleife.
Ebenfalls im Norden finden sich die beiden großen Badeseen des Saarlandes: der Losheimer Stausee und der Bostalsee. An letzterem zeigt sich, dass das Saarland der Post-Kohle-Zeit den Tourismus für sich als neue Einnahmequelle erschließen will: Rund 500 Ferienhäuser wurden gebaut, bieten Platz für zwei bis zehn Personen und vor allem: Blick auf den See.
Vor allem Familien greifen auf das Angebot zurück. Am See bietet sich ihnen die Alternative zur aufwendigen Fernreise in den Süden: Statt weiten Flügen führt eine vergleichsweise kurze Fahrt mit Auto oder der Bahn zum Ziel. Manche lockt die Chance, in schöner Atmosphäre einfach gar nichts anderes zu unternehmen, als am Wasser zu liegen. Und wer aktiv werden will, für den steht das „Aqua Mundo“ offen – ein „tropisches“ Wellenbad. Mit dem Saarland Heinz Beckers oder der untergegangenen Stahlwerke hat das vielleicht nichts mehr zu tun – ein interessanter Urlaubsort ist es allemal.