Boxbrunn: Im Ortsteil von Amorbach pflegen Kinder noch den Brauch, vor Ostern mit ihrem Lärm den Glockenklang zu ersetzen.
Von Manfred Giebenhain
In dem Odenwalddorf Boxbrunn halten Kinder den Brauch vom "Karfreitagsklappern" am Leben. Foto: Werner König
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Das "Karfreistagsklappern" ist im Höhendorf Boxbrunn ein lebendiger Brauch, den die Kinder des Ortes kultivieren.
Traditionell schweigen in den katholisch geprägten Dörfern des Odenwalds von Karfreitag bis zur Auferstehungsfeier am Ostersonntag die Kirchenglocken. Keineswegs ruhig geht es aber in dem Höhendorf Boxbrunn zu. Im Gegenteil: Ausgestattet mit Klappern und Ratschen ziehen die Kinder des Dorfs mehrmals am Tag von Haus zu Haus, um ordentlich Lärm zu machen.
Das "Karfreitagsklappern" geht auf einen von alters her überlieferten Brauch zurück, der besonders in Süddeutschland und in Niederösterreich, aber auch in katholischen Gegenden am Rhein, gepflegt wird. Wie unterschiedlich der Brauch gepflegt wird, macht sich bereits am Einsatz der verwendeten lärmenden Gegenstände deutlich. Je weiter man nach Süden blickt, desto gebräuchlicher sind Schubratschen. In der Fränkischen Schweiz ist die Rede von Kleppern. In Boxbrunn werden handgearbeitete Ratschen von Generation zu Generation weitergegeben. Für den Odenwald beschrieben hat die Tradition der 1969 verstorbene Heimatforscher Friedrich Mößinger in seinem dritten Band "Was uns der Odenwald erzählt".
Viele Jahre schon verfolgt auch der pensionierte Gymnasiallehrer Werner König aus Michelstadt die Brauchtumspflege von Boxbrunn und umliegenden Dörfern. "Das Karfreitagsklappern war im Odenwald zu Mößingers Zeiten noch weit verbreitet, beispielsweise in Hesselbach und in Hirschhorn am Neckar. Andernorts wurde auch das ,Ave Maria' gesungen", sagt König. Eines haben diese Bräuche alle gemeinsam: Der erzeugte Lärm soll das Glockengeläut ersetzen, um die Gläubigen zum Gebet aufzurufen. Und die Glocken schweigen, weil sie dem Volksmund nach vor dem Auferstehungstag nach Rom geflogen sind, um eine Beichte abzulegen. In Boxbrunn sprechen die Ministranten daher auch den Vers "Wir leiern, wir leiern den englischen Gruß, den jeder Christ beten muss." Darunter sei keineswegs ein Reim aus England zu verstehen, stellt König klar, sondern Engel.
TIPPS FÜR AMORBACH
Anfahrt: Boxbrunn gehört zur Stadt Amorbach und ist über die Bundesstraße 47 über Michelstadt zu erreichen. Die Vollsperrung der B 47 auf der Höhe von Boxbrunn dauert bis voraussichtlich 22. April an.
Montag bis Mittwoch 9 bis 14 und 16.30 bis 23 Uhr; Samstag und Sonntag 10 bis 22 Uhr; Samstags, Sonn- und Feiertags durchgehend geöffnet und durchgehend warme gut bürgerliche Küche
So beginnt in dem 130-Seelen-Dorf auch am Karfreitag der Tag bereits zwischen 5.30 und 6 Uhr in der Frühe, wenn das Geklapper zum ersten Mal zu hören ist. Das Glockengeläut wird 9.30 und 11.30 Uhr abermals ersetzt und am Nachmittag zieht die Kinderschar ein weiteres Mal um 17.30 Uhr von Haus zu Haus. Eine Runde durch das Dorf dauert auf diese Weise zwischen 30 und 40 Minuten, rechnet König vor. Das Ganze wiederholt sich am Samstag. Zusätzlich laufen die Kinder ab 14.30 Uhr eine weitere Runde, um Eier zu erbitten, die später im Dorfgemeinschaftshaus gebraten werden. Die Reime dazu sprechen eine klare Sprache: "Wir klappern für ein Ei, wir nehmen auch zwei oder drei, sonst stürmen wir ins Hühnerhaus und holen alle heraus." Vor den Türen der Bauern wird die Forderung gar auf zehn Stück erhöht.
In diesem Jahr wird das "Karfreitagsklappern" auch nicht vom Motorengeräusch der Fahrzeuge gestört, die auf der Bundesstraße 47 unterwegs sind, welche den Ort in zwei Hälften teilt. Die Straße wird während der Osterferien mit einer neuen Asphaltschicht versehen, weshalb die Behörden eine Vollsperrung angeordnet haben. Zu empfehlen ist, den nahe gelegenen Parkplatz am Jagdschloss Eulbach anzusteuern, um von dort aus den Fußweg über Mangelsbach nach Boxbrunn zu wählen.