Eine ganze kleine Welt auf hoher See: Die Norwegian Bliss vor den vereisten Bergen Alaskas. Foto: Norwegian Cruise Line
( Foto: Norwegian Cruise Line )
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Als die Kreuzfahrtgesellschaft Norwegian Cruise Line (NCL) 2006 ihr Flaggschiff Norwegian Pearl bewarb, galt die Bowlingbahn an Bord in Sachen Unterhaltung als der letzte Schrei auf den sieben Weltmeeren. Zwölf Jahre später befindet sich auf dem nun neuesten Schiff der NCL-Flotte, der Norwegian Bliss, zwar auch noch eine Kegelbahn, sie ist aber versteckt in der Ecke der 24-Stunden-Bar „The Local“ platziert. Bei der Premierenfahrt des Kreuzfahrtschiff-Neuzugangs führten die Bordtouren für Reiseverkehrskaufleute, Journalisten und Blogger nicht einmal an der Anlage vorbei.
Beatles-Revival im Cavern Club
Die Norwegian Bliss wartet mit Attraktionen ganz anderen Kalibers auf: Einem Wasserpark mit Rutschen, deren Strecke in fast 50 Metern Höhe gut drei Meter über die Bordwand hinaus (und natürlich wieder zurück) führt. Einer Laser-Tag-Arena, in der Spieler in einer Weltraumstation „lebensgefährliche“ Aufgaben erfüllen und ihre Gegner bekämpfen müssen. Einem 825-Plätze-Theater, in dem das Broadway-Erfolgsmusical „Jersey Boys“ und die NCL-Eigenproduktion „Havana“ aufgeführt werden. Einem Unterhaltungskomplex mit Dutzenden Restaurants, Bars, einem gigantischen Casino und einer Auf-See-Version des legendären Liverpooler Cavern Club – samt allabendlichen Auftritt einer ziemlich guten Beatles-Revival-Band. Und einer Kartbahn, die sich über zwei Decks des Schiffes erstreckt und wilde Bleifuß-Rennen auf einer kurvenreichen Strecke mit Geschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometern ermöglicht – so schnell ist nicht einmal die Bliss selbst.
Die Norwegian Bliss setzt den Trend der Branche fort: Der Weg ist das Ziel, das Schiff die Attraktion – beinahe scheint es egal, wo der Dampfer mit seinen maximal 4004 Passagieren unterwegs anlegt, Hauptsache an Bord ist immer etwas los, rund um die Uhr – oder 24/7, wie der Amerikaner sagt. Während diese Grundweisheit der modernen Kreuzfahrten bei anderen Neubauten des Jahres 2018 – zuletzt die „Symphony of the Seas“ von RCL und die neue „Mein Schiff 1“ von TUI Cruises – als selbstverständlich hingenommen wird, sorgt sie bei der Norwegian Bliss für einen eigentümlichen Widerspruch. Der neueste Star in der NCL-Flotte wird in den Sommermonaten vor Alaska unterwegs sein. Das komplette Schiff mit seiner im Vergleich zu den Vorgängern dezenten Farbgebung, seinen Bildern in den Kabinen und in den öffentlichen Bereichen und seiner Außenbemalung des Maritim-Künstlers Robert Wyland ist deshalb eher dem Thema Natur als dem Partymotto zugewandt. Und doch scheint es so, als würde auf der Norwegian Bliss ein Rekordanteil der 1700 Crewmitglieder als Tänzer, Schauspieler, Comedians, Musiker und Animateure dafür zuständig sein, dass die geneigte Kundschaft nicht eine einzige Minute der Langeweile verspürt.
Eine ganze kleine Welt auf hoher See: Die Norwegian Bliss vor den vereisten Bergen Alaskas. Foto: Norwegian Cruise Line Foto: Norwegian Cruise Line
Die Lounge der Norwegian Bliss bringt die ursprüngliche Hochseeromantik zurück auf das Schiff. Foto: Norwegian Cruise Line Foto: Norwegian Cruise Line
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Schon bei der Premierenkreuzfahrt zeigt sich aber, dass nicht die Laser-Tag-Arena, nicht die Kartbahn und nicht der Wasserpark die Attraktionen der Norwegian Bliss sind, sondern ein sozusagen aus der guten, alten Zeit der Hochseekreuzfahrt übernommenes Relikt. Die Observation Lounge auf Deck 15 ist schon auf der optisch eher ereignislosen Fahrt von Bremerhaven nach Southampton ein Juwel. Wie schön muss es erst sein, stundenlang in dem Bereich in einem der superbequemen Sessel zu sitzen und durch die fast raumhohe Fensterfront den Panoramablick auf Alaska zu genießen? Die Observation Lounge ist so riesig, dass NCL-Chef Andy Stuart bei der Pressekonferenz die exakten Maße nicht einmal zur Hand hat (wir helfen gerne aus: 325 Quadratmeter) und einfach nur sagt: Es sei die größte der ganzen Branche.
INFORMATIONEN
Die Norwegian Bliss startet in ihrer Premierensaison beginnend am 2. Juni, jeweils samstags ab Seattle zu einwöchigen Alaska-Kreuzfahrten.
Preisbeispiele: 7. bis 14. Juli 2018, Innenkabine, 1589 Euro pro Person; Balkonkabine 2559 Euro p.P., jeweils ab / bis Seattle, ohne Flugarrangement ab Deutschland, und inklusive Premium-All-inclusive.
Im Winter unternimmt die Norwegian Bliss einwöchige Karibikkreuzfahrten ab Miami.
Preisbeispiele: 24. November bis 1. Dezember 2018, Innenkabine, 1099 Euro p.P., Balkonkabine 1359 Euro p.P., ab / bis Miami, ohne Flugarrangement ab Deutschland, und inklusive Premium-All-inclusive.
Kontakt: Norwegian Cruise Line, Zentrale für Kontinentaleuropa, Kreuzberger Ring 68, 65205 Wiesbaden, 0611 / 36070, info-europe@ncl.com. www.ncl.de.
Ohne Portemonnaie kommt man doch nicht aus
Die Observation Lounge ist Teil eines Konzepts, das NCL seit der Premiere der Norwegian Breakaway im Jahr 2013 mit zunehmendem Tempo forciert. „Wir wollen die Menschen an Bord wieder mit dem Ozean verbinden“, sagt Andy Stuart. Bei vielen Kreuzfahrtschiffen merke man nicht einmal mehr, dass man sich auf dem Meer befinde, bilanziert der NCL-Chef. Bei der Norwegian Bliss solle nicht nur die Observation Lounge die ursprüngliche Romantik einer Hochseekreuzfahrt zurückbringen. Dem Zweck diene auch die bei den Vorgängern eingeführte Möglichkeit, in einigen der Restaurants draußen zu sitzen.
In Sachen Dinieren hat der Passagier auf der Norwegian Bliss mehr denn je die Qual der Wahl. Es gibt 27 Möglichkeiten, an Bord zu essen, von den im Reisepreis beinhalteten Hauptrestaurants über Spezialitätenlokale wie das französische „Le Bistro“, das japanische „Teppanyaki“, das mexikanische „Los Lobos“ oder das texanische „Q“ (das sich spätabends in einen typischen Honkytonk-Tanzschuppen verwandelt) bis hin zum Kabinenservice. Die Aufforderung Andy Stuarts, das Portemonnaie dank All-inclusive-Konzept ruhig zu Hause zu lassen, sollte man allerdings nicht nachkommen. Während man bei den Getränken dank der Regelung, dass alle Drinks unter 15 Dollar im Reisepreis enthalten sind, weitgehend auf der sicheren Seite ist, gilt das sonst nicht wirklich uneingeschränkt. Nicht nur für die Spezialitätenrestaurants wird ein Aufpreis fällig, auch die Fahrt mit dem Kart kostet – ebenso der Zutritt auf ein abgesperrtes, kinderfreies Sonnendeck, wenn einem der Trubel rund um den Pool zu viel wird. Den sprichwörtlichen Vogel aber schießt das Süßigkeitenlokal „Coco’s“, ebenso neu an Bord wie eine Filiale von „Starbucks“, ab. Hier kostet ein – zugegebenermaßen opulent aussehendes – Milkshake 15 US-Dollar – plus obligatorische 20 Prozent Serviceentgelt.
Bei einem Kreuzfahrtriesen wie der 167 800 Tonnen großen Norwegian Bliss kommen zwangsläufig kritische Fragen zur Umweltbilanz auf, gerade, wenn das Schiff in den Gewässern vor Alaska unterwegs ist. Alle bei NCL seien sich, sagt Andy Stuart im Pressegespräch, der Problematik durchaus bewusst. Bei NCL fühle man sich der Nachhaltigkeit verpflichtet, was unter anderem im Programm „Sail and Sustain“, etwa: (Kreuzfahrt-) Schiff fahren und Umwelt erhalten – zum Ausdruck komme. Auf die Frage, wann denn bei NCL mit dem Einsatz umweltfreundlicherer gasgetriebener Schiffe zu rechnen sei, konnte Stuart allerdings kein verbindliches Datum nennen.