Tierpfleger Brandon kümmert sich im Tierpark Gatorland um die Alligatoren. Foto: Julia Krentosch
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Smaug zischt. Er grollt. Er schnaubt. Selten ist einem eine Stimme Hollywoods so unter die Haut gegangen wie die von Smaug bei den Hobbit-Filmen. Und den Drachen gibt es wirklich – zumindest sein Fauchen. Es gehört zu einem fünf Meter langen Alligator, der in Florida lebt – ein Problem-Alligator, der Chester heißt. Bevor er ein Zimmer im Tierpark Gatorland Orlando bezog, wilderte Chester in Tampa. Er fraß kleine Hunde. Auch größere. Viele davon. Haustiere standen ganz oben auf seiner Speisekarte. Das Gatorland hat Chester davor gerettet, eine teure Handtasche zu werden. Seit ein paar Jahren schon lebt der gepanzerte Riese hier – ein ewiger Junggeselle. Chester versteht sich nicht mit seinen Artgenossen, also bleibt er alleine.
Dafür hat er aber häufig Besuch. Filmemacher und Fernsehteams klopfen ständig an seine Tür. Chesters Fauchen ist furchteinflößend. Es vibriert durch die Luft und geht durch Mark und Bein. Schwer zu glauben, dass dieses Geräusch nicht vom Band kommt. Kein Wunder also, dass „Hollywood“ mit Mikrofon und Aufnahmegerät im Gatorland anrückte, um dem Drachen aus der Feder von J.R.R. Tolkien eine Stimme zu geben. Und was für eine. Chester legt los, sobald sein Pfleger Brandon laut „Smile“ ruft. Das haben die beiden in den letzten Jahren trainiert. Brandon klopft mit einem Stock auf den Boden und Chester reißt das Maul auf. So lange, bis er genug von dem Spielchen hat. Dann verschwindet die Echse im Privatpool und Brandon steht allein am Ufer. „Er ist ein kleiner Star“, sagt der und lacht.
„Gators“ verirren sich auch mal in Swimmingpools
Rund zwei Millionen Alligatoren leben in Florida, schätzt Brandon, 2000 davon im Gatorland. Brandon kennt sie fast alle. „Es sind kleine Dinosaurier, ihr Gehirn ist winzig. Sie haben sich im Laufe der Jahrhunderte eigentlich nicht verändert, sie sind nur kleiner geworden“. Seit 13 Jahren arbeitet er hier. Trainiert die Riesenechsen, veranstaltet Showkämpfe mit ihnen und führt Touristen durch den Park. „Wir erhalten hier Arten“, sagt Brandon. In Florida lebt aber eigentlich nur eine. Der Mississippi-Alligator. Und der ist nicht grün wie Krokodile, sondern dunkelgrau. Fast schwarz. In Gefangenschaft kann er bis zu 35 Jahre alt werden, in freier Wildbahn fast 50.
Tierpfleger Brandon kümmert sich im Tierpark Gatorland um die Alligatoren. Foto: Julia Krentosch Foto: Julia Krentosch
Airboatfahren macht Spaß: Auf einem Luftkissen mit Ventilatorantrieb geht es durch die Everglades. Foto: Julia Krentosch Foto: Julia Krentosch
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In Florida heißen die größeren Brüder des Krokodils schlicht „Gators“. Und sie gehören zum Sunshine State wie Wild zu Deutschland. Sie linsen aus den Tümpeln am Straßenrand, leben in Kanälen, Seen und ab und zu verirrt sich auch mal einer in den heimischen Swimmingpool. Denn Alligatoren können über Zäune klettern – obwohl einige von ihnen fast 450 Kilogramm wiegen. Aus diesem Grund gibt es in Florida auch rund 40 staatlich zugelassene Alligatorjäger. Sie rücken an, wenn Tiere wie Chester wieder einmal Kohldampf auf Schoßhündchen hatten.
Auch mit Menschen stoßen sie gelegentlich zusammen. Rund fünf Vorfälle mit Alligatoren werden in Florida pro Jahr gezählt. Die meisten von ihnen beim Schwimmen oder Schnorcheln in trüben Gewässern. In den letzten 70 Jahren endeten 26 dieser Zusammenstöße tödlich, erzählt Brandon. Er denkt an den tragischen Tod eines Zweijährigen im „Disney World“ vergangenes Jahr. „In diesem Jahr ist zum Glück noch nichts passiert“. Inzwischen ist der Wildhüter mit einem Eimer rohem Fleisch auf dem Weg zum See. Fütterungszeit. Fast 50 Alligatoren wird Brandon gleich gegenüberstehen. Angst hat er nicht. „Die meisten Unfälle passieren, weil sich die Menschen nicht richtig verhalten. Sie ärgern die Tiere, gehen zu dicht heran“.
INFORMATIONEN
Anreise: Zum Beispiel mit Airberlin von Düsseldorf nonstop nach Orlando in Florida, Angebote für Hin- und Rückflug gibt es im Moment schon ab 400 Euro, flights.airberlin.com.
Unterkunft: Kissimmee ist ein guter Standort, um die Umgebung zu erkunden. Tatsächlich liegen die berühmten Themenparks sogar näher an Kissimmee, als an Orlando. Die Global Resort Homes im Championsgate Ressort in Kissimmee zum Beispiel bieten Platz für bis zu acht Gäste und kosten etwa 500 Dollar pro Nacht mit Pool.
Alligatoren erleben: Gatorland Orlando (30 Dollar), www.gatorland.com; Wild Bill`s Airboat Tours in Inverness (45 Dollar), www.wbairboats.com; Kajaktour im Paddling Center at Shingle Creek (13 Dollar), www.paddlingcenter.com.
Mehr Infos: www.experiencekissimmee.com; www.visitflorida.com
Bei einer Tour mit dem Airboat kann das gar nicht erst passieren. Auf einem Luftkissen geht es durch die Everglades, angetrieben von einem riesigen Ventilator. Über seichtes Wasser durch dichten Schilf, vorbei an atemberaubenden Landschaften – in sicherem Abstand zur Tierwelt. „Wild Bill’s“ in Inverness bietet solche Touren an – inklusive Hochgeschwindigkeitsritt zum Abschluss. Erst mal kutschiert Fahrer Aaron seine Gäste aber gemächlich an den alten Bäumen am Flussufer vorbei. Sie sind komplett mit Spanischem Moos überzogen, der typische Südstaaten-Look. Drei pinke Vögel erheben sich in die Lüfte, als das Boot vorbeizieht. Wunderschön sieht das aus. „Keine Flamingos“, erzählt Aaron auf seinem Hochsitz. Es sind Roseate Spoonbills, zu Deutsch: Rasalöffler. Schildkröten sonnen sich auf Baumstämmen, Alligatorköpfe gleiten im Fluss vorbei und plötzlich zeigt Aaron nach links. Da sind sie: Kleine Alligatoren watscheln durch den Schlick am Ufer, gerade ein oder zwei Jahre alt.
Alligator steht hier natürlich auch auf der Speisekarte
Damit sie sich nicht unkontrolliert vermehren, sind Alligatoren zweimal im Jahr zum Abschuss freigegeben. Wer mitmachen will, muss eine Lizenz für umgerechnet rund 200 Euro kaufen. Das Ergebnis landet dann nicht selten in den Restaurantküchen. Im Catfish Place in St. Claud zum Beispiel – etwa 20 Minuten Fahrtzeit vom Gatorland entfernt. Hier kommt nur regionales Essen auf den Tisch. „Farm to Table“ heißt der Trend, der sich seit einigen Jahren in den USA verbreitet. Alligator steht hier natürlich auch auf der Speisekarte. Frittiert versteht sich, die Amerikaner mögen es so nämlich am Liebsten. Ob man Alligator oder Hühnchen auf dem Teller hat, macht allerdings geschmacklich kaum einen Unterschied, beides schmeckt ähnlich. Der Alligator ist nur ein kleines bisschen zäher.