Touristisches Comeback: Ägypten erholt sich langsam vom massiven Besucherrückgang
Von Dirk Sommer
Noch sind genügend Plätze am Strand von Hurghada frei. Die Reiseveranstalter verzeichnen aber deutliche Zuwächse. Foto: srt/Dirk Sommer
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Es ist Winter in Ägypten. Die Temperatur liegt mittags bei 23 Grad, die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel und die Palmen beugen sich in dem etwas kühlen Nordwind, der hier von Mitte Dezember bis in den März hinein typisch ist. Das im Sommer meist spiegelglatte Rote Meer ist jetzt unruhiger, dafür hören die Urlauber in Hurghada, die nahe genug am Strand wohnen, noch in den Zimmern die leichte Brandung rauschen. Die Liegestühle am Strand der Hotels sind zur Hälfte belegt, die Gäste kommen vor allem aus Deutschland, Ägypten und der Ukraine.
In den Zeiten vor den Abstürzen zweier Urlaubermaschinen und der Schießerei in Hurghada war das anders. Im deutschen Winter war Ägypten ein gefragtes Ziel, vor allem für Kultururlauber, Familien und Tauchtouristen. Doch heute hält die Angst vor Terrorangriffen viele Reisende ab.
Karina Freitag allerdings lässt das kalt. Die 47-Jährige aus Dornbirn am Bodensee ist mit ihren beiden Bekannten Andreas Leitner (47) und Alexander Adami (45) nach Hurghada geflogen. „Bedenken habe ich keine. Allerdings fahre ich sicher nicht nach Kairo und auch nicht in die Innenstadt von Hurghada“, sagt sie. „Man muss ja nichts herausfordern.“ Längere Spaziergänge auch in den Einkaufspassagen rund um das Hotel unternimmt sie dagegen schon. Angst hat sie dabei nicht. „Die Menschen sind alle total nett und angenehm.“
Ihre beiden Freunde hatten kurz überlegt, alternativ in die Karibik zu fliegen. „Aber als es hieß, dass Hurrikans vieles zerstört haben, war das Thema für uns durch“, sagt Adami. „Außerdem hat uns gestört, dass der Flug so lange dauert.“ Hurghada ist dagegen von deutschen Flughäfen in nur gut vier Stunden Flugzeit zu erreichen. Außerdem sind das verlässlich sonnige Wetter, die meist kurzen Transferzeiten vom Flughafen zu den Hotels und die derzeit äußerst günstigen Preise das Hauptargument für einen Ägyptenurlaub. „Aber ich mag auch die Architektur der Hotels“, schwärmt Freitag vom orientalischen Flair vieler Anlagen.
Linda Bernhardts Motivation, schon zum wiederholten Mal im vergangenen halben Jahr einen Urlaub in Hurghada zu buchen, ist dagegen eine ganz andere. „Am Strand lernt es sich einfach besser als im Winter zu Hause in meiner Wohnung“, sagt die angehende Fitness-Fachfrau aus Augsburg. Sie paukt lieber unter Palmen und im Liegestuhl für ihre Prüfungen. Ihre Wohnung hat sie untervermietet und kann damit ihren Aufenthalt in Ägypten teilweise refinanzieren. Angst vor terroristischen Anschlägen hat die 28-Jährige nicht: „Ich kenne natürlich die politische Situation im Land. Gerade hier in der Hotelanlage fühle ich mich aber absolut sicher.“
Ihr Begleiter Josch Kühnel ist eigentlich ein typischer Backpacker und verbringt ihr zuliebe seinen ersten Pauschalurlaub in Ägypten. Mit der Gefahr von Anschlägen geht der 22-jährige Regensburger ganz pragmatisch um. „Zum einen ist die Chance, dass es mich erwischt, wirklich verschwindend gering“, sagt er. „Zum anderen lasse ich mir von einer vermeintlichen Unsicherheit den Spaß am Reisen nicht nehmen.“
Dass sich die Gästestruktur seit dem arabischen Frühling verändert hat, ist auch dem Co-Direktor des Hotels Sunrise Garden Beach Resort, Mohamed Hamdy, aufgefallen. Vor Jahren kamen neben den Tauch- und Schnorchelurlaubern vor allem Kulturinteressierte im Anschluss an eine Nilkreuzfahrt ans Rote Meer. „Für die antiken Sehenswürdigkeiten Ägyptens interessieren sich heute deutlich weniger Gäste“, sagt Hamdy. „Viele Urlauber kommen nur zum Feiern und Baden.“
Bei einem Strandspaziergang fällt allerdings auf, dass nicht alle Hotels gut gebucht sind. In einem Traditionshaus wie dem Jasmin Village sind nur wenige Gäste in der gepflegten Anlage anzutreffen. Das Golden-Five-Resort, das seine Gäste einst mit einer Seilbahn vom Haupthaus an den Strand schweben ließ, ist sogar geschlossen. Häuser von Hotelketten wie Sunrise dagegen sind gut belegt. Auch die Liegestühle der Hotels der Pickalbatros-Gruppe sind meist voll besetzt. Es scheint offensichtlich, dass die Hotelketten besser durch die Krise kommen.
Eine Vertreterin des Reisekonzerns Tui bestätigt diese Entwicklung. „In Krisenzeiten sind unsere eigenen Hotelmarken am stärksten gebucht“, sagt Pressesprecherin Susanne Stünckel und ergänzt: „Ägypten erholt sich allmählich. Wir verzeichnen zweistellige Zuwachsraten.“ Die Perspektiven für die Destination seien glänzend. Mit ausschlaggebend dürfte dafür auch die hohe Qualität der Ferienanlagen sein. „Im Zufriedenheitsranking unserer Gäste liegen die Hotels in Ägypten mit Bestnoten auf dem ersten Platz.“
Auch Elia Gad, Destinations-Chef von FTI, teilt diese Einschätzung. „Kaum eine andere Destination kann ein besseres Preis-Leistungsverhältnis sowie attraktive Hotels vorweisen.“ Der Veranstalter rechnet mit einem deutlichen Aufschwung für die Osterferien, den Sommer sowie den Herbst 2017. Das schlägt sich auch in den Flugkapazitäten nieder. „Wir bieten in der Sommersaison ein stark ausgeweitetes Angebot von 80 wöchentlichen Abflügen an“, sagt Gad. Offensichtlich ist Ägypten als Reiseziel wieder gefragt. Für Susanne Stünckel ist das ohnehin klar: „Ägypten erlebt aktuell ein kleines Comeback.“