"Mr. Pepper's" in Darmstadt

Im Bessunger Restaurant Mr. Pepper‘s werden zu Drei- oder Vier-Gänge-Menüs schottische Whiskys serviert.Foto: Guido Schiek
© Guido Schiek

Bei Mr. Pepper’s in Darmstadt wird purer Whisky zum Essen gereicht. Chris Pepper und seine Frau Marion haben ihr Geschäft in den letzten zehn Jahren zu einer Darmstädter...

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Darmstadt. Schnaps zum Essen? Ungewöhnlich. Das kennt man eigentlich vor allem bei Russen: Wodka schmeckt eh nach nichts. Bei Mr. Pepper’s in Darmstadt wird dagegen Whisky pur zur Begleitung gereicht. Allenfalls ein paar Tropfen stilles Wasser träufelt der Gast ins Glas, um den braunen Brand zu „öffnen“. Schließlich gelten den Kennern edle schottische Single Malts und Blends ja mindestens so viel wie den Weinfreaks ihr teurer Bordeaux.

Der „Whisky-Koch“ Chris Pepper und seine Frau Marion haben ihren Laden in zehn Jahren zu einer Institution im Darmstädter Stadtteil Bessungen gemacht. Die Gäste ihrer kulinarischen Whisky-Proben legten ihnen dabei im Lauf der Jahre immer wieder nahe, doch bitte von der gelegentlichen zur dauerhaften Verköstigung überzugehen. Und siehe da: An vier Abenden pro Woche ist nun Restaurantbetrieb. Da sitzt man an groben dunklen Holztischen auf einer karierten Polsterbank oder auf schlichtem Gestühl. Dunkle Dielen und Wände in Creme und Grau schaffen eine gedämpfte, aber keineswegs düstere Atmosphäre für etwa 30 Gäste. Sie haben die Wahl zwischen zwei Menüs mit drei Gängen (hier gibt es wahlweise Vorspeise oder Suppe) oder mit vier Gängen, zu denen Vorspeise und Suppe gehören.

Einzeln gibt es die Bestandteile der Menüs aber auch. Für den Dreigänger wurden mit je einem Glas Whisky pro Gang 57,50 Euro berechnet. Für 35 Euro speist man ohne Whisky – Abhilfe schafft dann eine kleine, sehr überlegt zusammengestellte Weinkarte, überwiegend vom unkonventionellen Bergsträßer Winzer Hanno Rothweiler. Wir starten mit dem White Dog (4,90 Euro), einem duftvollen Mix aus Holunder, Whisky und Sprudel. Dazu kommt als Gruß aus der Küche eine örtliche Interpretation des schottischen Nationalgerichts Haggis. Das besteht eigentlich aus einem Schafsmagen, gefüllt mit weiteren Innereien, die mit Zwiebeln und viel Pfeffer auf ein erträgliches Geschmacksniveau gebracht und mit Hafermehl gestreckt werden. Hier aber gibt es ein kleines, würziges Fleischklößchen, das auch als spanische Tapa durchgehen könnte und auf einem delikaten Püree aus Steckrüben und Kartoffeln ruht.

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Weiter geht es mit einem – bei beiden Menüs identischen – karamellisierten Stückchen Zanderfilet, garniert mit einem knusprigen Kokos-Reis-Küchlein und einem fülligen, recht ausdruckslosen Salatbukett. Dazu serviert Mr. Pepper einen acht Jahre alten Speyside-Whisky der Glenrothes-Destille. Um seine von überschäumender Begeisterung zeugenden Erläuterungen auch nur im Ansatz wiederzugeben, hätte der Dippegucker hier wohl die Sprachaufzeichnung seines Smartphones aktivieren müssen, aber das gehört sich nicht.

Jedenfalls verleiht die Reifung des Getreidedestillats in alten Sherry- und Bourbonfässern dem weichen Whisky eine Note von Karamell und Kokos, die mit dem ersten Gang perfekt harmoniert. Zum Hauptgang kommt, ebenfalls von der Glenrothes-Destillery, ein Blended Malt: ein aus verschiedenen Bränden komponierter Whisky aus Sherryfasslagerung. Auch hier wird wort- und gestenreich erläutert, warum genau dieses Getränk so hervorragend mit der Entenbrust auf Steckrübenpüree mit Korinthen harmoniert und korrespondiert.

Selbst zum Dessert der passende Brand

Wir haben’s gern geglaubt, das zarte Geflügelfleisch auf dem würzigen Rübenstampf einfach genossen und dabei immer wieder an einem Whisky genippt, der mit Wucht und Würze in die Kehle rinnt, ohne dort auch nur ein bisschen zu brennen. Der Gelbe Muskateller (6,10 Euro) zum zweiten Hauptgericht, einer Art Kasseler zu nussigen dunklen Semmelknödeln, hätte dazu vermutlich aber auch gepasst. Selbst zum Dessert wartet Mr.Pepper mit dem passenden Brand auf. Nun schimmert der Single Malt, wiederum in einem alten Sherryfass gelagert, goldgelb im Glas und bietet mit Noten von Karamell und Vanille der schottischen Interpretation von Türkischem Honig Paroli. Diese ruht in Gestalt hellbrauner Kugeln auf einem aromatischen, in Sherry gesottenen Kompott aus Trockenfrüchten und ist viel weniger süß und pappig als gewohnt. Das passt wunderbar zusammen, nur geht der Whisky angesichts der mit Balsamico aufgedonnerten Schokosauce geschmacklich unter. Beim zweiten Menü setzt eine Rhabarbertarte mit weißer Honigcreme einen frühlingshaften Dessert-Akzent. Auf einen Digestif haben die Dippegucker allerdings aus wohl begreiflichen Gründen verzichtet.

Von Wolfgang Weissgerber