„Don Camillo“ in Zwingenberg

Sizilianische Botschaft:  das Restaurant „Don Camillo" in Zwingenberg.  Foto: Regina Trabold

Authentische italienische Küche in Deutschland ist rar. Die meisten Ristorante – und es gibt wahrlich genug von ihnen – haben sich dem deutschen Geschmack angepasst wie die...

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ZWINGENBERG. Authentische italienische Küche in Deutschland ist rar. Die meisten Ristorante – und es gibt wahrlich genug von ihnen – haben sich dem deutschen Geschmack angepasst wie die Deutschen dem italienischen. Die einen mehr, die andern weniger. In Zwingenberg hat der Dippegucker einen richtigen Italiener gefunden. Peppone im Zwingenberger Ristorante „Don Camillo“ ist Sizilianer. Er hat mit dem Gegenspieler des schlitzohrigen Priesters, dem Kommunisten, nicht viel gemein. Die beiden Hauptfiguren in Giovannino Guareschis Romanen leben in einem fiktiven Dorf namens Boscaccio in der norditalienischen Poebene. In den Filmen mit dem berühmten Fernandel bildet das Städtchen Brescello in der Emilia-Romagna die Kulisse. Wie auch immer. Der kahlköpfige Sizilianer Peppe ist ein Original und bildet mit seinem „Don Camillo“ eine stimmige Gastlichkeit. Er ist überall. Auch auf einem Gemälde, das den Gastraum ziert. Peppe begrüßt seine Gäste meist mit Handschlag, er hat die Tische im oft vollbesetzten Gastraum im Blick, schaut in der Küche nach dem Rechten. Er scheint immer gut aufgelegt und hat einen aufmerksamen Service an seiner Seite. Jetzt sitzt der Gast auf einer neu angelegten Terrasse am Ortseingang direkt an der B3 und hört – sehr italienisch – den Verkehr vorbeirauschen. An dieser Stelle habe ich dieser Tage in der Mittagssonne eine weiß-grüne Portion Spargel gegessen. Puristisch, al dente gegart in Butter/Öl – und ohne die angebotenen Kartoffeln. Hauchdünne Scheiben Prosciutto di Parma hat daraus mit einer Pfütze Bianco einen leichten Gaumenschmaus gemacht. Wer den Gastraum betritt, steht erst einmal vor einem freundlich lächelnden Peppe, dann vor einer schwarzen Tafel mit acht Empfehlungen der Küche. Das teuerste: „Filetto“ für 19,50 Euro. Unser Fünfertisch bestellt kreuz und quer, folgt aber auch dem Wirt, was ratsam ist: Kalbsbäckchen (Vitella, 18,50 Euro) Calamari Griglia (15,50 Euro), Lammkeule (17,50), Pesci (Kabeljau für 18,50 Euro). Als Starter teilen wir uns eine Pizza vegetaria. 17 Sorten (von Magarita für 5,50 Euro bis Tonno Cipolle für 8,50 Euro) stehen auf der Karte. Was manch einer bedauert: Peppe backt sie ohne Alici (Sardellen). Knusprig und gut belegt sind die Fladen allemal. Zwei Portionen Vitello Tonnato (à 12,50 Euro) werden auf Wunsch auf fünf Teller verteilt, dünne, rosa gekochte Scheiben vom Kalb mit einer cremigen Thunfisch-Mayonnaise und Kapern. Die Spaghettini aglio e olio als Primo verbreiten einen Knoblauchnebel über dem Tisch. Die Pasta schmeckt genauso wie sie riecht und ist picante, von nachhaltiger Schärfe. Tatsächlich sind wir schon fast gesättigt, als der Secondo serviert wird. Das geschmorte Lamm, die Kalbsbäckchen (wir wollen das Wort „butterzart“ nicht strapazieren) zergehen auf der Zunge. Die Calamari sind perfekt gegart. Der Fisch ist innen glasig und saftig Das Filetto vom Rind vier Finger hoch, innen medium rare wie bestellt. Da gibt es nichts zu meckern. Auf der Karte stehen unter Fleisch zwei klassische Schnitzel als „Cotelette Milanese und Bolognese“, Schweinemedaillon mit Pilzen, drei verschiedene Bistecche, eine Piccata und die Saltimbocca alla Romana (Kalbsschnitzelchen mit Salbei und prosciutto di Parma). Die contorni unterscheiden sich vom Üblichen. Die Bratkartoffeln sind kurz in der Pfanne geschwenkt, leider nicht knusprig und entsprechend blass, Blumenkohl und Paprika (mit Haut) klingt unkonventionell, ist aber bissfest und schmackhaft. Eigentlich passt nichts mehr rein, aber ein Dessert muss sein. Wir verlassen uns wieder auf Peppones Empfehlung und bekommen „Caffee Sorbet“, ein Eis im Glas, das nach Espresso duftet und schmeckt, zu dem mit Grappa beschwipste Rosinen passen. Ein Gedicht in der kleinen für vier, in der erwachsenen Version für 5,50 Euro. Fast selbstverständlich wird auch eine Verdauungs-Grappa zum Caffè offeriert. Beides ebenfalls von bester Qualität. Zu den Vorspeisen trinken wir San Pellegrino (0,7 Liter für 4,50 Euro) und einen sizilianischen Tasca Regaleali (22 Euro die Flasche), ein fruchtiger Weißwein mit angenehmer Säure. Die Flasche „La Segreta“ (vom Weingut Planeta, eine tiefrote Cuvee von Nero d’Avola, Merlot, Syrah und Cabernet Franc) kostet 24 Euro. Beide Weine sind perfekte Essensbegleiter und fair kalkuliert. Der teuerste Wein auf der Karte, ein Lugana, kostet 28 Euro. Wir verabschieden uns in der Gewissheit, bestens gegessen zu haben und freundlich behandelt worden zu sein, mit einem Arrivederci. Wir sehen uns wieder.

Von tra