Das Bessunger „Amalfi“ feiert Wiederauferstehung als „Via del Campo“ am Eberstädter Waldsportplatz.
Von Wolfgang Weissgerber
Farbenfroh genießen im Eberstädter „Via del campo“. Foto: Dirk Zengel
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Darmstadt - Ob die Eberstädter eigentlich wissen, welches Kleinod sich da bei ihnen seit ein paar Monaten im Westwald kurz vor dem tosenden Dreiklang aus Eisenbahn, Autobahn und B3 versteckt? In Bessungen werden Loredana Castellana und ihr Mann „Mimmo“ Mucci Domenico jedenfalls schmerzlich vermisst, seit sie ihr Ristorante „Amalfi“ aufgeben mussten. Seit 2012 hatten sich die beiden dort, aus London kommend, schnell den Ruf eines der besten italienischen Lokale in Darmstadt und Umgebung erarbeitet.
Am Tennisgelände des SV Eberstadt betreiben sie nun seit dem Sommer das Vereinslokal. Das nennt sich jetzt „Via del Campo“, auf deutsch Feldweg, was die holprige Zufahrt zum Restaurant zutreffend beschreibt. Auch eine Straße in Genua heißt übrigens so, die portugiesische Fado-Sängerin Amàlia Rodrigues und der italienische Liedermacher Fabrizio De Andrè haben sie einst besungen.
Fiel schon das Amalfi durch seine mutige Raumgestaltung auf, so ist der Gastraum in Eberstadt mit seinen zehn Tischen knallbunt geraten. Dem barackenartigen Bau tut das aber ebenso gut wie der fröhliche Charme der Wirtin. Poppiges Gelb und Orange an den Wänden, lila und rosa Lampen an der Decke, außerdem farbenfrohe Gemälde von Mimmo, vorwiegend Frauenporträts – sie stehen auf Anfrage auch zum Verkauf.
Für die Sportler – und alle anderen Gäste natürlich auch – halten Loredana und Mimmo ein preiswertes Mittagsmenü für acht bis neun Euro bereit. Ansonsten hat sich die Speisekarte kaum verändert, eine wechselnde Wochenkarte ergänzt das Angebot. Das köstliche Brot wird selbstgebacken, auf die Pizza aus besonderem Mehl kommt nur echter Mozzarella, überwiegend Bio-Produkte.
Zum Prosecco (5,50 Euro) starten wir mit dem traditionellen Gruß aus der Küche, einer krossen Bruschetta mit frischen Tomatenwürfeln und aromatischem Sellerie in feinstem Olivenöl. Auch so etwas scheinbar schlichtes wie eine Tomatensuppe (fünf Euro) erweist sich hier als aromatisch duftende, cremig-milde Köstlichkeit.
Das rhythmische Schlagen des Schneebesens
Aus der Wochenkarte probieren wir als Vorspeise zudem die gegrillten Calamaretti (13 Euro). Die ruhen auf einem Bett von Ruccola, dessen leichte Bitternis die kräftigen Röstaromen der Tintenfischlein noch unterstreicht. Säure und Süße zugleich liefern leicht angeschmorte Kirschtomaten, trockengeröstete Sardellen geben dazu einen eigenwilligen Kontrast. Der weiße Grillo aus Sizilien für günstige 4,10 Euro kann mit der nötigen Wucht dagegenhalten.
Die braucht der filigrane Lugana vom Gardasee (6,50 Euro) als Begleitung zum Thunfisch (24 Euro) nicht. Zwei superfrische Tranchen werden wunschgemäß nur kurz und scharf von beiden Seiten angebraten und mit Chili und Zitrone aromatisiert. Ein Klassiker aus alten Amalfi-Zeiten sind die Kalbsröllchen mit cremiger Mozzarella-Füllung (19 Euro) auf Ruccola. In der kräftigen Rotweinsoße wird der knackige Salat allerdings schnell matschig. Der Empfehlung, als Beilage zu beiden Hauptgerichten Gemüse und Bratkartoffeln zu nehmen, folgen wir gern. Blumenkohlröschen, Zucchini- und Möhrenscheiben in Öl fein gedünstet, die Kartoffelscheiben kross gebraten und mit mediterranen Kräutern gewürzt – Begleitung, keine Dominanz. Ebenfalls eine gute Empfehlung: der kräftige Chianti (6,50 Euro) vom Edel-Erzeuger Poggio Alloro in San Gimignano.
Visitenkarte
Ristorante Via del Campo
Brandenburger Straße 65, 64297 Darmstadt-Eberstadt
Öffnungszeiten: 11.30 bis 14.30 und 17.30 bis 22 Uhr. Montag Ruhetag.
Telefon: 06151-52868
Nicht barrierefrei, kein Raucherbereich.
Originelle, sorgfältig zubereitete italienische Küche in unprätentiöser Umgebung und freundlicher Atmosphäre. Im Sommer große Terrasse.
Als wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Mimmo von Konserven und Halbfertigprodukten nichts hält, ertönt bald nach der Bestellung einer Zabaione (4,50 Euro) das rhythmische Schlagen des Schneebesens aus der Küche. Das aromatisch – dieses Adjektiv drängt sich hier immer wieder auf – duftende Ergebnis überzeugt mit dezentem Marsala-Geschmack: luftig, lauwarm, lecker! Die Schokoladenmousse (4,50 Euro) ohne Mehl und Milch war zwar bei der Bestellung vermutlich schon fertig, ist aber erkennbar selbstgemacht. Im Grunde eher ein Kuchen, schmeckt sie kräftig nach Kakao und ist erfreulich unsüß.
Grappa bestellt man hier nach dem Essen besser nicht. Den gibt es nämlich sowieso, von Loredanas Familie in Süditalien hergestellt, mild und mit gelblicher Fassnote.