Das Ristorante Amalfi in Darmstadt-Bessungen hat seit zwei Jahren neue Pächter. Sie haben das alteingesessene Lokal zu einem Geheimtipp für ausgefallene italienische Küche gemacht.
Von wow
Schaufenster der italienischen Genüsse: Das Ristorante Amalfi in der Darmstädter Karlstraße. Foto: André Hirtz
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DARMSTADT - Restaurantkritik – Die Inhaber des Bessunger „Amalfi“ sind auf Umwegen an den Woog gekommen und haben ausgefallene Spezialitäten mitgebracht
Das Ristorante Amalfi in Darmstadt-Bessungen hat seit zwei Jahren neue Pächter. Sie haben das alteingesessene Lokal zu einem Geheimtipp für ausgefallene italienische Küche gemacht.
Die 98 ist eine magische Zahl in Darmstadt. Aber was sie da für eine Hausnummer haben, das wissen sie im Ristorante Amalfi in der Karlstraße 98 vermutlich gar nicht. Von Darmstadts berühmtestem Italiener, dem einstigen „Lilien“-Spieler und -Trainer Bruno Labbadia, hat Loredana Castella jedenfalls noch nie etwas gehört. „Vielleicht mein Mann“, sagt die charmante Wirtin. Mit ihm hat sie das Lokal 2012 übernommen, ist auf dem Umweg über London vor sieben Jahren aus Italien nach Darmstadt gekommen. Nach dem aktuellen Personal des SV 98 haben wir vorsichtshalber gar nicht erst gefragt.
Man muss aber auch überhaupt kein Fußballfan sein, um das Amalfi zu mögen, immerhin seit Jahrzehnten eine Institution weit über den Stadtteil Bessungen hinaus. Das ist nämlich unter den neuen Inhabern zu einer Art Geheimtipp für ausgefallene italienische Küche geworden. Den gewohnten Vierklang aus Pizza und Pasta, Scaloppina und Bistecca findet man hier – in einer hellen Gaststube mit moderner Kunst und einer bunkerartigen Theke – natürlich auch. Beim genauen Studium der nicht allzu umfangreichen Speisekarte entdeckt der Gast jedoch Besonderheiten wie eine Pizza mit sizilianischen Sardinen und roten Zwiebeln oder die „Pizza afrodisiaca“ mit diversen, mutmaßlich die Manneskraft mobilisierenden Meeresfrüchten (Pizze meist sieben bis neun Euro).
Visitenkarte
Ristorante Amalfi
Karlstraße 98, 64285 Darmstadt
Telefon 06151 6066108
Öffnungszeiten: 11.30 bis 15 und 17.30 bis 24 Uhr.
Dienstag Ruhetag.
Barrierefrei: ja, Raucherbereich: nein
Gemütlich-familiäres Lokal mit ausgefallenen italienischen Spezialitäten.
Erst recht lohnend ist zudem die große Tafel mit den Angeboten des Tages, auf die sich die Dippegucker konzentrieren. Es geht los mit einer kleinen Bruschetta auf einem großen Teller (der Gruß aus der Küche), mit ein paar Spritzern Olivenöl und Balsamico optisch aufgepeppt – ein solider Einstieg. Für jeweils elf Euro probieren wir gegrillte Jakobsmuscheln und gegrillte Gambas, die sichtbare kräftige Röstnoten aufweisen, im Kontrast dazu Tomaten- und Zitronenscheiben. Jakobsmuscheln finden wir auch in der Fischsuppe (neun Euro), einer intensiv duftenden klaren Brühe mit leichter Schärfe, außerdem Venusmuscheln und Shrimps.
Die Abteilung Pasta berücksichtigen wir mit Ziti, einer Art Penne – also kurze, dicke Röhren – mit Auberginen, Parmesan und Mozzarella, das Ganze leicht tomatisiert, die beiden Käsesorten sind um die Bitternis der Eierfrucht schön ausbalanciert (12,50 Euro). Nicht alltäglich ist auch das zweite Nudelgericht, rote Linguine mit Seeteufel, Sahne und Zitrone. Die beiden letztgenannten sind in der Kombination oft heikel, hier aber stimmig.
Die frischen Steinpilze aus der opulent bestückten Antipasti-Vitrine lassen wir außer der Reihe zum Steak reichen, mit 30 Euro keine billiges, aber köstliches Vergnügen: das Fleisch zart und dunkelrot im Kern, die Pilze noch fest, das ganze mild gewürzt. Die Kalbsrouladen mit Mozzarella erleben wir butterweich geschmort, mit cremiger Käsefüllung und leicht überkrustet auf Rucola, die Bratkartoffeln mit Salbei passen perfekt.
Desserts sind nirgendwo vermerkt – hier zählt die mündliche Ansage. Ein Rezept für Apfelcrumble hat die Wirtin aus London mitgebracht, wo es vermutlich keinen besseren gibt: duftiges Apfelaroma, die Streusel weich durchgezogen. Auch die Panna cotta mit Karamell muss genau so sein: halbfest und intensiv nach Sahne schmeckend. Der Schokoladenkuchen ohne Mehl ist leicht und luftig mit dunklem Aroma.
Interessant ist auch die kleine handgeschrieben Weinkarte mit einer nicht alltäglichen Auswahl. Wir haben zwei Bioweine der Tenuta Marino aus der Heimat von Signora Castellana probiert, der Basilicata ganz im Süden. Der weiße Aglianico hat eine strohgelbe Farbe und besteht mit seiner Wucht neben den gegrillten Fischvorspeisen. Die rote Cuvee ist leicht und hat wenig Tannine, aber dennoch viel Würze.
Den hausgemachten Grappa zum Schluss (aufs Haus) sollte man sich keinesfalls entgehen lassen.