Weniger Kriminalität in Rheinland-Pfalz während Corona-Krise

aus Coronavirus-Pandemie

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Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Rheinland-Pfalz ist in der Corona-Krise deutlich zurückgegangen Archivfoto: Fotolia/Rainer Fuhrmann
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Zwar ist etwa die Zahl der Wohnungseinbrüche und Diebstähle in Rheinland-Pfalz zurückgegangen. Das Landeskriminalamt warnt aber vor neuen Betrugsmaschen.

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MAINZ. In geschlossenen Läden kann man nichts klauen und in Zeiten, in denen viele Menschen im Homeoffice arbeiten, sind auch Einbrüche hochriskant. Die massiven Einschränkungen in der Corona-Krise wirken sich auf das Kriminalitätsgeschehen im Land aus – und zwar positiv. Die „Tatgelegenheitsstruktur“, wie es im Fachjargon heißt, ist bei vielen Delikten weggebrochen. So registriert die Polizei bei Laden- und Taschendiebstählen, Sachbeschädigungen, Streitereien, Körperverletzungen und Drogenkriminalität sinkende Fallzahlen in teilweise zweistelliger Höhe. Auf der anderen Seite rechnet das Landeskriminalamt mit einem Anstieg der Internetkriminalität und der häuslichen Gewalt.

Johannes Kunz, Präsident des Landeskriminalamtes, sprach am Mittwoch in Mainz von Trends, die sich aus den von den Dienststellen bearbeiteten Fällen, ableiten lassen. So verstärke die Corona-Krise die schon im Vorjahr festgestellte Entwicklung zu einem Rückgang bei der Kriminalität. Im ersten Quartal 2020 ist die Zahl der Straftaten in Rheinland-Pfalz um mehr als 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Im März lag der Rückgang sogar bei 38 Prozent, was Kunz als Folge der Ausgangsbeschränkungen wertete. „Es fehlt an potenziellen Opfern“, brachte es der LKA-Präsident auf den Punkt. Bei den Einbrüchen verzeichnete die Polizei im ersten Quartal ein Minus von 22 Prozent; im März sogar 27 Prozent. Beim Schwarzfahren gibt es mit 36 Fällen im März zwar einen Rückgang um 90 Prozent, doch ist diese Zahl nicht allzu aussagekräftig, da einige Verkehrsbetriebe in Zügen und Bussen nicht mehr kontrollieren.

Risikoverhalten der Täter

Dass die Kriminalität durch Corona rückläufig ist, liegt laut Kunz überdies am Risikoverhalten der Täter. „Auch sie wollen sich vor einer Ansteckung schützen und meiden deshalb Kontakte“, verdeutlichte Kunz.

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Allerdings gilt das nicht für alle. Denn es gebe Betrüger, die die Corona-Krisen für ihre Zwecke nutzen. Die Palette reicht hier von Enkeltrickvarianten bis hin zum Angebot von total überteuerten und unwirksamen Corona-Tests im Internet. „Zu einer Auslieferung der Waren kommt es natürlich nicht“, weiß Kunz. Der LKA-Präsident berichtet zudem von Einbrüchen in Arztpraxen und Apotheken. Beute: Schutzmasken und Desinfektionsmittel. Als Täter kommen hier auch Drogensüchtige in Frage, da das übliche Feld der Beschaffungskriminalität weitestgehend nicht mehr vorhanden ist.

„Wir werden mit Streifen vor Ort präsent sein“

Von der prophezeiten Zunahme häuslicher Gewalt ist im aktuellen Kriminalitätsgeschehen noch nichts zu spüren. Im Gegenteil. Auch hier verzeichnet die Polizei einen Rückgang von 20 Prozent. Allerdings rechnet man damit, dass die Gewalt gegenüber Frauen, Kindern und Pflegebedürftigen bei längerem Andauern des „shutdowns“ zunimmt. Gleiches gilt für die Verlagerung des Kriminalitätsgeschehens von der realen in die virtuelle Welt. LKA-Chef Kunz rät Opfern von Betrügereien im Netz und anderen Delikten der Cyberkriminalität, umgehend Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Tipps, wie man sich gegen Abzocke und Kriminalität im Netz schützen kann, gibt es auf der Homepage www.cybersicherheit-rlp.de. Für Anzeigen steht auch die Onlinewache zur Verfügung. Dieser Weg werde laut Kunz gerade in den vergangenen vier Wochen verstärkt genutzt. Waren es 2019 39 Eingaben pro Tag, ist diese Zahl auf aktuell 139 Eingaben pro Tag gestiegen.

Die rheinland-pfälzische Polizei will die Präsenz am bevorstehenden Osterwochenende hochhalten. Das Personal des Wechselschichtdienstes wurde von 3.500 auf 4.000 Beamte aufgestockt. Unter anderem wurden zusätzliche Kräfte aus Absolventen der Hochschule der Polizei rekrutiert. Jürgen Schmitt, Inspekteur der Polizei in Rheinland-Pfalz, rät der Bevölkerung, auch am Osterwochenende möglichst zu Hause zu bleiben und persönliche Kontakte zu reduzieren. „Wir werden mit Streifen vor Ort präsent sein und bei Verstößen einschreiten“, kündigte Schmitt an. Im Einsatz seien dabei auch wieder die Hubschrauberstaffel und die Wasserschutzpolizei.

64 Polizisten in Rheinland-Pfalz infiziert

Das Coronavirus macht auch vor der Polizei nicht halt. Gegenwärtig sind 64 Polizisten in Rheinland-Pfalz infiziert. Bei weiteren über 800 Beamten wird derzeit eine mögliche Infektion abgeklärt. „Es gibt aber auch schon viele, die nach ihrer Genesung wieder in den Dienst zurückgekehrt sind“, stellte Schmitt fest.

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Innenminister Roger Lewentz (SPD) stellt der Bevölkerung ein Lob aus. Die habe sich bislang diszipliniert verhalten. Mit rund 700 Ordnungswidrigkeiten habe sich die Zahl der Verstöße gegen die Corona-Verordnung am vergangenen Wochenende auf niedrigem Niveau gehalten. „Die Menschen sind verantwortungsbewusst. Das hat sich bewährt“, unterstrich Lewentz. Das erwarte er von den Mitbürgern nun auch am Osterwochenende. Der Innenminister verdeutlichte, dass diese Erwartung keine Bitte, sondern ein verpflichtender Hinweis sei. „Jeder ist mitverantwortlich dafür, dass die Kurve der Infektionen sich weiter abflacht“, betonte Roger Lewentz.

Der Minister machte zudem deutlich, dass es solch eine Lage, solche einen Langzeiteinsatz für die Polizei in der Geschichte des Landes noch nie gegeben habe. Man sei jedoch gut aufgestellt. „Wie sind gewappnet für die nächsten Wochen. Die Belastungsgrenzen sind trotz der enormen Einsatzzeiten noch nicht erreicht“, sagte der Minister.

Von Thomas Ehlke