Viermal Steuern in Rheinland-Pfalz verschwendet?

Blick auf das 50. Schwarzbuch „Die öffentliche Verschwendung 2022/23“, das heute vom Bund der Steuerzahler Deutschland veröffentlicht wurde. Foto: dpa

Der Bund der Steuerzahler veröffentlicht wieder sein Schwarzbuch mit vier Fällen aus Rheinland-Pfalz. Es geht um Sonderurlaub für Staatssekretäre, Werbung und ein Gerüst in Mainz.

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MAINZ. Monate- oder gar jahrelanger Sonderurlaub für drei Staatssekretäre, ein Gerüst an der VHS Mainz, Werbung auf Facebook. Der Verein Bund der Steuerzahler (BdSt) stellt sein 50. Schwarzbuch vor. Darin geht es um den verschwenderischen Umgang mit Steuergeld. Vier Fälle stammen aus Rheinland-Pfalz.

Staatssekretäre im Dauer-Sonderurlaub

Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz genehmigte drei Staatssekretären sehr lange Sonderurlaube. Von 13 Monaten bis zehn Jahren und unbefristet ist die Rede. Nach Recherchen des SWR waren drei SPD-geführte Ministerien betroffen: Salvatore Barbaro wechselte vom Wissenschaftsministerium an die Uni Mainz. Alexander Wilhelm war im Gesundheitsministerium und leitet nun das Landeskrankenhaus Andernach. Jürgen Häfner ging vom Innenministerium zu Lotto Rheinland-Pfalz.

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Amtsbezüge würden die Dauerurlauber in dieser Zeit zwar nicht erhalten, aber die Sonderurlaubszeit werde auf die Versorgungsbezüge angerechnet. „Im Ruhestand bedeutet das eine dickere Pension“, erläutert der BdSt das Problem.

Dabei hätten die Langzeit-Sonderurlaube nicht gewährt werden dürfen, denn sie seien gesetzlich nicht gedeckt, auch weil eine Rückkehr der Staatssekretäre in ihr Amt nicht erkennbar vorgesehen sei. Das teilte schon im Februar der Landesrechnungshof mit. „Nach Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts sind längerfristige Beurlaubungen selbst aus wichtigem Grund nur ausnahmsweise anzuerkennen“, so das Schwarzbuch. In einem Fall sei der Sonderurlaub inzwischen beendet.

Der Landesrechnungshof hat auch ermittelt, dass ein solcher Sonderurlaub im Einzelfall eine um bis zu 49.000 Euro im Jahr erhöhte Pension ausmache.

Facebook-Werbung

Für rund 10.000 Euro hatte das rheinland-pfälzische Umweltministerium nach Angaben des BdSt Werbung auf Facebook geschaltet, die sich gezielt an Interessenten der Grünen richtete. Allerdings müsse staatliche Öffentlichkeitsarbeit neutral sein, heißt es im Bericht. Dieser Grundsatz sei zwar bekannt, dennoch beauftragte das Grünen-geführte Ministerium ein Gutachten für 45.000 Euro.

Wenn der Staat Werbung nach Parteipräferenz schaltet, werde das Neutralitätsgebot verletzt, kritisiert der Verein. Dieses besage, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung nicht ihre Parteien unterstützen oder Oppositionsparteien bekämpfen darf. Dagegen soll das Ministerium jedoch zwischen 2018 und 2021 verstoßen haben, so der BdSt.

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Kaum aufgeflogen, habe das Umweltministerium gegenüber dem Bund der Steuerzahler eingeräumt, dass diese Werbepraxis falsch gewesen sei. Es habe diese Praxis eingestellt. Danach habe das Ministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben, das 2022 vorgestellt wurde. Die Quintessenz laut Schwarzbuch: Aus Neutralitätsgründen sei es falsch gewesen, das grüne Wählerklientel als Zielgruppe auszuwählen. Die Behörde hätte „nicht die 4,5-fache Summe der beanstandeten Facebook-Werbung für ein überflüssiges Gutachten ausgegeben werden müssen“, findet der BdSt.

Gerüst an der Mainzer VHS

Auch ein Gerüst, das seit 2013 an der Volkshochschule in Mainz stand, taucht im Schwarzbuch auf. Das Gebäude benötigte einen weiteren Fluchtweg. 2013 wurde das Fluchttreppengerüst aufgestellt. Ab 2015 war eine Sanierung geplant, bei der ein modernes Treppenhaus das Provisorium ablösen sollte. Doch dazu kam es nicht wegen Geldmangels. Das gemietete Gerüst kostete pro Monat 1700 Euro brutto, so der BdSt – und hat die Gesamtkosten ausgerechnet: 168.000 Euro brutto.

Schlaue Sitzbänke

Sitzbänke, die Internet bieten, USB-Anschluss haben, solarbetrieben und förderfähig sind? Der Kreis Kusel hat 98 Gemeinden und will jede mit diesen Sitzbänken ausgestattet. Kosten pro Bank: 6700 Euro – macht insgesamt rund 600.000 Euro. Weil die Bänke einen Internet-Hotspot bilden können, könnte die Anschaffung von Bund und EU gefördert werden. Doch in fünf der Gemeinden gibt es Mobilfunklücken, schreibt der BdSt. Es brauche keine Symbolpolitik nach Art der „schlauen“ Bänke, sondern eine flächendeckende Anbindung an das Mobilfunknetz und Breitband-Internet, fordert dieser. „Dann wird auch ohne Zusatzkosten jede gewöhnliche Sitzbank ,schlau‘.“