Roger Lewentz will erneut als SPD-Landeschef kandidieren

Roger Lewentz auf der Pressekonferenz in Mainz.
© Dominik Theis

Nach seinem Rücktritt als rheinland-pfälzischer Innenminister war es ruhig um Roger Lewentz geworden. Nun teilt er mit, ein letztes Mal als SPD-Landeschef kandidieren zu wollen.

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Mainz. Als der Moment gekommen ist, auf den alle gewartet haben, grinst Roger Lewentz und richtet sich auf. Auf dem Stuhl neben ihm grinst Ministerpräsidentin Malu Dreyer hörbar zurück. Lewentz hat am Freitag in die rheinland-pfälzische SPD-Landeszentrale nach Mainz eingeladen, um die Frage zu klären, ob er im November für zwei weitere Jahre als Chef der Landespartei kandidieren möchte. Ja, er will, „ein letztes Mal“, wie Lewentz bei der Pressekonferenz mitteilt. Sollte er auf dem Parteitag von den Mitgliedern gewählt werden, „dann werde ich in den kommenden zwei Jahren den Übergang zu einem neuen Landesvorsitzenden einleiten“, so der 60-Jährige.

Seit 2012 hat Lewentz das Amt als Landesvorsitzender inne, seine Wiederwahl auf dem Landesparteitag am 4. November in Wirges gilt als gesichert. Gegenkandidaten werden keine erwartet. Seine Entscheidung, das Amt bis 2025 fortzuführen, dürfte dennoch ein großes Echo auslösen: Erst im vergangenen Oktober ist Lewentz als rheinland-pfälzischer Innenminister zurückgetreten. Zuvor hatte er die politische Verantwortung übernommen für Fehler, die in seinem Ministerium rund um die Flutkatastrophe im Ahrtal passiert sind. Im Juli 2021 sind 135 Menschen im Hochwasser gestorben. Erst als der politische Druck rund um die Aufklärungsarbeit des rheinland-pfälzischen Untersuchungsausschusses immer größer geworden war, hatte Lewentz sein Amt zur Verfügung gestellt.

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In den vergangenen Monaten hatte sich zusehends abgezeichnet, dass Lewentz den Posten als Landesvorsitzender trotz seines Rücktritts als Minister behalten will. Er selbst hat in den vergangenen Wochen immer wieder berichtet, landesweit viele Gespräche mit Mitgliedern seiner Partei geführt zu haben – auch hinsichtlich einer Wiederwahl. In diesen Gesprächen habe er ausnahmslos „guten Zuspruch“ erhalten, weshalb er sich für eine erneute Kandidatur entschieden habe, so der 60-Jährige. „Es war das Echo aus der Partei, das mich dazu bewogen hat, es ist ein schönes Gefühl, von den Mitgliedern getragen zu werden.“ Unmittelbar nach seinem Rücktritt im vergangenen Oktober hatte Lewentz es noch offen gelassen, ob er sich womöglich sogar komplett aus der Politik zurückziehen würde. „Bis zum heutigen Tag aber habe ich Anrufe oder Nachrichten von Parteimitgliedern bekommen, die mir gesagt haben, ich solle weitermachen“, so Lewentz. Auch von Genossen von der Ahr.

Neben dem Ziel, für eine geregelte Nachfolge zu sorgen, gibt Lewentz an, dass ihn vor allem der Kampf gegen die immer größer werdenden politischen Ränder antreibe, weiterzumachen. „Es ist mein Ziel, politische Extremisten kleinzuhalten“, sagt er und führt die Stimmzuwächse bei der AfD oder den immer größer werdenden Kreis der sogenannten Reichsbürger als Beispiele an. In diesen für die Demokratie schwierigen Zeiten brauche es daher seiner Ansicht nach eine stabile SPD im Land, so Lewentz. Die rheinland-pfälzische CDU hingegen bezeichnet Lewentz als „Landesverliererpartei“.

Auch Ministerpräsidentin Dreyer begrüßt am Freitag auf der Pressekonferenz den Entschluss ihres Parteifreundes Lewentz’. „Ich bin absolut überzeugt, dass er der richtige Mann ist. Roger hat eine breite Unterstützung in der Partei“, so die rheinland-pfälzische Regierungschefin. Dreyer erklärt weiter, dass es Teil des Selbstverständnisses der SPD sei, sich nicht „permanent um Personalstreitigkeiten zu kümmern“ – ebenfalls ein Seitenhieb auf die CDU im Land, die erst im vergangenen Winter mit einem internen Putsch gegen Fraktionschef Christian Baldauf für Schlagzeilen gesorgt hatte. Angesprochen auf die Frage, ob auch sie als Ministerpräsidentin alsbald einen Übergang zu einer Nachfolge einleiten würde, antwortet Dreyer ausweichend: „Diese Frage stellt sich drei Jahre vor der nächsten Landtagswahl noch nicht.“

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CDU-Landeschef Baldauf kritisiert Lewentz’ Entscheidung mit deutlichen Worten

Kritik an Lewentz’ Wiederwahlplänen kommt postwendend von der rheinland-pfälzischen CDU. Landeschef Christian Baldauf sagt: „Roger Lewentz fehlt nicht nur das nötige Fingerspitzengefühl, er scheint auch den Kontakt zu den Menschen im Land verloren zu haben.“ Baldauf erinnert daran, dass seiner Meinung nach Lewentz ein „verantwortlicher Teil eines schwerwiegenden Staats- und Organisationsversagens vor, während und nach der Flut“ gewesen sei. „Wer als Minister in einer Katastrophe, bei der 135 Menschen ihr Leben verloren haben, derart versagt hat, kann nach meinem Empfinden nicht weiter Vorsitzender der größten Regierungspartei im Land bleiben. Ich empfehle den Sozialdemokraten dringend, ihren moralischen Kompass auszurichten, wenn sie ihren neuen – oder eben alten – Parteivorsitzenden wählen.“