CDU-Geschäftsführer Zimmer zur Doppelspitze, zum Fall...

Jan Zimmer ist politischer Geschäftsführer der CDU Rheinland-Pfalz. Foto: Lisa Bolz

Seit März agiert die CDU Rheinland-Pfalz mit einer Doppelspitze – und einem politischen Geschäftsführer, Jan Zimmer. Wir sprachen mit dem Christdemokraten über Julia...

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MAINZ. Seit März agiert die CDU Rheinland-Pfalz mit einer Doppelspitze – und einem politischen Geschäftsführer, Jan Zimmer. Wir sprachen mit dem Christdemokraten über Julia Klöckner und Christian Baldauf, den Fall Susanna und die Affäre Marcus Held.

Herr Zimmer, der Fall Susanna erschüttert die Menschen. Nun kommen die ersten Forderungen nach Konsequenzen. Ihre Meinung?

Als Vater von zwei Kindern berührt mich das sehr. Zuerst einmal gilt den Angehörigen unser ganzes Mitgefühl, unvorstellbar, welches Leid sie tragen. Hätte die Tat verhindert werden können und wie, das treibt uns um. Doch ich kann nur davor warnen, die Tat zu instrumentalisieren.

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Dennoch stehen wichtige Fragen im Raum: Wissen wir wirklich, wer in der Flüchtlingskrise alles zu uns gekommen ist? Und wie kann es sein, dass ein Asylantrag abgelehnt ist, jemand Straftaten begeht, aber völlig unbehelligt im Land bleiben darf?

Deshalb hat die Union ja das Konzept der Ankerzentren in den Koalitionsvertrag eingebracht, das übrigens auf einem zwei Jahre alten Vorschlag von Julia Klöckner („A2“) basiert. Es geht darum, Antrag, Bearbeitung und auch Rechtsweg unter einem Dach zu haben. Bevor das nicht geklärt ist, wird niemand in die Kommunen verteilt. Wessen Asylantrag abgelehnt wurde, der wird vom Ankerzentrum aus abgeschoben. Frau Dreyer jedoch lehnt das ab und nimmt in Kauf, dass sich weiterhin Menschen in unserem Land bewegen, die hier nicht sein dürfen. Ein solches Regierungsverhalten ist unverantwortlich.

Wie ist das Verhältnis der CDU zur AfD? Landtagsfraktionschef Baldauf hatte unlängst gesagt, mit der AfD werde es keine Zusammenarbeit geben…

Da hat er Recht. Die AfD vertritt ein herabwürdigendes, abschätziges Menschenbild, das mit dem der CDU unvereinbar ist. Wir möchten die Gesellschaft zusammenhalten, die AfD setzt aus Prinzip auf Skandalisierung und Aufhetzen.

2021 wird für die CDU Rheinland-Pfalz ein besonderes Jahr sein: Sie sind dann genau 30 Jahre in der Opposition. Bereiten Sie bereits die Feierlichkeiten vor?

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(Lacht) Ja, zur Regierungsübernahme.

Was macht Sie da so sicher?

Was erwarten Sie denn, dass wir nicht kämpfen? Rheinland-Pfalz kann mehr. Wir haben so viele gute Köpfe, unverbraucht, motiviert und praxisnah. Schon 2016 waren wir auf dem richtigen Weg …

… die Landtagswahl haben Sie verloren.

Ja, leider. Aber nicht, weil alles falsch war, wie wir heute sehen. Wir lagen mit sehr vielen Themen richtig. Die Landtagswahl 2016 ist ja nicht aufgrund von rheinland-pfälzischer Sachpolitik verloren worden. Die Flüchtlingskrise hatte natürlich ihre Auswirkung. Dass wir den einen oder anderen eigenen Fehler gemacht haben, will ich gar nicht verschweigen.

Die CDU fährt mit Blick 2021 augenscheinlich auf Sicht, es gibt eine Doppelspitze Klöckner/Baldauf. Macht das Sinn?

Ich weiß, dass Sie jetzt am liebsten wissen wollen, wer Spitzenkandidat wird – aber darum geht es jetzt nicht, denn unser nächstes Ziel heißt Kommunalwahl. Die CDU ist die Kommunalpartei. Von 24 Landräten stellt die CDU immerhin 20. Geballte Kompetenz und Erfahrung vor Ort. Julia Klöckner und Christian Baldauf sind zwei starke Persönlichkeiten, die sich prima ergänzen und zusammenarbeiten.

Wer führt im Augenblick eigentlich die CDU Rheinland-Pfalz?

Natürlich unsere Landesvorsitzende, und das sehr geräuschlos und gradlinig.

Und Sie treten als Generalsekretär im Oktober an?

Ich bin politischer Geschäftsführer, und es wird im Herbst ein Generalsekretär zur Wahl stehen, den die Landesvorsitzende vorschlägt.

Kommen wir zur Ampelregierung. Die haben unlängst ja auch gefeiert…

… sich selbst, doch den Bürgern ist leider nicht mehr zum Feiern zumute: In vielem hat unser Bundesland leider wegen falscher Entscheidungen der SPD-geführten Regierung die rote Laterne. Nehmen Sie den Hausärztemangel – während andere Länder früh dagegen gesteuert haben, hat es die SPD verpennt. Unterrichtsausfall, Lehrermangel, Polizeiüberlastung, schleppender Straßenausbau oder die Beamtenversorgung – überall hinkt unser Bundesland hinterher. Steuergelder sind genug da, es fehlt aber an den richtigen Entscheidungen, es passiert zu langsam etwas.

Ist doch schön, wenn etwas passiert.

Warum sollen wir einen so niedrigen Anspruch haben? Und wenn sich etwas bewegt, dann weil wir als Christdemokraten am Ball bleiben und konkrete Vorschläge machen. Schauen Sie, wie führungsschwach Frau Dreyer am Ende ist: In Berlin stimmt sie im Koalitionsvertrag für die Ausweitung sicherer Herkunftsländer, kaum in Mainz daheim, erklärt sie, im Bundesrat dagegen zu stimmen.

Sie haben zuletzt heftig die SPD wegen ihres Managements der Krise um den Oppenheimer SPD-Politiker Marcus Held kritisiert. Was genau sind Ihre Kritikpunkte?

Die SPD soll endlich mal die Spender unter 10 000 Euro veröffentlichen. Herr Lewentz stellt sich ahnungslos und hilflos dar, aber es sind seine Parteikumpel, er weiß doch, was gelaufen ist. Warum legt er nicht offen, wer alles aus der Region Oppenheim an Stadt oder den SPD-Landesverband gespendet hat? Als wir im Herbst 2016 mit eigenen Vorwürfen konfrontiert wurden, haben wir alle Spender angeschrieben und die Spenden dann selbst offengelegt. Und was ist aus dem Vorstoß des SPD-Kreisvorsitzenden Barbaro geworden, Held solle aus der Bundestagsfraktion ausgeschlossen werden? Nichts. Menschen machen Fehler, aber wenn sie wie Schweitzer, Lewentz oder Dreyer immer auf andere zeigen, sich aber nicht an die eigenen Maßstäbe halten, dann ist das eine charakterliche Schwäche.

Stichwort Parteienfinanzierung: SPD und CDU wollen eine Erhöhung um mehr als 17 Prozent. Und dann wundern Sie sich über Politikverdrossenheit...

Unsere Parteiendemokratie hat sich sehr bewährt. Und wir alle sehen, wie wichtig es ist, dass Parteien bei der politischen Willensbildung ordentlich mitwirken. Das sieht unsere Verfassung so vor. Die Kommunalwahl wäre beispielsweise ohne staatliche Zuschüsse so gar nicht denkbar. Wichtig ist, dass Parteien ihre Einnahmen und Ausgaben transparent machen und die Bürger nachvollziehen können, wofür das Geld benötigt wird.

Das Interview führte Markus Lachmann.