CDU attackiert Regierungserklärung von Dreyer zur Ahr-Flut
Kommende Woche jährt sich die Flut-Katastrophe zum ersten Mal. Seit Wochen kritisiert die CDU, dass die Hilfen des Landes für Flutopfer zu „bürokratisch“ und „langsam“ verlaufen.
MAINZ. Wenn es im Ahrtal anfängt zu regnen, erzählt CDU-Politiker Horst Gies im Landtag, da kommt sie bei den Menschen jedes Mal wieder hoch. Die Angst, die Erinnerung an den Tag im Juli vergangenes Jahr als eine unheilvolle Flut über die Menschen hereinbrach. Der Landtagsabgeordnete Gies stammt von der Ahr, hat als Interimslandrat mehrere Monate an vorderster Front beim Wiederaufbau mitgewirkt. Er sagt, er kenne die Sorgen und Nöte der Bürger vor Ort. Anlässlich des sich anbahnenden ersten Jahrestages des Unglücks hat sich am Mittwoch im Landtag Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in einer Regierungserklärung zur Ahr-Katastrophe und den Wiederaufbau geäußert – und heftige Widerworte von Oppositionspolitiker Gies erhalten.
„Die Menschen fühlen sich im Stich gelassen“
In seiner Rede erklärte Gies, dass vielen Bürgern an der Ahr allmählich beim Wiederaufbau „die Puste“ ausgehe. Mehr noch: „Die Menschen fühlen sich von der Landesregierung im Stich gelassen. Sie haben den Versprechen kurz nach der Flut geglaubt, in denen ihnen schnelle, unbürokratische Hilfen angekündigt wurden.“ Die Realität allerdings sehe anders aus.
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Seit Wochen schwelt die Kritik an der Ahr, dass Hilfsgelder durch das Land nur schleppend ausgezahlt werden. Aus dem 15 Milliarden Euro schweren Topf an Hilfsgeldern sind bislang nur rund 500 Millionen Euro abgeschöpft worden. „Und davon mehrere Hunderte Millionen Euro allein nur für die Müllentsorgung“, monierte Gies. Besonders in der Kritik steht in diesem Zusammenhang die rheinland-pfälzische Investitionsbank ISB, die zuständig ist für die Bearbeitung der Hilfsanträge. Ihr wird von der Opposition vorgeworfen, viel zu langsam die viel zu komplizierten Anträge zu bearbeiten. Gies: „Die ISB ist eine hundertprozentige Tochter des Landes Rheinland-Pfalz. Also sorgen Sie, Frau Ministerpräsidentin, dafür, dass die ISB endlich über ihren eigenen, bürokratischen Schatten springt.“
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In ihrer Regierungserklärung hatte Ministerpräsidentin Dreyer zuvor mitgeteilt, dass die ISB künftig ermöglichen werde, bei Bedarf einen erhöhten Abschlag der bewilligten Hilfssumme von 40 Prozent an die Flutopfer auszuzahlen – im Rahmen einer Härtefallregel. Bislang lag der Abschlag bei nur 20 Prozent. Dazu sagte Gies: „Die Erhöhung ist richtig, aber wieso mit einer Härtefallregelung? Das ist doch erneut mit unnötiger Bürokratie behaftet.“
Dreyer reagiert auf Vorwürfe
Dreyer erklärte in ihrer Rede derweil, dass „die finanzielle Hilfe für die Menschen eine ganz zentrale Rolle“ spiele. Den Vorwurf allerdings, dass die Landesregierung die Menschen an der Ahr hierbei im Stich lasse, den wies die Ministerpräsidentin entschieden zurück. „Direkt nach der Katastrophe wurden 167 Millionen Euro Soforthilfen ausgezahlt. Bis heute sind 540 Millionen Euro Aufbauhilfen bewilligt, darunter 222 Millionen Euro für Gebäude“, führte Dreyer aus. Zudem seien bereits insgesamt über 90 Prozent aller vollständig eingereichten Anträge durch die ISB bewilligt worden.
Auch den Vorwurf des stockenden Wiederaufbaus griff die Ministerpräsidentin auf. Dreyer bilanzierte, dass bereits 100 Tage nach der Katastrophe die schwer beschädigte Gashochdruckleitung wieder in Betrieb genommen werden konnte. Zudem seien alle Schulstandorte und Kitas wieder besucht, an einigen Standorten allerdings noch mit Behelfslösungen. Hinzu käme, dass nur sechs Wochen nach der Naturkatastrophe alle Städte und Dörfer wieder ans Straßennetz angebunden gewesen seien. Dreyer: „Natürlich stellt sich trotzdem bei manchen das Gefühl ein, es geht nichts voran.“ Sie wisse, es gebe Engpässe bei Handwerkern und Gutachtern, dazu kämen teils langwierige Auseinandersetzungen mit Versicherungen. „Ich verstehe, dass das einen zermürben kann.“ Aber Dreyer versichert in Richtung der Menschen an der Ahr, „wir im Land, wir arbeiten jeden Tag hart daran, dass das Ahrtal wieder aufgebaut wird“.
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In der Nacht auf den 15. Juli hat eine meterhohe Sturzflut über Nacht im Kreis Ahrweiler mehr als 130 Menschen mit in den Tod gerissen. Tausende Häuser wurden zerstört, genau wie Brücken, Straßen, Schulen, Kitas, Gasleitungen oder die Kanalisation. Die größte Naturkatastrophe in der Geschichte von Rheinland-Pfalz hat Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Experten schätzen, dass der Wiederaufbau im Ahrtal bis zu zehn Jahre andauern könnte.