Busfahrer-Streik zum Schulstart abgewendet

Eine Fahne der Gewerkschaft Verdi.  Symbolfoto: dpa
© Symbolfoto: dpa

In Rheinland-Pfalz kann die Schule am Montag doch ohne einen möglichen Streik der Busfahrer beginnen: Arbeitgeber und Gewerkschaft Verdi haben sich am Donnerstag geeinigt.

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MAINZ. Die Eltern in Rheinland-Pfalz können aufatmen. Der drohende Streik der Busfahrer zum Schulstart ist abgewendet. Am Donnerstag einigten sich Gewerkschaft Verdi und Arbeitgeber auf eine Einmalzahlung in Höhe von 1500 Euro und ab dem 1. September einen Mindestlohn von 15 Euro für alle Busfahrer im Linienverkehr. Diese Vereinbarung läuft bis zum 31. März.

Doch das ist aus Sicht der Arbeitnehmervertreter nur ein erster Schritt. Denn das Forderungspaket, das Verdi für die Fahrer der Busunternehmen geschnürt hat, wiegt deutlich schwerer. Neben der Durchzahlung von Diensten, gemeint ist die Bezahlung von Pausen und Standzeiten, geht es auch um Lohngefüge, Arbeitszeit und Jahresurlaub. „Wir rücken von keiner dieser Forderungen ab“, macht Verdi-Fachbereichsleiter Jürgen Jung klar.

Fürs Erste ist Jung aber mit dem nun erreichten Abschluss zufrieden. „Damit haben wir den Konflikt von dem schwierigen Termin Schulanfang weggezogen und wir haben eine Regelung erzielt, die uns alle Optionen offenhält“, sagt Jung. Besonders profitierten die Busfahrer in der untersten Gehaltsstufe von dem Abschluss. Jetzt könne man in Ruhe weiter verhandeln, denn mit dem Abschluss gehe auch eine Friedenspflicht einher. Dass die gewerkschaftlich organisierten Busfahrer bereit waren, sich ihre Forderungen zu erstreiten, ergaben Urabstimmungen im Juli. 99,34 Prozent haben sich bei einem Scheitern der Verhandlungen für einen Streik ausgesprochen.

ÖPNV-Index Voraussetzung für Ja der Arbeitgeber

„Die Streiks konnten in letzter Sekunde abgewendet werden“, stellt Heiko Nagel vom Verband des Verkehrsgewerbes Rheinland-Pfalz für die Arbeitgeber hörbar erleichtert fest. Allerdings sei dieser Abschluss eine finanzielle Herkulesaufgabe für die Busunternehmer. Dass deren Vertreter der nun getroffenen Vereinbarung zugestimmt haben, hat vor allem einen Grund: „Wir haben aus der Landespolitik das Signal empfangen, dass es zum 1. Januar 2021 einen ÖPNV-Index geben wird, der solche exorbitant hohen Tarifsteigerungen ausgleichen soll“, bringt es Nagel auf den Punkt.

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Rheinland-Pfalz folgt damit dem Beispiel der Nachbarn in Hessen, wo es einen solchen Index bereits gibt. Die Einführung dieses Indexes ist indes eine zentrale Forderung der Gewerkschaft, wobei Verdi damit nicht nur höhere Löhne, sondern auch eine Verbesserung von Struktur und Qualität des Angebots im Blick hat.

Der Kern des Problems geht zurück in die Achtzigerjahre, als die Kommunen kein Geld mehr hatten, den Busverkehr selbst durchzuführen. Also hat man ihn an private Unternehmen vergeben – zu einem oft dürftigen Preisniveau. Auf der anderen Seite haben die Busbetreiber teilweise Verträge mit einer Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossen, was ihnen die Möglichkeit nahm, größere Preissteigerungen einzurechnen. „Am Ende der Nahrungskette saßen dann die Busfahrer, für die nichts mehr übriggeblieben ist“, verdeutlicht Gewerkschafter Jung. Mit der nun getroffenen politischen Entscheidung der Landesregierung werde das System mit Geld befüllt.

Hoffen auf den Rettungsschirm

Doch die Einführung des ÖPNV-Index ist aber für die Arbeitgeber nicht die einzige Voraussetzung für ihr Ja zum nun getroffenen Abschluss, sondern sie erwarten auch, dass die angekündigten Mittel aus dem ÖPNV-Rettungsschirm von Bund und Ländern in den nächsten beiden Monaten fließen. „Bei 1500 Euro Einmalzahlung braucht die Unternehmerschaft Liquidität“, betont Heiko Nagel. Die erhoffe man sich vom Rettungsschirm. Allerdings, so Nagel, müssten diese Gelder nicht nur an die Konzessionsnehmer, sondern auch an die Subunternehmen fließen. „Das ist ganz wichtig, da wir in Rheinland-Pfalz in dem Bereich eine Subunternehmerquote von 40 Prozent haben“, stellt Nagel fest.

Bei den Eltern sorgt die Einigung der Tarifparteien für große Erleichterung. „Einen Streik hätten wir nicht gebrauchen können. Der wäre zum schlimmsten Zeitpunkt gekommen“, sagt Landeselternsprecher Reiner Schladweiler im Gespräch mit dieser Zeitung. Der regionale Elternbeirat habe in einer Verlautbarung an beide Verhandlungspartner appelliert, sich zu einigen. „Wir haben das unterstützt, weil wir es unmöglich fanden, dass zum Schulstart ein Streik kommen soll. Corona bereitet schon genug Probleme“, erklärt Schladweiler.

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Von Thomas Ehlke