Bundesweit sind rund 900.000 Kinder von Armut betroffen oder bedroht. Mit einem Zehn-Punkte-Programm gegen Kinderarmut will die hessische SPD diesem Missstand entgegenwirken.
WIESBADEN. Die hessische SPD hat knapp drei Wochen vor der Landtagswahl am 28. Oktober ein Zehn-Punkte-Programm gegen Kinderarmut vorgelegt. Damit sollten Konsequenzen aus dem jüngsten Landessozialbericht gezogen werden, sagte Landes- und Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel am Dienstag in Wiesbaden. Nach seinen Angaben sind bundesweit etwa 900.000 Kinder und Jugendliche von Armut betroffen oder bedroht. Das sei jeder Fünfte der jungen Menschen in Deutschland. Kinderarmut stelle auch in einem vergleichsweise reichen Land wie Hessen ein reales Problem dar und sei ein „andauernder gesellschaftlicher Skandal“.
Der Sozialbericht habe eine detaillierte Bestandsaufnahme geliefert und zahlreiche Lösungen zur Bekämpfung von Kinderarmut aufgezeigt. Schäfer-Gümbel kritisierte, dass die schwarz-grüne Koalition dennoch nicht die erforderlichen Konsequenzen gezogen und eine Anhörung zum Sozialbericht abgelehnt habe. Eine von der SPD geführte Landesregierung werde nach der Wahl einen Kurswechsel vollziehen und den Kampf gegen die Kinderarmut zu einem zentralen Thema der Sozialpolitik in Hessen machen.
Kulturelle Teilhabe für alle
Die Unterstützung des Landes müsse mit der Geburt des Kindes beginnen und bis zum Eintritt in die Berufsausbildung reichen, erläuterte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gerhard Merz. Ein Baustein zur Bekämpfung von Kinderarmut sei Gebührenfreiheit für Betreuung vom ersten Lebensjahr an und für alle Betreuungszeiten auch in der Tagespflege. Da Kinder immer länger außerhalb der Familie betreut würden, müssten Kitas und Schulen zudem ein kostenloses und gesundes Mittagessen anbieten. Merz räumte ein, dass dies nur schrittweise zu realisieren sei. Allein für die Kitas entstünden zusätzliche Kosten von etwa 90 Millionen Euro.
Außerdem will die SPD kulturelle Teilhabe für alle gewährleisten. Musik, Kunst, Theater und Literatur seien bedeutende Bestandteile des gesellschaftlichen Zusammenlebens, sagte Merz. Daher sollten Träger kultureller Angebote wie Musikschulen. Bibliotheken und Theater bei spezifischen Angeboten für Kinder aus armen und bildungsfernen Familien unterstützt werden. Sportvereine sollen finanzielle Hilfen erhalten, damit sie Kinder aus armen Familien ohne Beitrag aufnehmen können.
Schutz gegen Kinderarmut
Er freue sich, dass die SPD jetzt viele Vorschläge zur Bekämpfung von Armut aufgreife, die die Regierungskoalition bereits umgesetzt oder für die nächste Legislaturperiode angekündigt habe, sagte Marcus Bocklet, sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.
Der beste Schutz gegen Kinderarmut sei ein ausreichendes Einkommen der Eltern, meinte die CDU-Abgeordnete Birgit Heitland. Dafür biete die CDU-geführte Landesregierung vielfältige Unterstützung an. Heitland nannte das Ausbildungs- und Qualifizierungsbudget, den hessischen Lohnatlas, das Sozialbudget, den flächendeckenden Ausbau von Familienzentren oder das Unterhaltsvorschussgesetz.