Triell zur Hessenwahl: So lief der erste Schlagabtausch

aus Landtagswahl 2023 in Hessen

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VRM-Triell zur Landtagswahl in Hessen mit (von links) Tarek Al-Wazir (Grüne), Nancy Faeser (SPD) und Boris Rhein (CDU).
© Sascha Kopp

Beim VRM-Live-Talk, der ersten Podiumsdiskussion der Spitzenkandidaten für die hessische Landtagswahl, zeigen sich Nancy Faeser, Boris Rhein und Tarek Al-Wazir kämpferisch.

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Wiesbaden. Schlagabtausch der Spitzenkandidaten für das Ministerpräsidentenamt, knapp fünf Wochen vor der Wahl: Am Freitagabend sind Amtsinhaber Boris Rhein (CDU) und seine Herausforderer, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne), zu ihrem ersten Live-Triell zusammengetroffen. Auf Einladung der VRM vor rund 150 Zuschauern im Foyer des Wiesbadener Staatstheaters, moderiert von Landesreporterin Nele Leubner und Tobias Goldbrunner, Chefredakteur Nachrichten. 

Streit über Einwanderungsgesetz

Es war die erwartet lebhafte Diskussion, dabei besonders im Fokus: die Themen Migration, Kinderbetreuung und Fachkräftemangel. Dabei nutzte Amtsinhaber Rhein mehrmals die Gelegenheit, die Bundesregierung zu attackieren. Das von Faeser mitverantwortete Fachkräfteeinwanderungsgesetz werde „gar nichts bringen“, weil es auch nicht-qualifizierte Zuwanderung ermögliche. Seine Forderung nach Kontrollen an Deutschlands Grenzen erwiderte Al-Wazir mit der Mahnung, der „Kern Europas“ sei die Freiheit, sich ohne Grenzkontrollen frei zu bewegen.

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Das Schutzrecht auf Asyl für Menschen in Not wollen Faeser und Al-Wazir gegen anderslautende Vorschläge aus den Reihen der CDU gleichermaßen beibehalten. Rhein wiederholte seine Forderung, der Bund müsse die Bundesländer nach der Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge mit Geld ausstatten. Einigkeit herrschte zumindest bei der Analyse, es sei eine „Riesenherausforderung“ (Faeser) für Bund, Länder und Kommunen.

VRM-Triell zur Landtagswahl in Hessen: Boris Rhein, Nancy Faeser und Tarek Al-Wazir mit den Moderatoren Nele Leubner und Tobias Goldbrunner im Foyer des Wiesbadener Staatstheaters.
VRM-Triell zur Landtagswahl in Hessen: Boris Rhein, Nancy Faeser und Tarek Al-Wazir mit den Moderatoren Nele Leubner und Tobias Goldbrunner im Foyer des Wiesbadener Staatstheaters.
© Sascha Kopp

Komplett unterschiedliche Ansichten wurden beim Thema Wirtschaft deutlich: Den von den Grünen vorgeschlagenen Transformationsfonds über sechs Milliarden Euro, um auch kleinere Unternehmen „ohne Change Management“ (Al-Wazir) bei der Energiewende mitzunehmen, lehnte CDU-Mann Rhein ab: Dieser sei von der Wirtschaft gar nicht gewünscht. Weitgehende Übereinstimmung hingegen beim Kampf gegen Bürokratie: „Wir müssen generell schneller werden“, forderte Al-Wazir mit Blick auf wichtige Infrastrukturprojekte: Ein Radweg erfordere einen ähnlichen Prüf- und Genehmigungsaufwand wie eine Autobahn.

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Große Unterschiede auch beim Thema Mobilität: Rheins Plädoyer für den Verbrennungsmotor hielt Al-Wazir für ein „Konservieren der Vergangenheit“. Faeser kritisierte, Hessen sei das Land mit den wenigsten Radwegen an Landstraßen. Die Sozialdemokratin forderte ein integriertes Verkehrskonzept für Hessen, um auch den ländlichen Raum zu versorgen und eine „Mobilitätsgarantie für alle Hessen“ gewährleisten zu können.

Auch die Energiewende beurteilten die Diskutanten unterschiedlich: Rhein mahnte, nicht ausschließlich auf Windkraft zu setzen, sondern auch auf Photovoltaik, Wasserkraft und laserbasierte Kernfusion. „Es war ein Riesenfehler, Kernkraftwerke abzuschalten“, beklagte der Christdemokrat. Zudem müssten die Energiepreise sinken. Er warnte zugleich vor einer zu großen Fokussierung auf die Wärmepumpe.

Faeser übte vor allem Kritik an der Ausstattung bei Kitapersonal, Lehrern und Polizei. Hier sei noch reichlich „Luft nach oben“. Für die Polizei fordere die SPD zwölf Beamte pro Dienststelle. Bei rechtsextremistischen Verbrechen wie dem Mord an CDU-Regierungspräsident Walter Lübcke und dem Terroranschlag von Hanau vermisse sie einen ernsthaften Aufklärungswillen. „Hessen ist alles andere als auf dem rechten Auge blind“, entgegnete Rhein. Um den Kampf gegen Kriminalität im Internet zu stärken, müsse der Bund endlich die IP-Datenspeicherung regeln.

Im Kampf gegen den Fachkräftemangel präsentierten die drei Spitzenkandidaten unterschiedliche Vorschläge, im Zentrum: Bildung und Ausbildung. Al-Wazir plädierte für modernere Unterrichtsformen in den Schulen als Schlüssel. Immerhin, die ideologischen Streitigkeiten in Hessen gehörten der Vergangenheit an. Ministerpräsident Rhein betonte sicherheitshalber: „Mit uns wird’s keine Einheitsschule geben.“ In den kommenden Wochen werden die Spitzenkandidaten nun häufiger aufeinander treffen - die heiße Phase des Wahlkampfs hat begonnen. Gewählt wird am 8. Oktober.