Die Erleichterung nach dem Stopp der Pläne für eine Osterruhe ist vor allem bei der Wirtschaft in Hessen groß. Die Kritik am Corona-Krisenmanagement wird aber lauter.
WIESBADEN . Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat den Rückzieher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) bei der geplanten Corona-Osterruhe verteidigt. "In einer solchen Situation, in der viele Fragen nicht beantwortet werden können, ist es aus meiner Sicht richtig, dann nicht an dieser Absicht festzuhalten", sagte er am Mittwoch in Wiesbaden. "Ich bin mir sehr darüber im Klaren, dass das auf den ersten Blick vielleicht eher überraschend ist."
Er habe Respekt vor der Entscheidung der Bundeskanzlerin, die ja auch sehr persönlich dazu gesprochen habe, versicherte der hessische Regierungschef. "Wir haben es gemeinsam beschlossen." Es müsse aber weiter versucht werden, die dritte Corona-Welle zu brechen. Daher bleibe es bei den übrigen Corona-Maßnahmen, die ab kommendem Montag in Hessen gelten sollen. Er werde an diesem Donnerstag bei einem Gespräch mit den Verantwortlichen der Kirchen ein Vorgehen vorschlagen wie an Weihnachten und am Osterfest im vergangenen Jahr, kündigte Bouffier an. Damit verbunden sei eine Bitte, alles dafür zu tun, um größere Ansammlungen zu vermeiden. Für Präsenz-Gottesdienste sollte es Anmeldungen geben und die Hygieneregeln eingehalten werden.
Merkel begründete den Verzicht auf die zuvor geplanten Osterruhetage im Kampf gegen die Corona-Pandemie mit zu vielen ungeklärten Fragen bei der Umsetzung. Die Idee sei mit bester Absicht entworfen worden, sagte sie in Berlin nach kurzfristig angesetzten Beratungen mit den Ministerpräsidenten. Zu viele Fragen von der Lohnfortzahlung bis zur Lage in Geschäften und Betrieben hätten aber in der Kürze der Zeit nicht so gelöst werden können, wie es nötig gewesen wäre. Merkel entschuldigte sich für die Pläne. Der ganze Vorgang habe zusätzliche Verunsicherung bei der Bevölkerung ausgelöst.
Bund und Länder hatten in der Nacht zu Dienstag unter anderem einen verschärften Oster-Lockdown vom 1. bis 5. April beschlossen, um das öffentliche, private und wirtschaftliche Leben stärker herunter zu fahren. Der Gründonnerstag und der Karsamstag sollten dafür zu Ruhetagen erklärt werden. Daran war aber massive Kritik laut geworden, es gab zudem große Verwirrung um die praktische Umsetzung.
Hessens Wirtschaft begrüßte die Rücknahme der umstrittenen Osterruhe-Regelung. Es sei gut, dass die Bundeskanzlerin die politische Fehleinschätzung korrigiert habe, erklärte Robert Lippmann, Geschäftsführer des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK). "Die Wirtschaft kann nicht von jetzt auf gleich ab- und wieder angeschaltet werden." Das gelte vor allem, wenn die Rahmenbedingungen derart unklar seien. Die Auswirkungen auf die Betriebe wären immens gewesen.
Die hessischen Betriebe würden weiterhin Verantwortung beim Corona-Infektionsschutz übernehmen, betonte der HIHK-Geschäftsführer. Das werde mit zunehmendem Testen, der Bereitschaft zum Impfen, Homeoffice für die Beschäftigten und den vielen Schutzmaßnahmen vor Ort umgesetzt.
Der Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, Wolf Matthias Mang, sagte: "Einen Fehler einzugestehen und zu korrigieren ist professionell, aber das reicht nicht aus." Bei weiteren Teilen der Corona-Politik müsse es eine Kurskorrektur geben. Bund und Länder müssten Geschäfte, Restaurants und Hotels wieder öffnen lassen. Zudem sei Fliegen und Eisenbahnfahren sicher. Öffnungen und Lockerungen seien verantwortbar und damit rechtlich und wirtschaftlich geboten. "Eine Kombination aus beschleunigt Impfen, Testen, abgesichert Öffnen und digitalem Impfnachweis ist jetzt der richtige Weg."
Die hessische Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler sprach von einem unbeschreiblichen Chaos. "Wir brauchen endlich wirksame Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, um Menschenleben zu schützen." Dazu zählten ausreichend Tests, eine höhere Impfquote, verbindliche Auflagen für Unternehmen sowie eine Sicherstellung der Kontaktnachverfolgung.
Von dpa