Hessen plant günstiges ÖPNV-Ticket für Geringverdiener

Zugreisende warten im Hauptbahnhof auf die Einfahrt einer S-Bahn.
© dpa

Spätestens im Mai soll ein bundesweites 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr eingeführt werden. Für Menschen mit geringen Einkommen plant Hessen ein noch besseres Angebot.

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Wiesbaden. Hessen will im Nahverkehr mit einem landesweiten Flatrate-Ticket für Geringverdiener die Lücke zwischen dem geplanten Deutschlandticket und den 365-Euro-Tickets für Schüler, Auszubildende, Senioren und Landesbedienstete schließen. Wer Wohn- und Bürgergeld oder Sozialhilfe bezieht, soll künftig mit einem monatlichen Abo von 31 Euro Busse und Bahnen in Hessen nutzen können. Ein entsprechender Antrag zur Einführung eines „Hessenpass mobil“ soll mit dem Landeshaushalt 2023/2024 beschlossen werden. Das kündigten Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) und Sozialminister Kai Klose (Grüne) in Wiesbaden an. Davon würden etwa eine halbe Million Menschen profitieren.

Das Land soll insgesamt bis zu 15 Millionen Euro als Ausgleich an die drei hessischen Verkehrsverbünde zahlen, um deren Einnahmeausfälle auszugleichen. „Mit dem Hessenpass mobil und dem bundesweiten 49-Euro-Ticket wird es dann für alle Bürger in Hessen ein Flatrate-Angebot für den öffentlichen Nahverkehr geben”, berichtet Verkehrsminister Al-Wazir. Für ein Flächenland sei der „Hessenpass mobil” in Deutschland das erste landesweite Angebot für Geringverdiener.

Die Finanzierung des Nahverkehrs verschiebt sich mit den Flatrate-Angeboten. Künftig würden nicht mehr die Hälfte der Kosten über die Ticketverkäufe gedeckt, sondern voraussichtlich nur noch ein Drittel, erklärt Al-Wazir. Um diesen Anteil zu halten, werde der Einstiegspreis von 49 Euro für das Deutschlandticket in den nächsten Jahren mit der Inflation steigen. Das könnte auch für die Flatrate-Tickets in Hessen gelten.

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Geringverdienern wollen wir bezahlbare Mobilität ermöglichen

Kai Klose Hessischer Sozialminister, Bündnis 90/Die Grünen

Das Deutschlandticket könne viele Menschen entlasten, aber für viele Geringverdiener seien 49 Euro im Monat immer noch viel Geld, ergänzte Sozialminister Klose. Wer zur Arbeit pendle, zum Arzt müsse, einen Sprachkurs besuche oder Ausflüge mit den Kindern plane, benötige ein günstiges Nahverkehrsangebot. „Den Geringverdienern wollen wir bezahlbare Mobilität ermöglichen”, sagt Klose. Mobilität sei eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe.

Deutschlandticket kommt spätestens im Mai

In ersten Gesprächen mit den Verkehrsverbünden RMV, NVV und VRN sei die Bereitschaft signalisiert worden, mit dem Land ein derartiges Flatrate-Angebot auszuarbeiten. „Ebenfalls müssen noch Abstimmungsgespräche mit den Kommunen geführt werden, die teilweise bereits lokale Fahrkarten anbieten“, erläutert Al-Wazir. Wo es in Kommunen noch günstigere Ticketangebote gebe, müssten diese nicht eingestellt werden. Aber in weiten Teilen des Landes gebe es keine entsprechenden Flatrate-Tickets. Geklärt werden müssen grundsätzlich noch einige Fragen. Beispielsweise ist noch offen, wie und in welchen Abständen die Berechtigung nachgewiesen wird. Der Verkehrsminister hofft, dass das Flatrate-Ticket für Geringverdienende bereits zusammen mit dem bundesweiten 49-Euro-Ticket eingeführt werden kann. Das könnte nach einer letzten Äußerung des Bundesverkehrsministers Volker Wissing (FDP) spätestens im Mai der Fall sein.

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Die SPD Hessen wertete den Vorstoß zur „Hessenpass mobil”-Einführung als „durchsichtiges Wahlkampfmanöver“ vor der nächsten Landtagswahl im Herbst. Statt ein Landesticket für Geringverdiener zu erfinden, sei es sinnvoller, das bundesweite 49-Euro-Ticket zu ergänzen. „Man hätte die – entgegen früherer Bekundungen – nun plötzlich vorhandenen Mittel in eine Bezuschussung eines Sozialtickets des Deutschlandtickets stecken können“, betont der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Tobias Eckert. Das wäre für die Adressaten ein viel umfangreicheres und attraktiveres Mobilitätsangebot.

VCD begrüßt neues Flatrate-Angebot

Der Landesverband des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) begrüßt, dass es nach dem Schüler-, dem Landes- und dem Seniorenticket in Hessen ein weiteres, vergünstigtes Nahverkehrsticket für Geringverdienende geben wird. Mathias Biemann, Sprecher des VCD Rhein-Main, sieht ein wichtiges Ziel erreicht: „Damit wird es nun bald möglich sein, aus dem komplizierten Tarifdschungel der Verkehrsverbünde auszubrechen und den ÖPNV konkurrenzfähiger zum Auto zu machen.“