Die Jüdische Gemeinde Frankfurt zählt zu den größten und ältesten bundesweit. Nun feiert sie das 75. Jubiläum ihrer Wiederbegründung. Beim Festakt ertönen ernste Stimmen - und...
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - . Prominente Ehrengäste, eine musikalische Zeitreise und Appelle gegen Rechts: Mit einem großen Festakt hat die Jüdische Gemeinde in Frankfurt das 75. Jubiläum ihrer Wiederbegründung gefeiert. „In Frankfurt überlebten nur etwa 160 Jüdinnen und Juden die Schoah. Heute zählt die Jüdische Gemeinde in Frankfurt zu den größten Deutschlands“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) laut ihrem vorab verbreiteten Grußwort am Mittwoch im Sendesaal des Hessischen Rundfunks (hr).
Nach dem Holocaust sei jüdisches Leben in Deutschland kaum denkbar gewesen. Doch es seien Jüdinnen und Juden gewesen, die sich dazu entschlossen hätten, dieses wiederaufzubauen, sagte Faeser - und sprach von einem „Vertrauensvorschuss in die junge Bundesrepublik.“
Der Zusammenhalt liege der Gemeinde immer am Herzen, „in guten, wie in schlechten Tagen“, erklärte der Gemeinde-Vorstandsvorsitzende Salomon Korn laut Redetext. „Und ja, die Tage waren und sind auch heute nicht immer leicht.“ Neben einem latenten Antisemitismus in einem Teil der Bevölkerung und einer wachsenden Komplexität des Judenhasses gehöre dazu auch ein Erstarken der Rechten, „allen voran ihrem politischen Flaggschiff, dessen Namen zu nennen ich hier nicht die Ehre erweisen möchte.“ Korn betonte: Die heutige Feier sei kein Fest ausschließlich für die Jüdische Gemeinde, „sondern ein Fest für ganz Frankfurt“.
Die Anfänge jüdischen Lebens in der Mainmetropole reichen zurück bis ins 12. Jahrhundert. Nach der Zäsur in der Nazizeit begann die Wiederbegründung der Gemeinde. 1948 erfolgte die Verabschiedung der Gemeindestatuten. Mit aktuell über 6300 Mitgliedern zählt sie nach eigenen Angaben zu den bundesweit vier größten Jüdischen Gemeinden.
Sie habe einen bedeutenden Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt geleistet, erklärte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) laut Mitteilung. Die Gemeinde sei nicht nur ein Ort des Glaubens und der religiösen Praxis, sondern auch des Austauschs und der Bildung. Der Kampf gegen Antisemitismus und gegen die Feinde der Demokratie sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, betonte Rhein. Denn: „In einem Land in dem Juden nicht leben könne, können wir alle nicht leben.“
Jüdisches Leben gehöre fest zu unserer Stadt, betonte Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) in seinem Redetext. Aber sicheres jüdisches Leben sei nicht selbstverständlich. Deshalb müsse alles getan werden, um dieses zu schützen. Noch heute müssten Synagogen und jüdische Gemeindezentren bewacht werden, so Korn. „Oft ist das Erste, was ein jüdisches Kind sieht, nicht etwa das fröhliche Gesicht der Erzieher und Lehrer, sondern das konzentrierte Gesicht eines Polizisten.“ Aber er betonte auch: „Trotz allem, lassen wir uns unsere positive Einstellung nicht nehmen. Wir blicken erwartungsvoll in eine Zukunft, die wir aktiv mitgestalten wollen.“
Zu dem Festakt gehörte auch ein musikalisches Angebot: So lud das hr-Sinfonieorchester zu einer Reise durch die Geschichte der Jüdischen Gemeinde ein. Das Programm hatte mit einer Gedenkminute für das kürzlich verstorbene Vorstandsmitglied Harry Schnabel begonnen.